Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Masurische Ostern

Das alte masurische Osterfest (Zielgónocÿ) verband religiöse, ethnische, deutsche, polnische und altslawische Elemente. Allein schon der Name dieses Festes fällt mit der Zeit des heidnischen Frühlingsgrußes Ostara zusammen. Sein heiliges Tier war der Hase und die Opfergabe war ein verziertes Ei. Dieses Fest zeigt wie wenige andere den multikulturellen Charakter Masurens. Bis heute ist es für die Evangelischen in Masuren das wichtigste und freudigste Fest des Jahres.

 

Es ist schwierig, hier alle Bräuche und Traditionen des Osterfestes in Masuren zu besprechen. Viel darüber schreiben der ostpreußische Landeshistoriker Max P. Toeppen (1822-1893) in seinem 1867 erschienenen Buch „Aberglauben aus Masuren” und die bekannte polnische Dialektologin und Ethnografin Anna Szyfer (1931-2018) in ihrem Buch „Bräuche, Rituale und Überzeugungen der Ermländer und der Masuren“ aus dem Jahr 1975.

Aus den veröffentlichten Texten erfahren wir u. a., dass die Osterzeit für die Masuren mit dem Aschermittwoch begann, der in der evangelischen Kirche die Passionszeit einleitet. An diesem Tag pflegten die Frauen Pfannen und Töpfe vor die Fenster, in den Schornstein oder auf den Dachboden zu stellen, als Zeichen dafür, dass die Fastenzeit begann. Die Masuren nahmen die Fastenempfehlungen sehr ernst. Während der Fastenzeit aßen sie weder Fleisch noch Milchprodukte und es wurde nur Leinöl verwendet. Es kam auch vor, dass man am Freitag und Mittwoch nur Brot aß und Wasser trank.

 

 

Die Karwoche

Die Vorbereitungen für Ostern selbst begannen mit dem Anfang der Karwoche. Montag, Dienstag und Mittwoch in der Karwoche waren die Tage des vorösterlichen Großreinemachens. Häuser und Höfe wurden aufgeräumt, Öfen und Katen getüncht, Fenster gewaschen, Bilder gereinigt, Böden geschrubbt, denn alles musste glänzen.
Alle vorösterlichen Aufräumarbeiten mussten bis zum Mittwoch der Karwoche erledigt werden. Nach altem Glauben konnte es denen, die zu spät kamen, Unglück bringen, wenn das Reinemachen länger dauerte.
Es war auch der letzte Moment für die Landwirte, aufs Feld zu gehen. Denn, wie ein Sprichwort sagte, „wer in der Karwoche sät, wird eine große Ernte haben“. Darum musste man sich beeilen.

In der Karwoche begannen auch die kulinarischen Vorbereitungen: Es wurden Kuchen gebacken und Speisen für die festliche Tafel zubereitet. Bei der vorösterlichen Arbeit mussten die Männer all die Aufgaben erledigen, die während der Festtage aufgegeben werden mussten. Sie bereiteten Futter für die Tiere zu und übernahmen die Hausarbeit. Die Idee war, die festliche Stimmung nicht zu verderben, die früher mehr mit spiritueller Erregung verbunden war, als es heute der Fall ist. An den Abenden der Karwoche wurden Passagen aus der Passion Christi gelesen und Fastenlieder gesungen.

Der Gründonnerstag wurde in Masuren wie im Deutschen „grün“ genannt, weil in den Städten dann ein Markt stattfand. Landwirte gingen dorthin, um Saatgut zu kaufen, nachdem sie mittags ihre Arbeit beendet hatten. Hausfrauen kauften Geschenke für ihre Kinder. Man glaubte, dass im Garten ausgesäte Pflanzen oder in einen Topf gepflanzte Blumen gut wachsen würden. An diesem Tag wurden Brezeln für die Kinder gebacken. Man glaubte, dass das Abbrechen des größten Stücks Glück und Wohlergehen fürs Leben bringen würde.

Der Karfreitag ist, genau wie der Aschermittwoch, für die masurischen Evangelischen der Tag des Fastens und der Kasteiung. Für sie ist es der wichtigste Tag des Jahres. Es ist der Tag des Trauerns. An diesem Tag wurde das Feuer in der heimischen Küche nicht angezündet. Man vermied Fett in der Nahrung. Die Älteren verzehrten Knödel mit Pflaumen oder Fisch mit Kartoffeln, während die Kinder eine Scheibe Brot mit Marmelade oder Konfitüre aßen. Laute Unterhaltungen und das Singen von Liedern waren untersagt.

Einer der Bräuche am Karfreitag in Masuren war das „Kuchensammeln“. Landjungen besuchten Häuser, klopften an und sangen über die Passion Christi. Als Gegenleistung bekamen sie Eier oder Hefekuchen.

Auch der Brauch der Speisensegnung am Ostersamstag ist den Masuren bis heute geblieben. An diesem Tag bereiteten die Frauen das Essen für den Sonntag vor und bemalten die Eier. Die Bezeichnung „pisanka“ war zu dieser Zeit noch nicht bekannt. Es wurden natürliche Farbstoffe verwendet, z. B. Zwiebelschalen (gelb), frische Roggenhalme (grün), Erlenzapfen (schwarz), Kaffeesatz (braun). Die Eier wurden mit Schweinefett eingerieben, um sie glänzend zu machen. Auch Eierschalen wurden besondere Eigenschaften zugeschrieben. Man verstreute sie auf den Feldern, die mit Weizen, Flachs und Hopfen besät waren und man verfütterte sie an Hühner, damit sie gut Eier legten.

 

Die Auferstehung Christi von Paolo Véronèse (1528-1588)
Foto: San Francesco della via Wikimedia Commons

 

Ostern

Das eigentliche Fest fand am Ostersonntag und Ostermontag statt. Der erste Ostertag war für die Masuren eine magische Zeit, eine Zeit der Läuterung. An diesem Tag musste man im nächstgelegenen Bach oder Fluss baden (notwendigerweise in Stille und Abgeschiedenheit), um sich im nächsten Jahr guter Gesundheit und Schönheit zu erfreuen. Es gab nur eine Bedingung: Während man hin- und zurückging, durfte man mit niemandem sprechen und sich nicht umschauen.

Das Osterfrühstück war nicht sehr üppig. Man aß Hüttenkäse, Butter, Eier, Brot und mehrere Arten von „kuch“. Die Masuren haben nicht den Brauch, Eier zu teilen. Zum Mittagessen gab es dicken Reis mit Butter, hartgekochte Eier und in Zucker gekochte Trockenpflaumen. Erst das Abendessen war voll von Wurstwaren und gebratenem Fleisch. An diesem Tag wurden Treffen mit Nachbarn vermieden; es war eine Zeit für die Familie, voller Spaß und Freude. Eines der Spiele, das von den deutschen Siedlern zu Beginn des 20. Jahrhunderts übernommen wurde, bestand darin, dass der Hase an verschiedenen Stellen Geschenke versteckte, die die Kinder zu finden versuchten.

Am nächsten Tag, in der Morgendämmerung, begann das Peitschen mit Weiden- und Birkenzweigen oder „kadyk“ (Wacholder), die ein paar Wochen früher ins Wasser gestellt wurden, damit sie Zeit hatten zu grünen. Mit „kadyk“ peitschten Gruppen von Jugendlichen, die dabei Lieder sangen, oft humorvoll und Lösegeld sammelten (z. B. Eier, Kuchen, Würste). Das Peitschen von Frauen mit einer Gerte sollte ihnen Glück und Gesundheit bringen. Es war auch eine Art von Umwerbung. Der Brauch, sich mit Wasser zu begießen – die Ostertaufe – war hier nicht bekannt. Man übernahm ihn erst nach 1945 aus Masowien. Der Ostermontag war ein Tag, um entfernte Verwandte, Nachbarn und Freunde zu besuchen und gemeinsam zu trinken und zu tafeln. Längere Feste konnten sich die Masuren nicht leisten, denn am nächsten Tag stand die Frühjahrsarbeit auf den Feldern an, an die sie mit großer Sorgfalt herangingen.

Die Welt verändert sich, vereinheitlicht sich, was leider ein unvermeidlicher Prozess ist. Nach 1945 gab es in Masuren große Veränderungen, die mit Umsiedlungen verbunden waren. Einheimische mussten ihre Heimat verlassen und nahmen auch ihre Kultur mit. An ihrer Stelle kamen viele Siedler von jenseits des Bugs und aus anderen Regionen des Landes, die ihre Bräuche mitbrachten. Nun, die masurische Tradition weicht zunehmend der nationalen. Und junge Leute können die Geschichte ihrer Region nun noch kennenlernen, wenn sie z. B. das Museum der Volkskultur in Hohenstein (Olsztynek) oder in Angerburg (Węgorzewo) besuchen.

Alfred Czesla

 

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