Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Wort zum Sonntag

Pfarrer Wojciech Pracki aus der Evangelischen Kirchengemeinde Oppeln verfasste für uns das Wort zum Sonntag. 

Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr
Lesungen – Mi 4,1-5; 1 Thess 5,1-6
Evangelium Lukas 17, 20-24

 

Pfarrer Wojciech Pracki

Wir nähern uns langsam dem Jahresende. Es handelt sich natürlich um das Ende des Kirchenjahres. Die Thematik der liturgischen Bibeltexte, sowohl in der in der evangelischen als auch der katholischen Kirche, bezieht sich auf die Eschatologie, also auf die Lehre von den letzten Dingen. Mit anderen Worten – auf die Endzeit. Es wird an diesen Stellen viel gesagt vom Kommen des Reiches des Herrn. Das können wir alle in den Texten lesen und wir werden es auch in den Predigten der kommenden Sonntage hören.

Die grundsätzliche Frage dabei ist aber: Glauben wir in der verweltlichen Realität des 21. Jahrhunderts noch daran?

Natürlich gibt es viele „Propheten”, auch unter Christen, die zunehmende Corona-Pandemie als eine Strafe Gottes ansehen und in ihr gar ein Zeichen des kommenden Weltunterganges erkennen.

Für die, die an Covid-19 leiden oder sogar sterben, ist das auch ein kleiner, persönlicher Weltuntergang. Er hat aber keinen globalen Charakter und es ist auch nicht die erste und nicht die letzte Katastrophe, die unsere Welt erlebt. Es ist aber durchaus ein Impuls zum Nachdenken, zum Nachdenken über mein Verhältnis zu Gott, zu Christus, zur Kirche.

In den letzten Wochen beobachten wir in Polen ein neues Phänomen: nämlich große Proteste auf den Straßen. Viele Aussagen der Protestierenden sind kritisch gegenüber der Kirche und den Bischöfen.

Wie wir alle wissen, handelt es sich um die Entscheidung des Verfassungsgerichts zum Thema Schwangerschaftsabbruch. Die Situation zeigt, dass wir es mit einem Umbruch zu tun haben.

Viele Äußerungen und Kommentare weisen hin auf eine Abkehr von Kirche und Christentum. Was bis jetzt ziemlich leise und inoffiziell im Bekanntenkreis gesagt wurde, wird jetzt laut auf den Straßen geschrien.

Das Traurige dabei ist, das es keine anonymen Menschen sind, sondern Menschen, die getauft wurden, Menschen, die zur ersten Kommunion gegangen sind oder zur Firmung. Und das bedeutet, dass der Religionsunterricht in den Schulen und die katholische Erziehung eigentlich mehr Widerstand als Zuspruch brachte.

Was soll ich dazu als evangelischer Pfarrer sagen?

Schadenfreude spüre ich keine, denn es kann vielleicht ähnlich mit der evangelischen Kirchenerziehung und Kirchenpädagogik sein, dass sie faule Frucht bringt.

Und ich denke, das Problem geht noch tiefer. Denn wir sollten uns die Frage stellen: Wie verhält es sich mit dem Glauben an die Auferstehung von den Toten, wie mit dem Glauben an das zweite Kommen Jesu Christi und an das Endgericht und das Ewige Leben?

Eine weitere Frage lautet – wie sollen die Kirchen, egal ob katholisch oder evangelisch, die Menschen in ihrem Aufruhr, Widerstand und Protest seelsorgerisch erreichen, wie ihnen die Erlösung in der Person Jesu Christi anbieten?

Das Ende des Kirchenjahres zeigt, dass die Realität des Glaubens im Wandel begriffen ist.
Das neue Jahr kommt bald. Hoffentlich mit einer neuen Perspektive darüber, wie die Kirche die Menschen in ihrer gelebten Realität erreichen kann.

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