Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Brücken des Dialogs 2019 vergeben

Foto: Dominika Bassek

 

Die „Brücke des Dialogs“ ist eine vom Haus der deutsch-polnischen Zusammenarbeit und der Selbstverwaltung der Woiwodschaft Oppeln ins Leben gerufene Auszeichnung, die Menschen, Institutionen und Nichtregierungsorganisationen für ihre Verdienste um die deutsch-polnischen Beziehungen ehren soll. Zudem gibt es bei jeder Edition auch eine „Goldene Brücke des Dialogs“ als besondere Anerkennung für das Engagement. Heute abend fand im Jan-Kochanowski-Theater in Oppeln die Gala zur III. Verleihung der Brücken des Dialogs statt. Wir präsentieren die diesjährigen Preisträger.

 

Goldene Brücke an zwei Politikerinnen
Die Goldene Brücke des Dialogs, dessen Preisträger bislang Bundeskanzler Helmut Kohl und Tadeusz Mazowiecki sowie das Deutsch-Polnische Jugendwerk gewesen sind, ging in diesem Jahr an zwei Politikerinnen – Rita Süssmuth und Dorota Simonides – die sich für ihr Engagement in den deutsch-polnischen Beziehungen besonders verdient gemacht haben.

 


Prof. Rita Süssmuth – in den Jahren 1985-1988 Ministerin für Jugend, Familie und Gesundheit; 1988-1998 Präsidentin des Deutschen Bundestages. Sie wird die Architektin des deutsch-polnischen Dialogs im vergangenen Vierteljahrhundert sowie die Grande Dame der deutschen Politik genannt.
Im Juni 1990 trug sie zur Annahme einer gemeinsamen Erklärung des Bundestages und der Volkskammer der DDR über die Anerkennung der Grenze zu Polen bei. Im März 1991 stattete sie Polen einen offiziellen Besuch ab, dessen Ziel es war, übertriebene Emotionen und Erwartungen an “außerordentliche Rechte” für die Deutschen in Polen zu dämpfen. Im Jahr 1995 lehnte sie die Marginalisierung Polens anlässlich des 50. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs ab. Da der Präsident der Republik Polen nicht zur Teilnahme an der Zeremonie eingeladen war, bat sie Prof. Władysław Bartoszewski (damals Außenminister), bei dieser Gelegenheit eine Rede auf einer speziell einberufenen Sitzung von Bundestag und Bundesrat zu halten. Im Jahr 1998 beschloss Rita Süssmuth, wieder Polen zu besuchen, nachdem sich die deutsch-polnischen Beziehungen plötzlich abgekühlt hatten und der so genannte “Papierkrieg” ausbrach. Das geschah nach der Annahme einer Erklärung durch das polnische Parlament als Reaktion auf die Resolution des Deutschen Bundestages im Mai 1998 “Die Vertriebenen, Umsiedler und deutsche Minderheiten als Brücke zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarn“. Rita Süssmuth “löschte Brände” in den deutsch-polnischen Beziehungen und rettete sie vor dem Zusammenbruch, initiierte bilaterale Projekte und schuf gegenseitiges Verständnis und Dialog.
Für ihre Verdienste um die Förderung der deutsch-polnischen Aussöhnung wurde sie 2008 mit dem Preis der Europäischen Universität Viadrina für diejenigen ausgezeichnet, die Polen und Deutsche auf besondere Weise einander näher bringen. 2018 erhielt sie den Polonicus-Preis für den deutsch-polnischen Dialog im Hinblick auf die europäische Integration.

 


Prof. Dorota Simonides – ist eine bekannte Volkskundlerin, Abgeordnete zum Sejm der Volksrepublik Polen der VIII. Amtsperiode und dann im freien Polen Senatorin in den Jahren 1990-2005. Über viele Jahre hinweg verband sie wissenschaftliche Arbeit mit politischer Aktivität. Eine Schlesierin mit Leib und Seele, die stark mit der Region Oppeln verbunden ist.
In Oppeln kreierte und leitete sie über 20 Jahre lang die Oppelner Volkskunde. Sie ist eine herausragende Forscherin und Förderin der schlesischen Kultur und Literatur, hielt Vorträge an ausländischen Wissenschaftszentren (u.a. Göttingen, Freiburg, Kiel, Zürich und Basel) und übte viele Leitungsfunktionen aus. So war sie Präsidentin der Polnischen Gesellschaft für Volkskunde, des Wissenschaftlichen Rats des Schlesischen Instituts, des Komitees für Ethnologische Wissenschaften der Polnischen Akademie der Wissenschaften, der Redaktionen von “Literatura Ludowa”, “Ludzie” und “International Society for Folk-Narrative-Research” und “International Society for Ethnology and Folklore”. Prof. Simonides ist eine herausragende Expertin auf dem Gebiet der deutsch-polnischen Beziehungen, Initiatorin der deutsch-polnischen Zusammenarbeit sowie Verfechterin der deutsch-polnischen Aussöhnung. Sie hat die Spuren der Mauer beseitigt, die beide Nationen teilte, indem sie Brücken und neue, auf dem Prinzip der gleichberechtigten Partnerschaft basierende Strukturen baute, die die deutsch-polnische Annäherung als eine große Chance zur Stabilisierung des Friedens in Europa erachten. Sie verteidigte die Rechte der nationalen Minderheiten und ergriff zahlreiche Initiativen für den Beitritt Polens zur Europäischen Union. Sie ist darüber hinaus Mitbegründerin des Hauses der deutsch-polnischen Zusammenarbeit in Gleiwitz.

 

Brücken des Dialogs
Neben der Goldenen Brücke des Dialogs, werden auch Preise in drei Kategorien – Menschen, Institutionen und Nichtregierungsorganisationen – vergeben. Von jeweils drei Nominierten, hat die Jury in diesem Jahr folgende Preisträger auserkoren:

 

Kategorie: Menschen

Helmut Paisdzior – Sejmabgeordneter der Deutschen Minderheit der I, II, III und IV Amtsperiode, in denen er den deutsch-polnischen Beziehungen sehr viel Aufmerksamkeit widmete, u.a. als Vizepräsident der Deutsch-Polnischen Bilateralen Gruppe. Die Maßnahmen dieser Gruppe waren im Hinblick auf die Bemühungen Polens zum NATO- und EU-Beitritt von großer Bedeutung. Daneben gehört Helmut Paisdzior zu den Mitbegründern der Deutschen Minderheit in Polen und kümmert sich bis heute um das kulturelle und sakrale Erbe Schlesiens. Helmut Paisdzior ist einer der Gründer der Stiftung Sankt Annaberg, die dank seiner Bemühungen in ihrer über zwanzigjährigen Tätigkeit Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten an den historischen Kalvarienberg-Einrichtungen auf dem St. Annaberg realisieren konnte. Helmut Paisdzior ist dazu auch einer der Gründer der Stiftung für die Entwicklung Schlesiens, die durch ihre Tätigkeit seit Jahren einen direkten Einfluss auf die gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung Schlesiens hat. Helmut Paisdzior ist bis heute aktives Mitglied der deutschen Minderheit im Kreis Gr. Strehlitz und wurde im März 2019 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

 

Kategorie: Institutionen

 

Öffentliche Woiwodschafts-Bibliothek in Oppeln – Diese Institution trägt mit ihrer breiten Tätigkeit zur Förderung der deutschen Literatur sowie zu vielen kulturellen Aktivitäten des deutschsprachigen Raumes in Oppeln und der ganzen Region bei. Mit diesem besonderen Bereich der Tätigkeit der Woiwodschafts-Bibliothek in Oppeln beschäftigt sich eine ihrer Abteilungen – die Österreich Bibliothek. Neben der Pflege ihrer umfangreichen und wertvollen Beständen organisiert die Bibliothek seit vielen Jahren zahlreiche Kultur- und Bildungsveranstaltungen, die die Gemeinden des Oppelner Schlesiens näher an das reiche kulturelle Angebot des deutschsprachigen Raumes heranführen.

 

Kategorie Nichtregierungsorganisationen

Gesellschaft zur Erneuerung des Dorfes Friedersdorf in Friedersdorf – Sie führt seit mehreren Jahren Initiativen durch, deren Ziel es ist, die Geschichte unserer Region durch ein breites kulturelles Angebot bekannt zu machen. Nennenswert ist vor allem das Museum „Farska Stodoła“, das auf Initiative dieser Gesellschaft entstand und zum Zentrum des kulturellen Lebens der Gemeinde Oberglogau und des Kreises Neustadt wurde. Darüber hinaus finden dort Veranstaltungen auf Woiwodschaftsebene statt.

HDPZ/ru

Alle Fotos: Dominika Bassek

 

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