Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Geschichte der Berufsausbildung

 

Die Stadt Allenstein und vor allem ihre Bewohner engagieren sich seit mehreren Jahrzehnten ständig und unermüdlich für den Schutz des architektonischen Kulturerbes der Zwischenkriegszeit. Dank dieser Projekte können wir am Beispiel vieler restaurierter öffentlicher Gebäude und Wohnhäuser sehen, wie sich die Stadtlandschaft in dieser Zeit verändert hat.

 

Ein interessantes Bauwerk in Allenstein (nach dem 1. Allgemeinbildenden Adam-Mickiewicz-Lyzeum, siehe „Wochenblatt“ Nr. 10), das es wert ist, vorgestellt zu werden und das ein hervorragendes Zeugnis der Trends der Zwischenkriegsjahre ist, ist das modernistische Gebäude der einstigen Städtischen Berufsschule, in dem sich heute der Adolf-Bocheński-Automobilschulkomplex befindet. Die Entscheidung zum Bau dieser damals modernen Berufsschule, die als Gewerbe- und Haushaltungsschule bezeichnet wurde, wurde 1928 von der Stadtverwaltung getroffen. Ihr Initiator war Karl Roensch,Fabrikbesitzer und Präsident der Handelskammer in Allenstein.

 

Moderne Schule

Bis zur Entscheidung für den Bau der Schule konnte die berufliche Bildung in der Stadt nur im Rahmen von Handwerks- und Ergänzungskursen erfolgen. Daher wurde die Notwendigkeit einer Berufsschule erkannt, die den Schülern nicht nur eine umfassende Ausbildung bietet, sondern ihnen auch die Möglichkeit gibt, ihre Ausbildung fortzusetzen. Diese Position entsprach dem damals populären Trend der Schulreform, die besonderen Wert auf eine solide Berufsausbildung legte. Das System sollte für alle von Vorteil sein. Für die Arbeitgeber, da sie fachlich kompetente Mitarbeiter einstellten; für die Schüler, da sie eine umfassendere Ausbildung und damit bessere Jobchancen sowie die Möglichkeit erhielten, ihr theoretisches Wissen im weiteren Verlauf der Ausbildung zu vertiefen; für die Eltern, denn siehatten nun länger Kontakt mit ihren Kindern und konnten diese zu Hause noch mithelfen lassen; für die Schule, denndie Schüler waren durch ihre systematische und tägliche Teilnahme am Unterricht besser motiviert und zeigten mehr Interesse am Lernen.

In den ersten Jahren ihres Bestehens nutzte die Schule die Räumlichkeiten des Alten Rathauses, das sich am Altstadtring befindet. Mit der Zeit wurden diese Räume unzureichend. Deshalb wurden 1933 alle Schüler in das neu errichtete Berufsschulgebäude an der heutigen AlejaWojska Polskiego (deutsch: Königstraße) verlegt. Der Planer dieses respektablen Bauwerks war der Stadtbaumeister Hermann Sauer aus Fulda/Hessen. Er entwarf auch vier Schulgebäude in Allenstein, die nicht nur in ihrer äußeren Form unterschiedlich waren.

 

Der heutige A. M.-Bocheński-Automobilschulkomplex (Zespół Szkół Samochodowych).
Foto: ZSS Olsztyn

 

Beispiel Moderne

Das Gebäude entpuppte sich als solides, fast zeitloses Bauwerk. Dem architektonischen Prinzip der Moderne folgend wurde auf markante Schmuckelemente verzichtet. Die Strenge des Gebäudes wird durch die kompakte, kraftvolle Masse und die Fassade mit stark gebrannten, kirschroten, klinkerähnlichen Ziegeln unterstrichen. Die uneingeschränkte Symmetrie wird durch rhythmisch angeordnete Fenster betont, die von Betonfensterbändern umgeben sind, die eine Abweichung von der Ziegelsteinregel darstellen. Eine interessante architektonische Lösung wurde auf der Seite des Sportplatzes angewandt, wo das Gebäude zwei Risalite hat, d.h. vorspringende Gebäudeteile mit den sog. Thermometerfenstern, die sich ununterbrochen auf der Ebene der Geschosse erstrecken.

Bei dieser Investition wurden fast alle Postulate der Schulreform erfüllt. Neben gut beleuchteten Klassenzimmern gab es Physik- und Chemieräume, Gesangs- und Zeichensäle sowie eine Aula mit Bühne. Das Programm zu den Themen Hygiene und Soziales war sehr modern. So wurde das Gebäude mit einer Küche für die Zubereitung einfacher Mahlzeiten (Tee, Milch, Brötchen) ausgestattet, Toiletten und Bäder wurden im Keller der Schule untergebracht und Waschbecken in den Schulfluren aufgestellt. Ein Novum war das schulische Arztsprechzimmer. Natürlich gab es auch getrennte Räume für männliche und weibliche Lehrer (sie konntenzusammengelegt als Konferenzraum dienen), ein separates Zimmer für den Schulleiter und eine Wohnung für den Hausmeister.

Nebenan hatte die Schule Turnhallen und einen Sportplatz. Das Schulgebäude zeichnet sich durch Maß und Funktionalität aus, besonders für ein Gebäude dieser Art, das in seiner äußeren Erscheinung sowohl auf die Ideen des Neuen Bauens als auch auf das Konzept des Heimatschutzes verweist. Es verbindet Modernität mit dem strengen architektonischen Geist Ostpreußens.

 

Die Städtische Berufsschule Aufnahmedatum in Allenstein um 1940.
Foto: Archiv des Verfassers

 

Nachkriegsschicksal

Das Gebäude wurde durch den Zweiten Weltkrieg nicht zerstört und behielt somit seinen ehemaligen Vorkriegscharakter.Nachfolgerin der Städtischen Berufsschule wurde eine Berufsschule, bestehend aus einerstaatlichen Verkehrsoberschule und einem mechanischen Gymnasium. Es war die erste technische Schule in Ermland und Masuren, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde. Zunächst belegte die Schule nur das Erdgeschoss des Gebäudes, da die oberen Stockwerke für die Nutzung ungeeignet waren – sie mussten renoviert werden. In diesem ersten, schwierigen Jahr wurden das Dach und der erste Stock renoviert. Im Keller des Gebäudes und in zwei Baracken wurden die Schulwerkstätten eröffnet, die sehr schwierig in Betrieb zu nehmen waren – es fehlte an Maschinen, Geräten und Werkzeugen.

Aufgrund des hohen Bedarfs an Eisenbahnern wurde 1951 die Eisenbahnfachschule, die bis 2003 funktionierte, aus der Schulstruktur ausgegliedert.

Im September 2003 entstand der A.M.-Bocheński-Automobilschulkomplex aus einem Zusammenschluss der Automobilfachschule mit der Eisenbahnfachschule und der Mechanischen Fachschule. In ihrer Geschichte bildete die Schule neben Kfz-Mechanikern und Eisenbahnarbeitern auch Flieger aus. Der Stolz der Schule ist – so ihr Direktor Arkadiusz Gonza–das hohe Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung, die umfassende Betreuung der Schüler einschließlich medizinischer Versorgung und die reichhaltigen, auf den neuesten Errungenschaften der Technik basierenden Schulwerkstätten und Fachlabors.

Obwohl die Schule in den 90 Jahren ihres Bestehens ihren Namen und das Profil des Unterrichts änderte, dient sie immer noch ihren Schülern, da diese eine gründliche Berufsausbildung erhalten und dadurch bessere Chancen haben, einen Arbeitsplatz zu finden sowie die Möglichkeit zu studieren.

Alfred Czesla

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