Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Eine schwierige Situation

Die hohe Inflation in Deutschland trifft besonders die Menschen mit geringem Einkommen. Untersuchungen zufolge hat jeder siebte Erwachsene zunehmend Schwierigkeiten, seine Lebenshaltungskosten zu decken. Menschen, die wenig verdienen, können weniger sparen und müssen den Großteil ihres Einkommens vor allem für Dinge des täglichen Bedarfs ausgeben. Und gerade für diese Menschen werden die hohen Preise für Waren und Dienstleistungen in der Bundesrepublik immer mehr zu einer Belastung.


Rund jeder siebte Erwachsene und damit 15,2 Prozent sagen, dass sie kaum noch in der Lage sind, die Lebenshaltungskosten zu decken, so das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Postbank. Im Vergleich dazu gaben in der Januar-Umfrage weitere elf Prozent an, dass die hohe Inflation ihre Existenz bedroht. Von den Befragten aus Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 2.500 Euro gab fast ein Viertel – 23,6 Prozent – an, dass sie aufgrund der steigenden Preise Schwierigkeiten haben, ihre regelmäßigen Ausgaben zu decken. Im Januar waren noch 17 Prozent dieser Ansicht.

Deutsche beginnen Abstriche zu machen
„Die Einkommen können kaum noch mit der allgemeinen Inflation Schritt halten“, analysiert Marco Bargel, Chefvolkswirt der Postbank, die Umfrageergebnisse. „Während die Löhne und Gehälter in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Prozent gestiegen sind, haben sich die Lebenshaltungskosten um 7,3 Prozent erhöht. Der Verlust an Realeinkommen trifft auch Haushalte mit Durchschnittseinkommen.“ Zwei Drittel der 2.144 Befragten gaben an, dass sie ihre Ausgaben aufgrund der steigenden Kosten erheblich oder zumindest etwas reduziert haben. Die jährliche Inflationsrate in Deutschland stieg im März auf 7,3 Prozent. Dies ist die höchste Inflation seit der deutschen Wiedervereinigung. Ein so hoher Wert wurde in den alten Bundesländern zuletzt im November 1981 verzeichnet. Der Umfrage zufolge ist mehr als jeder Zweite (rund 53 Prozent) sehr besorgt über steigende Preise für Waren und Dienstleistungen. Vor drei Monaten waren noch 44 Prozent der Befragten besorgt. „Kurzfristig könnte die Inflation aufgrund der hohen Energiepreise weiter ansteigen“, glaubt Marcel Bargel. Daher wünschen sich sechs von zehn Befragten (61,3 Prozent) weitere Unterstützung durch den Staat. Ihrer Ansicht nach reicht das kürzlich von der deutschen Regierung eingeführte „Hilfspaket“ nicht aus, um die Auswirkungen der Inflation abzumildern.

Die Inflation trifft Menschen mit geringem Einkommen am stärksten.
Foto: www.n-tv.de

Staatliche Hilfe unzureichend?
Zur Erinnerung: Die deutsche Regierung hat unter anderem beschlossen, die Energiesteuer für drei Monate zu verringern, um die Preise für Benzin und Diesel zu senken. Zusätzlich erhalten Arbeitnehmer einen einmaligen Energiekostenzuschuss von 300 Euro zum Bruttogehalt und Familien einen Zuschuss von 100 Euro pro Kind. „Inwieweit die beschlossenen Maßnahmen ausreichen, hängt auch von der weiteren Entwicklung der Energiepreise ab“, sagt Marcel Bargel. „Aus heutiger Sicht ist es unwahrscheinlich, dass sich die Mehrausgaben der Haushalte für teurere Brennstoffe und Heizenergie vollständig amortisieren, zumal einzelne Bevölkerungsgruppen, wie die Gruppe der Nichterwerbstätigen, nur teilweise profitieren werden.“ Wirtschaftswissenschaftler in Deutschland warnen davor, dass umfangreiche Hilfspakete negative Auswirkungen haben könnten. „Man kann kein Gas herbeizaubern, das nicht vorhanden ist, indem man zusätzliches Geld ausgibt“, sagte der Ökonom Friedrich Heinemann vom ZEW (Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung) der „Augsburger Allgemeinen“. Seiner Ansicht nach ist stattdessen eine „sehr gezielte Politik“ erforderlich. „Eine sehr präzise Hilfe, die auf arme Haushalte und energieintensive Unternehmen ausgerichtet sein sollte, die sonst durch Putins Krieg in Konkurs gehen würden“, schlug Friedrich Heinemann vor.

Problematische Inflation
Friedrich Heinemann erklärte auch, dass insbesondere in den USA übermäßige Konjunkturprogramme die Inflation sehr stark anheizten: „Engpässe bei Mikroprozessoren und vielen international gehandelten Rohstoffen, die zu Preissteigerungen führen, sind auch das Ergebnis globaler Hilfsprogramme, die während der Pandemie durchgeführt werden“, betont Friedrich Heinemann und fügt hinzu: „Natürlich ist die Inflation in gewisser Weise der Preis für die erfolgreiche Politik, die die Auswirkungen der Corona-Katastrophe abgemildert hat. Die Europäische Zentralbank (EZB) muss jetzt über ihren eigenen Schatten springen und die Zinsen anheben“. Friedrich Heinemann sieht dabei die Gefahr, dass die Inflation vor allem die Ersparnisse und Altersvorsorge entwertet: „Der derzeitige Anstieg der Inflation könnte den realen Wert von gering oder gar nicht verzinsten Geldanlagen um rund zehn Prozent verringern. Dies wird das Sparen für den Ruhestand für viele Menschen wahrscheinlich verlangsamen.“

Johann Engel

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