Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Hier spielt die Musik (+Audio)

Klassische Musik und junge Leute? Das passt doch so wenig zusammen wie Orchesterkonzerte, freier Eintritt und Freizeitbekleidung. Dass das alles doch zusammen vorkommt, beweist die Stadt Oppeln diesen Sommer – und das nicht zum ersten Mal.

 

 

 

 

Im Rahmen des 13. Schlesischen Musiksommers verwandelten sich in ganz Oppeln wieder Kirchen und andere Schauplätze in Konzertsäle. Die Konzertsäle selbst verwandelten sich in Kirchen, denn ihre Pforten standen jedem offen. Wer genau hinschaute konnte bemerken, dass es sich bei den Musikern auch um sehr junge Menschen handelte. Diese waren nämlich aus aller Welt angereist, um an dem Internationalen Musikkurs teilzunehmen.

 

Mitten in der Stadt, am Teich an der heutigen Barlickistraße, präsentierten die jungen Musiker ihr Können. Foto: Petra Lulei

 

Ein guter Ruf mit großem Echo
Der Kurs ist weitaus älter als der Musiksommer und feiert dieses Jahr sein 30-jähriges Bestehen. Keine Selbstverständlichkeit – sagte Maciej Lamm, der früher selbst an dem Kurs teilnahm, bis er sich dazu entschied, an dem Projekt als Kurskoordinator mitzuwirken: „Das Hauptziel ist, dass wir immer noch am Leben sind. Viele andere derartiger Kurse haben sich nicht gehalten und wir arbeiten immer noch. Und die Zahl der Teilnehmer steigt weiter an. Das zeigt, dass wir eine sehr gute Reputation in Polen und der Welt genießen.”
Das liegt wohl nicht zuletzt an dem berühmten Mitbegründer und Meisterklassen-Lehrer Tomasz Tomaszewski. Er ist 1. Konzertmeister der Deutschen Oper in Berlin und Professor an der Berliner Universität der Künste. Von dort ist ihm zum Beispiel auch einer seiner Schüler nach Oppeln gefolgt. Der 13-jährige Leonard Toschev aus Deutschland beweist damit, dass klassische Musik kein Alter kennt. Ein 13-jähriger Student im vierten Semester – nein, das ist wahrlich nicht normal und der junge Geiger ist somit ein gutes Beispiel dafür, dass der Kurs wahre Nachwuchstalente anzieht.

 

Viele Kulturen, eine Gemeinschaft
Doch für Teilnehmer gibt es auch andere Beweggründe, immer wieder zurückzukehren. Die Violinistin Joanna Pomykała sagt: „Die Organisatoren sind ebenfalls junge Leute und haben auch Anteil an unserem Privatleben – sie sind meine Freunde, seit ich das erste Mal hier war. Also komme ich jedes Jahr zurück, um zu sehen, wie es meinen Freunden geht.” Und diese Freunde kommen aus allen möglichen Ländern. Die Organisatoren des Kurses legen nämlich sehr großen Wert auf den internationalen Charakter. Die Kontrabassistin Wiktoria Czyżewska beschreibt das Zusammenkommen der Nationen: „Es ist großartig, denn alle von uns zeigen ihre Kultur und Musik. So ist es wirklich schön, hier zu sein und mit all diesen tollen Musikern zusammenzuspielen.” Als ob sie die Internationalität des Projekts unterstreichen wolle, nimmt auch die Violine-Spielerin Dan Xiao aus Peking teil, die jetzt in den USA studiert. Auch sie wurde schon einmal von Tomaszewski bei einer anderen Gelegenheit unterrichtet und ist ihm nach Oppeln gefolgt.

 

Musik ist und bleibt Ausdruck von Emotionen
Bei einem Konzert in der Sebastianskirche spielte Dan Xiao die Chaconne für Violine solo von J.S. Bach. Was ihr an dem Stück so gut gefällt ist, wie es einem durch seine traurigen Emotionen helfen kann. „Das Stück ist für jeden Violine-Spieler wie ein Gott. Es enthält jegliche Emotion. Ich habe gehört, dass Bach das Stück geschrieben hat, nachdem seine Frau gestorben ist. Daher hat es auch sehr viele traurige Stellen, die sehr beeindruckend sind”, sagte die Musikerin.
Auch Viktoria schätzt, wie ihre Gefühle von dem Stück Kadenza von Teppo Hauta-Aho, das sie gespielt hat, angesprochen werden. „Ich mag es, wie das Stück meine Emotionen beantwortet und ich fühle mich wirklich damit verbunden, auch, weil es die gegenwärtige klassische Musik darstellt.” Für das Stück hat sie sich zunächst aus pragmatischen Gründen entschieden, denn sie muss es bei einem Wettbewerb in Italien vortragen. Man merkt also schnell, dass es den jungen Leuten auch darum geht, sich zu präsentieren, wo es nur geht und jede Chance zum Vorspielen zu nutzen. Denn letztendlich geht es darum, Musik zu machen. So sagte Joanna Pomykała: „Ich denke, dass das wichtigste Ziel der Veranstaltung ist, zu spielen und Konzerte zu geben. Denn das ist der meiste Spaß. Man kommt, lernt und interagiert mit großartigen Professoren und Musikern. Und dann kann man auch spielen und sich anderen Musikern zeigen. Das ist eine tolle Erfahrung.”
Bald werden sie größtenteils wieder zurück in die Welt ausströmen und sich anderen Herausforderungen stellen. Am 16. August werden die letzten beiden Konzerte mit den Nachwuchsmusikern in der Musikschule und in der Oppelner Philharmonie stattfinden. Einen Tag später geht auch der Musiksommer in Oppeln mit einem Konzert in der Franziskanerkirche zu Ende.

 

 

Justus Niebling

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