Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Brückenfunktion der Minderheit ist Realität

Mit einem feierlichen Gottesdienst, einer Podiumsdiskussion sowie einem Orchesterkonzert wurden am 9. Oktober in Kattowitz das 30-jährige Jubiläum des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) sowie der 30. Jahrestag des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages gefeiert. Im Verlauf der Abendveranstaltung wurden zudem zahlreiche verdiente Mitglieder der Deutschen Minderheit mit Medaillen und Ehrennadeln ausgezeichnet.

 

Nachdem der 30-jährige Geburtstag des VdG sowie der 30. Jahrestag des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages auch schon am 2. Oktober in Köslin gefeiert wurden, wurde die entsprechende Jubiläumsveranstaltung in Kattowitz mit einer Messe in der örtlichen Dominikanerkirche eröffnet. Die anschließende Podiumsdiskussion widmete sich dem Thema „Vertragsbilanz – Deutsche Minderheit in Polen nach 30 Jahren“. Den Höhepunkt des Tages bildeten jedoch die Hauptfeierlichkeiten in der Schlesischen Philharmonie unter Anwesenheit zahlreicher Vertreter und Freunde der Deutschen Minderheit. Musikalisch begleitet wurde der Abend von den Jugendblaskapellen „Kaprys“ und „Leschnitz“ unter der Leitung des Dirigenten Klaudiusz Lisoń.

 

 

Für die Galagäste spielte das Orchester Kaprys und Leschnitz unter der Leitung von Klaudiusz Lison.
Foto: Lucas Netter

 

Sicherheit in europäischer Gemeinschaft

In seiner Festrede erinnerte der VdG-Vorsitzende Bernard Gaida daran, dass die Deutschen in Schlesien, Pommern sowie in Ermland und Masuren trotz der einstigen Schrecken der Vertreibung, Umsiedlung und Deportation stets darum bemüht gewesen seien, normale Beziehungen zu ihren Nachbarn aufzubauen. So „schlossen sie über die Jahre in ihrem Alltag Tausende von kleinen Verträgen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit“, sagte Gaida und schlug damit den Bogen zu dem „wirklichen“ deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag, der am 17. Juni 1991 unterzeichnet wurde: „In dem Vertrag war die tatsächliche Entstehung des VdG verankert, die im August 1991 stattgefunden hat. Auf diese Weise haben sich die Deutschen in Polen mit großem Enthusiasmus und Engagement zusammengeschlossen und ein kulturelles Leben mit Erhaltung der Sprache und Tradition geführt und gepflegt.“

 

An erster Stelle würdigte Bernard Gaida dabei die Frauen und Männer der ersten Stunde. Ihrem damaligen Bedürfnis, mit der deutschen Identität in Polen zu existieren und zu funktionieren, sei es zu verdanken, „dass viele von ihnen − dem Nachbarschaftsvertrag weit voraus − sich die Mühe gemacht haben, dass wir unsere deutsche Identität behalten haben, und dass wir zusammenkommen und uns vereinen“, so der Verbandsvorsitzende.

 

VdG-Vorsitzender Gaida dankte in seiner Ansprache u.a. für das jahrelange Engagement der Mitglieder.
Foto: Lucas Netter

 

Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Differenzen in der Europäischen Union hob Bernard Gaida nochmals hervor, dass die Deutschen in Polen in allen Regionen zugunsten der multikulturellen Zusammenarbeit mit der Mehrheit handeln würden. Außerdem richtete er einen Appell an die Politik: „Wir stehen deutlich für die guten deutsch-polnischen Beziehungen in der europäischen Gemeinschaft. Hier verankern wir unsere Sicherheit und deswegen beobachten wir mit Traurigkeit die Streitigkeiten an der Achse Berlin-Warschau und Warschau-Brüssel. Wir standen und stehen weiterhin für die Europäische Union, für die Integration der Länder, und ich bitte uns alle, aber besonders die Regierung und die politischen Parteien darum, die Beteiligung Polens mit unseren Regionen in der großen europäischen Gemeinschaft nicht unter Fragezeichen zu stellen.“

 

Brückenfunktion ist Realität

Auch der Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Breslau Hans Jörg Neumann richtete eine kurze Ansprache an das Publikum. Er betonte, dass der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag ein Meilenstein für die deutsche Minderheit in Polen gewesen sei: „Damit sich die Menschen endlich wieder offen als Angehörige der deutschen Minderheit zeigen und vor allem treffen durften. Endlich konnte die Minderheit wieder Kultur, Presse und Medien ohne Einschränkungen entwickeln.“ Gleichzeitig räumte Neumann ein, dass auch heute noch viele Dinge im Hinblick auf die Rechte der deutschen Minderheit verbessert werden könnten und müssten. Die Zusammenarbeit mit der aktuellen polnischen Regierung sei nicht immer einfach. Dennoch gelte: „Die immer wieder unterstrichene Brückenfunktion der deutschen Minderheit für das deutsch-polnische Verhältnis ist Realität – und das wird auch bestimmt in Zukunft so bleiben. Der VdG ist aus den deutsch-polnischen Beziehungen nicht mehr wegzudenken“, so der Generalkonsul.

 

Zuzanna Donath-Kasiura, Vizemarschallin der Woiwodschaft Oppeln, sagte in ihrer Rede, dass es sehr wichtig sei, „dass das deutsche Kulturerbe in dieser Region weiter anerkannt und lebendig bleibt.“ Die Rolle des VdG sei dabei sehr schwierig: „Der VdG ist ein Vertreter der deutschen Minderheit gegenüber der deutschen Regierung, gleichzeitig ist er aber auch ein Dachverband für alle deutschen Minderheitenorganisationen in Polen. Das ist eine sehr schwierige Rolle. Denn es ist sehr schwer, Menschen zu verbinden, die eigentlich sehr unterschiedlich sind. Sie haben verschiedene Interessen, Hobbys, Meinungen. Aber eins verbindet die Menschen – dass sie Deutsche sind.“

 

Daneben hielten auch Egon Primas, Bundesvorsitzender der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung (OMV), und Henryk Wróbel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung für die Entwicklung Schlesiens (SES) kurze Ansprachen an die anwesenden Gäste. Professor Dr. Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, übermittelte darüber hinaus ein schriftliches Grußwort, in dem er auch die besten Glückwünsche von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Horst Seehofer ausrichtete.

 

Auszeichnungen

Im Rahmen der feierlichen Veranstaltung wurden zudem zahlreiche Mitglieder der Organisationen der deutschen Minderheit mit der VdG-Medaille und der VdG-Ehrennadel ausgezeichnet (teils in Abwesenheit). Mit der Medaille geehrt wurden Dr. Peter Tarlinski, Paweł Pyrchała, Gerhard Gruschka, Johannes Golawski, Helmut Sauer, Hans Joachim Muschiol, Pater Marian Arndt und Pastor Andrzej Fober.

 

Während des Konzertes wurden besonders verdiente Mitglieder und Freunde der deutschen Minderheit in Polen mit der VdG-Medaille ausgezeichnet.
Foto: Lucas Netter

 

Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordneter Helmut Sauer erarbeitete mit Johann Kroll einst die Satzungen für den späteren VdG. „Ich musste mich bis zur offiziellen Entstehung des VdG als Abgeordneter zurückhalten. Aber nach dem Mauerfall habe ich Mittel für zig Projekte wie Krankenhäuser, Kirchengemeinden hier in Schlesien beschaffen. Meine Familie hat bis 1933 den Oberpräsidenten von Oppeln gestellt und mein Onkel, der Prälat Carl Ulitzka, war als Geistlicher und Politiker für die Region und die Menschen engagiert. Ich habe in deren Sinn weitergearbeitet, weil ich weiß, dass das unsere Heimat ist“, so Helmut Sauer.

 

Mitglieder der Organisationen der deutschen Minderheit in Schlesien wurden mit der VdG-Nadel ausgezeichnet.
Foto: Lucas Netter

 

Eine Ehrennadel erhielten Iwona Wysocka und Krzysztof Pawlak (SKGD Grünberg), Heinz Peter Keuten, Renata Ulbrich und Horst Ulbrich (DSKG Glatz), Andrzej Dramski, Maria Gillner, Maria Gruca, Joachim Makowski, Oskar Mandla, Julia Stobrawa, Kornelia Pawliczek Błonska und Krystyna Trojnara (DFK Bezirk Schlesien) sowie Edyta Gisman, Joanna Hassa, Sylwia Kus, Monika Wittek, Bernard Dembczak, Edyta Gola, Dr. Małgorzata Wysdak, Aneta Lissy-Kluczny, Beata Fiola, Norbert Rasch, Sebastian Gerstenberg, Waldemar Gielzok und Georg Smuda (SKGD Oppeln).

Manuela Leibig

Lucas Netter

 

Auch interessant:

Wir bleiben in Europa

Show More