Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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“Wer euch ärgert, bekommt mit mir Ärger”

Ryszard Donitza
Ryszard Donitza

Mit Richard Donitza, dem langjährigen Geschäftsführer der SKGD im Oppelner Schlesien, sprach Rudolf Urban über die Anfänge und die bisherige Entwicklung der Organisation der Deutschen.

 

25 Jahre waren Sie Geschäftsführer der Oppelner SKGD und ab dem 1. März ist nun von einem Tag auf den anderen damit Schluss, denn Sie gehen in Rente. Werden Sie Ihre Arbeit nicht vermissen?

 

Ich bin sicher, dass ich in den ersten Tagen und Wochen jeden Morgen aufwachen und an die Arbeit denken werde. Aber ich glaube, dass sich das nach einiger Zeit legt, denn man muss sich einfach umstellen und nach anderen Tätigkeiten umsehen. Also, auch ohne die Arbeit in der SKGD hoffe ich, dass ich mich nicht langweilen werde.

 

Eigentlich haben Sie ja schon eine andere Beschäftigung, denn seit vielen Jahren drechseln Sie Holz. Machen Sie das jetzt zu Ihrem quasi Beruf?

 

Das Drechseln ist nichts neues, denn das habe ich schon in den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts gemacht. Damals habe ich bereits vieles produziert und einige der Stücke stehen immer noch bei mir zuhause. Aber auch viele der Stücke sind irgendwo in Deutschland verstreut, denn das waren damals schwierige Zeiten, in den polnischen Läden gab es nichts, was man als Geschenk zu Verwandten nach Deutschland schicken könnte. Und so kam es, dass mich einige Bekannte und Freunde angesprochen haben, ob ich ihnen nicht etwas drechseln könnte.

 

Die damaligen Arbeiten sind zwar nicht so professionell, aber mit der Zeit habe ich mein Handwerk immer weiter verbessert. Und nun werde ich wohl mehr Zeit dafür verwenden. Denn mittlerweile habe ich mit meinem Sohn eine Firma gegründet und wir führen einen Internetladen, in dem man meine Holzarbeiten kaufen kann.

 

Kommen wir nun aber zu ihrer Arbeit in den letzten 25 Jahren. Mittlerweile hatte die SKGD vier Vorsitzende, doch der Geschäftsführer waren immer Sie. Sie kennen vor allem alle Strukturen in der Oppelner Organisation und ihren Weg von Anfang bis heute. War es eine schwierige Zeit? Woran erinnern Sie sich am meisten?

 

Ich erinnere mich noch an die Jahre 1988 und 1989, die mit der Registrierung verbunden waren, an die erste Versammlung in Strebinow (Strzebniów) bei Gogolin, zu der so viele Menschen kamen, dass nicht alle Platz im Saal hatten. Damals gab es ja noch keine Handys und ein Festnetzanschluss war auch noch nicht in jedem Haushalt. Aber die Mundpropaganda hat sehr gut funktioniert, sodass wir uns gut untereinander austauschen konnten. Das waren trotz aller Schwierigkeiten schöne Zeiten.

 

Für mich persönlich begann dann die berufliche Arbeit in der SKGD Mitte 1991, als es ein Treffen im Generalkonsulat in Breslau gegeben hatte, bei dem man mir angeboten hatte, eben die Stelle des Geschäftsführers der SKGD zu übernehmen. Und so wurde ich damals zum ersten und lange Zeit einzigen festangestellten Mitarbeiter im SKGD-Büro. Dazu kam dann noch der Verband deutscher Gesellschaften, bei dem ich ebenfalls einige Zeit im Büro tätig gewesen bin, bis dort ebenfalls eine Stelle aufgebaut wurde. So pendelte ich einige Monate zwischen Gogolin und Oppeln.

 

In der Anfansgzeit war auch die Finanzierung der Organisation schwierig. Damals wurden die Mittel nicht wie heute üblich überwiesen, sondern regelrecht in Koffern gebracht und an die Strukturen ausgezahlt. Dann mussten wir alle Unterlagen (Protokolle, Berichte und Originalrechnungen) bei den DFK-Ortsgruppen einsammeln und ich fuhr mehrmals im Jahr nach Deutschland mit einem Wagen voller Ordner, um alles ordnungsgemäß abzurechnen. Heute ist es zum Glück anders.

 

Wie hat sich die Arbeit und das Engagement der Menschen in der SKGD in den Jahren vom Beginn bis heute verändert. Man hört ja immer das Klagen, dass die Begeisterung heute nicht mehr da ist und die Organisation an Fahrt verloren hat.

 

Zunächst muss ich feststellen, dass es damals eine andere Generation, die Vorkriegsgeneration war, die andere Vorstellungen im Bezug auf die SKGD hatte und auch ganz anders engagiert gewesen ist. Diese Menschen waren, und einige sind es noch bis heute, aktiv nicht nur mit ihrem Verstand, sondern vor allem mit viel Herzblut. Das waren tolle Menschen, von denen aber leider einige schon verstorben sind.

 

Es waren aber auch schwierige Zeiten, vor allem wenn es um die Einrichtung und Finanzierung der Begegnungsstätten ging. Das funktionierte ganz spontan und man wollte einfach für sich einen Ort aufbauen, an dem man sich treffen konnte. Aber es gab keine langfristigen Strategien, wie eine solche Begegnungsstätte in einiger Zeit mit Leben erfüllt werden sollte.

 

Die ältere Generation, die heute noch tätig ist, hat auch Schwierigkeiten mit der projektbezogenen Arbeit zurechtzukommen. Heute haben wir ja im Jahr mehr als 500 Projekte, die in den verschiedenen DFK realisiert werden. Damals waren es viel weniger und die Erwartungshaltung war, dass Vorschläge für Aktivitäten von oben kommen. Heute sind die Kommunikationswege ganz anders und die Projekte von heute sind mit der Arbeit damals nicht zu vergleichen. Heute wissen die jungen Menschen, wie sie sich in den DFK bewegen können, es gibt Förderprojekte für aktive Gruppen, die Menschen gehen vielerorts mit Eigeninitiative voran, womit sie dann auch andere DFK mitziehen. Mein Fazit ist also sehr positiv und ich denke, dass sich die SKGD gewiss weiterentwickeln wird. Darauf hoffe ich und das wünsche ich natürlich unserer Gesellschaft.

 

Sie haben in den letzten 25 Jahren ihrer Tätigkeit in der SKGD neben der Arbeit mit den Strukturen auch viele hochrangige Politiker getroffen. An welche Begegnungen erinnern Sie sich besonders gern?

 

Es waren verschiedene Treffen sowohl mit polnischen als auch deutschen Politikern. Ich erinnere mich sehr gut an das Treffen mit dem polnischen Ministerpräsidenten Jan Krzysztof Bielecki im Jahr 1991 in Gogolin, wo wir ja bis Mitte 2004 unsere Geschäftsstelle in den Räumen des Rathauses hatten. Er hat sich damals etwas verspätet, denn es war nebelig. Und als er in den Saal hineinkam, fragte er als erstes, ob es in der Gemeinde Pflicht wäre, dass an jedem Haus eine Satellitenschüssel hängt. Für ihn war es etwas neues, dass es so viele Familien Satellitenfernsehen empfangen haben.

 

Wenige wissen auch, dass Mitte der 90er-Jahre in Gogolin eine große Delegation der CSU-Fraktion des Bundestages gewesen ist. Dabei waren auch fast alle Bundesminister, die die CSU damals stellte, darunter Horst Seehofer, damals Gesundheitsminister und heute Ministerpräsident von Bayern. Nur Finanzminister Theo Waigel hat gefehlt, weil er zur gleichen Zeit in Warschau Termine wahrnehmen musste.

 

Und dann fuhren wir im März 1998 mit einer fünfköpfigen Delegation nach Bonn, wo wir uns mit Außenminister Klaus Kinkel, dem in Breslau geborenen Innenminister Manfred Kanter sowie Vertretern der SPD und der Grünen getroffen haben. Doch am liebsten erinnere ich mich an das Treffen mit Bundeskanzler Helmut Kohl, bei dem ich neben ihm sitzen durfte. Er erzählte u.a. von der Versöhnungsmesse in Kreisau und dem Berliner Mauerfall. Wir dagegen sprachen über die Probleme der Deutschen in Polen und haben unsere Vorstellungen und Bitten vorgebracht. Als Antwort darauf legte er auf einmal seine Hand auf meine Schulter und sagte: “Jungs, wer euch ärgert, der bekommt mit mir Ärger”. Aber das war März 1998 und im Herbst gab es nach den Bundestagswahlen einen Regierungswechsel.

 

Sie waren auch bei den verschiedenen Wahlen in Polen immer der Bevollmächtigte des Wahlkomitees der deutschen Minderheit in der Woiwodschaft Oppeln. Jedes mal eine Herausforderung und eine schwierige Arbeit?

 

Es war vor allem eine nervöse Arbeit, denn man musste in kurzer Zeit vieles schaffen und dabei keine Termine verpassen. Dabei geht es nicht nur um Flugblätter oder andere Werbematerialien, sondern die Termine, die die Wahlordnungen vorsehen. Aber es war auch eine schöne Zeit und eine gute Erfahrung, die man machen konnte.

 

Vielleicht waren die Parlamentswahlen etwas einfacher, weil wir da als Deutsche Minderheit maximal 27 Kandidaten aufgestellt haben. Dagegen stellen wir bei den Kommunalwahlen alle vier Jahre ca. 500 Kandidaten für verschiedene Ebenen der Selbstverwaltung auf. Und ich muss ehrlich sagen, dass viele von ihnen soweit Individualisten waren, die dachten alles besser zu wissen. Da gab es schon Auseinandersetzungen und ich dachte oft, dass wir mit eigenen Kandidaten ins Gericht gehen müssten, weil es ja sonst dem ganzen Wahlkomitee schaden könnte. Aber mit der Zeit ist es immer einfacher geworden die Wahlen vorzubereiten und auch die Kandidaten haben verstanden, dass nicht immer alles nach ihrer Pfeife tanzen kann.

 

Heute kann ich sagen, dass wir zu den Wahlen immer gut vorbereitet waren und auch im Nachhinein die Abrechnungen zeitgemäß an den polnischen Wahlleiter abgegeben haben, der auch nie etwas zu beanstanden hatte.

 

Nun gibt es im Büro Mitarbeiter, die sich in dieser Angelegenheit gut auskennen, so dass die kommenden Wahlen mit einem anderen Bevollmächtigten als mich genauso gut über die Bühne gehen werden.

 

Und zum Schluss noch eine Frage: Was werden sie an der SKGD als ihrem Arbeitsplatz am meisten vermissen?

 

Vor allem die Menschen. Wenn man so viele Jahre mit den Menschen im Büro zusammenarbeitet, schätzt man seine Kollegen. Wir habe auch ein junges Team in der Geschäftsstelle, bei dem ich der Älteste gewesen bin, und es sind Menschen, die sehr engagiert für die Minderheit sind und professionell arbeiten. Jeder weiß, was zu tun ist. Also werde ich meine Kollegen am meisten vermissen, aber ich werde sie ja immer wieder besuchen, weil ich ja nach Oppeln komme, um als Sejmikabgeordneter an den Sitzungen teilzunehmen. Dann werde ich auf jeden Fall im Büro vorbeischauen. Somit werden sie mich nicht so ganz los …

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