Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Chancen auf Erfolg, aber…

SKGD Vorsitzender Rafał Bartek
SKGD Vorsitzender Rafał Bartek

Rafał Bartek, der Vorsitzende der Oppelner SKGD, sprach im Interview mit Krzysztof Świerc über seine Rolle im aktuellen Wahlkampf für die am 25. Oktober anstehende Parlamentswahl und über die damit einhergehenden Chancen und Gefahren sowie über seine persönlichen wahlpolitischen Zukunftspläne.

 

Weshalb haben Sie sich im Hinblick auf die anstehende Parlamentswahl nicht für ein Abgeordnetenmandat zur Verfügung gestellt?

In den letzten Monaten ging es in meinem Berufsleben sehr turbulent zu. Die größte wesentliche Änderung war dabei, dass ich als Chef einer großen Nichtregierungsorganisation, und zwar des Hauses der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit, im Mai dieses Jahres an die Spitze einer zweiten großen Organisation, der SKGD, gewählt wurde. Diese kenne ich zwar gut, aber um sie wirksam und erfolgreich lenken zu können, muss ich sie noch besser kennenlernen. Es war mir deshalb klar: Wenn ich jetzt in den großen Parlamentswahlkampf einsteige, finde ich nicht genügend Zeit, um tiefe Einblicke in die Oppelner SKGD zu nehmen, die ich nun leite und für die ich mitverantwortlich bin. Und trotzdem: Wäre es uns nicht gelungen, eine starke Sejm- und Senatsliste mit hervorragenden und prominenten Kandidaten wie dem Abgeordneten Ryszard Galla, dem Vizemarschall Roman Kolek, Norbert Rasch, Zuzanna Donath-Kasiura und vielen anderen aufzubauen, hätte ich meine Kandidatur durchaus in Erwägung gezogen.

 

Ihre Entscheidung ergab sich somit aus einer rationalen Lagebeurteilung?

Absolut. Und dabei kam ich auch zu dem Schluss, dass ich mich verglichen mit einer Bewerbung für den Sejm oder Senat nützlicher für die deutsche Minderheit machen, wenn ich mich dafür einsetze, unsere Liste zu unterstützen, und damit zu jemanden werde, der bestimmte Wahlkampfschritte koordiniert, andere anspornt, motiviert und unterstützt.

 

Wie bewerten Sie die Erfolgschancen der deutschen Sejm- und Senatsanwärter?

Unsere Wahlliste ist voll von bewährten Persönlichkeiten, die sich stark in den Wahlkampf engagieren – diese Mannschaft ist unser großer Trumpf. Zudem sind wir politisch und im Hinblick auf die Interessen der Region Oppeln offenbar die einzige Lösungsalternative für den polnisch-polnischen Krieg zwischen PO und PiS. Wer also ernsthaft darüber nachdenkt, wie ein Abgeordneter sein sollte, welche Werte er vertreten und wie er sich in seinem unmittelbaren Umfeld einbringen sollte, der merkt schnell, dass die Kandidaten der deutschen Minderheit diesen Erwartungen ganz klar am ehesten entsprechen. Sie sind konstruktiv und stehen den Menschen und ihren Belangen sehr nahe, indem sie häufig lokale Gemeinschaften besuchen und dadurch sehr gut um ihre Wünsche, aber auch um ihre Erfolge wissen. Sie gehen also ganz anders vor als viele Abgeordnete aus der Woiwodschaft Oppeln, die eine große politische Fraktion vertreten und die vermutlich von einem Großteil der Bewohner unserer Region überhaupt nicht mit gesellschaftlichen Aktivitäten in Verbindung gebracht werden. Die deutsche Minderheit hat derzeit nur einen Abgeordneten, der es aber in puncto Aktivität mit mehreren aufnehmen kann! So besucht er oft und regelmäßig Gemeinden und kleine Ortschaften, wo er mit den Menschen über ihre Bedürfnisse spricht, und zwar nicht nur während eines Wahlkampfs, sondern über seine gesamte Amtszeit hinweg. Allein schon im Hinblick darauf bewerte ich die Erfolgschancen unserer Kandidaten als gut oder gar sehr gut.

 

Um diese Chance aber auch nutzen zu können, darf man die bevorstehenden Wahlen nicht ignorieren, sondern man muss hingehen und unsere Leute wählen!

Genau darin sehe ich das größte Problem, denn ein erheblicher Teil der Bürger ist inzwischen politikverdrossen, und das wegen des schon erwähnten polnisch-polnischen Krieges. Und dieser färbt eben auf das Denken ab: Meine Stimme hat keinen Wert, sie kann sowieso nichts ändern. Das ist aber ein Fehler. Daher mein Appell um eine andere Herangehensweise an die jetzt kommenden Wahlen. Denn unsere Stimme hat durchaus einen Wert, ja sie könnte eine entscheidende Bedeutung haben und dazu beitragen, dass ein von uns gewählter Politiker ins Parlament kommt – ein vernünftiger und redlicher Abgeordneter oder gar mehrere. Und ich hoffe, dass ich mit dieser Denkweise nicht allein dastehe. Darum vertraue ich darauf, dass wir alle das Privileg einer Wahlteilnahme wahrnehmen und diese Chance auch entsprechend nutzen werden.

Und wenn das „schwarze Szenario” wahr wird, dass aufgrund einer geringfügigen Wahlbeteiligung kein Repräsentant der deutschen Minderheit es ins Parlament schafft? Wie negativ könnte sich dies auf die Deutschen in Polen auswirken? Man bedenke dabei auch noch die Möglichkeit, dass die PiS das Ruder im Staat übernimmt!

Ich glaube nicht, dass es so schlimm kommt! Wir müssen uns aber trotzdem vor Augen halten, dass eine solche Situation tatsächlich ernsthafte Konsequenzen haben könnte. Als Mitglied der Gemeinsamen Regierungs- und Minderheitenkommission erlebe ich immer wieder ein recht chaotisch funktionierendes polnisches Parlament und ich kann daher nur bestätigen, dass vernünftige Abgeordnete dort sehr benötigt werden. Es ist nämlich oft so, dass die Vernunft eines Einzelnen andere zu durchdachten Entscheidungen bewegt, während das Fehlen eines solchen Vernunftmenschen, der die Belange nationaler und ethnischer Minderheiten in Polen versteht, dazu führen könnte, dass unvernünftige Leute zu Wort kommen und ungünstige Entscheidungen bezüglich der verschiedenen Volksgruppen treffen.

 

Ein Beispiel?

Da ginge es beispielsweise eventuell um eine Senkung der Fördermittel für kulturelle Aktivitäten der Minderheiten oder auch Entzug bzw. Einschränkung von Kompetenzen, die uns heute zugewiesen sind , so etwa im Bereich der kommunalen Selbstverwaltungen, in dem unsere Vertreter sich sehr positiv betätigen. Wie die Luft zum Atmen brauchen wir deshalb rational denkende Menschen, die sich um ums kümmern, darunter auch um die Woiwodschaft Oppeln, in der wir es seit Jahren schaffen, uns mit anderen zu verständigen und unsere kleinen Ortschaften und Gemeinden auf eine pragmatische und praktische Art und Weise weiterzuentwickeln. Wenn wir jedoch die bevorstehenden Wahlen außer Acht lassen, dann werden diese Dinge in den kommenden Jahren möglicherweise in der Hand von Menschen liegen, die eher auf parteipolitische und dabei kurzfristige und kurzsichtige Vorteile bedacht sind. Das wäre sehr gefährlich, denn dann würde unsere gute Arbeit, die wir seit 25 Jahren für die Region Oppeln leisten und auf die wir so stolz sind, womöglich vergebens sein.

 

Planen Sie Ihre Teilnahme an einer zukünftigen bzw. der nächsten Parlamentswahl?

Ich hatte dies, wie bereits erwähnt, schon im Hinblick auf die jetzt anstehenden Wahlen nicht ausgeschlossen, und ich schließe es auch für die Zukunft nicht aus. Ja, ich sehe mich als möglichen Kandidaten für den Sejm oder Senat, wenn ich nur die Unterstützung unserer Strukturen in dieser Frage bekomme. Ob mich dann der Sejm oder aber der Senat mehr interessiert, kann ich heute nicht eindeutig sagen. Das wird sich erst entscheiden, wenn wir dazu übergehen, konkrete Handlungspläne für die Teilnahme unserer Vertreter an der nächsten Parlamentswahl zu konstruieren. Bis dahin aber werden vier weitere Jahre vergangen sein, um die wir dann klüger sein werden und nach denen wir uns genau überlegen, welche Maßnahmen und Menschen unseren Erfolg wahrscheinlich machen werden.

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