Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Alltagsgegenstand mit reicher Geschichte

Rafał Bętkowski mit dem Kessel Foto: Uwe Hahnkamp
Rafał Bętkowski mit dem Kessel
Foto: Uwe Hahnkamp

Bereits zum fünften Mal wurde im Museum der Moderne im ehemaligen Sägewerk der Gebrüder Raphaelson in Allenstein das Exponat des Monats präsentiert. Am 9. August zeigte und erklärte der Regionalhistoriker Rafał Bętkowski die Besonderheiten eines in der Nähe von Bischofsburg (Biskupiec) gefundenen „Kessels”.

 

Es sind oft nicht die besonderen Dinge, die am meisten über die Geschichte erzählen können, sondern einfache, im Alltag von normalen Menschen benutzte Gegenstände. Sie wirken auf den ersten Blick banal, haben aber „eine Seele” und ein interessantes Schicksal. Gezeigt werden nicht nur Exemplare aus den Sammlungen des Museums, sonder auch von privaten Sammlern“, wie im ersten Bulletin des Museums vom August zu lesen ist.

 

Das gilt auch für den Kessel, den Rafał Bętkowski selbst vor etwa 40 Jahren auf einem verlassenen Bauernhof südlich von Bischofsburg gefunden und, wie er ausdrücklich betont, nicht ausgegraben hat. „Das war die Zeit, als die damaligen Bewohner nach Deutschland ausreisten und oft alles zurückließen. Niemand kümmerte sich um das alte Gerümpel im Hof“, berichtet er, „der Kessel lag da, kaum zu sehen unter der äußeren Teerschicht. Wahrscheinlich wusste der letzte Besitzer selbst gar nicht mehr, woher er kam.“

 

Eine Nagelprobe ließ erkennen, dass der gefundene Gegenstand aus Kupfer war. Nach einer gründlichen Reinigung zeigten sich die wunderbare Patina des Kessels und viele Abbildungen. „Wir finden darauf den Adler und ein Konterfei des russischen Zaren sowie die Jahreszahl 1894 eingeprägt und am Ohr für den Henkel den Namen Koltschugin – das war vermutlich der Fabrikant“, beschreibt Rafał Bętkowski, „einige Soldaten haben ihren Namen eingeritzt, einer sogar in kalligraphischem Kyrillisch.“ Der Kessel war vielleicht schon im Russisch-Japanischen Krieg im Einsatz und hatte einige Besitzer. Auch ein geflicktes Loch (ein Durchschuss?) lässt sich erkennen. Ein Besucher der Präsentation am 9. August wies darüber hinaus auf die Bedeutung zweier russischer Buchstaben „I C“ als „Erste Sotnia“ (Reiterschwadron) hin, der Kessel war also ziemlich sicher Besitz eines Kosaken.

 

Dieser Kosake gehörte höchstwahrscheinlich zum 6. Russischen Corps unter General Blagoweschtschenski am rechten Flügel der Armee von General Samsonow. Dieses wurde nämlich, so Rafał Bętkowski, bei der Schlacht bei Sauerbaum (Zerbuń) am 26. August 1914 zerschlagen. „Bei der panischen Flucht nach Bischofsburg und weiter nach Süden kam es in der Nacht danach zu Tumulten, die eine Einheit der Kosaken ordnen konnte“, erklärt er die Verbindung des Exponats zur Geschichte des 20. Jahrhunderts. Wie andere persönliche  Gegenstände von Soldaten ging dabei auch der Kessel entlang der Straße von Bischofsburg nach Mensguth verloren. Genutzt vom Besitzer des Bauernhofes, später von Rafał Bętkowski wiedergefunden, blieb er bis heute in der Region und ist nunmehr bis Anfang September im Museum der Moderne zu besichtigen.

 

Uwe Hahnkamp, jr

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