Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Dem Kulturerbe zu Hilfe

Der jetzige Zustand der einstigen Kaserne ist tragisch Foto: Łukasz Biły.
Der jetzige Zustand der einstigen Kaserne ist tragisch Foto: Łukasz Biły.

Das monumentale, jedoch verfallende Gebäude im Ratiborer Stadtteil Ostrog kennt so gut wie jeder in der Stadt, aber nur wenige wissen um seine Geschichte und die mit ihm verbundenen Pläne. Ein architektonisches Juwel genannt, ist die einstige preußische Husarenkaserne derzeit Gegenstand einer breiten Diskussion und bekommt danach möglicherweise die Chance, zu einem repräsentativen Sitz der Deutschen in der Woiwodschaft Schlesien zu werden.

 

In der unmittelbaren Umgebung findet man kaum ein Gebäude dieses Formats: ein imposantes, fast 150-jähriges Bauwerk mit vier Stockwerken aus rotem Backstein im neugotischen Stil. Eigentlich ein Meisterwerk der Architektur und dennoch in einem bemitleidenswerten Zustand. Die alte Kaserne in Ratibor wirkt nachts erschreckend, am Tag begeistert sie interessierte Freunde der Baukunst. Dass sie gerade in dieser Stadt erbaut wurde, ist nur scheinbar verwunderlich. Noch weniger, wenn man sich in ihre Vergangenheit vertieft – denn das preußische Heer hatte dort eine lange Geschichte.

 

Kaserne und Wohnungen

 

Bereits 1741, als unter dem Preußenkönig Friedrich der Große Schlesien sich mitsamt Ratibor in den Grenzen seines Staates wiederfand, erhielt die Stadt den Status einer Garnisonsstadt. Die Armee wurde über die Jahrzehnte hinweg immer größer. Zu ihrer größten militärischen Macht gelangte sie kurz vor der Vereinigung der deutschen Staaten und der Gründung des Deutschen Kaiserreiches im Jahr 1871. Damals ergab sich auch in Ratibor die Notwendigkeit, eine repräsentative Kaserne für das Militär zu errichten. 1868 ließ der preußische Aristokrat Fürst Viktor I. Herzog von Ratibor  jenes Gebäude erbauen, das sich in einem ruinösen Zustand bis heute erhalten hat. Für militärische Zwecke diente es bis zum Jahr 1933, danach wurde die Kaserne zu einem gewöhnlichen Wohnblock umgebaut.

 

Heutiger Zustand

 

Da im Jahr 1945 Ratibor – wie auch andere deutsche Städte Schlesiens – zu einem Teil des polnischen Staates wurde, war nunmehr die Stadt der offizielle Eigentümer des Kasernengebäudes. Die kommunistischen Stadtväter versäumten es jedoch jahrelang, es zu renovieren, obwohl es noch bis in die 1980er-Jahre bewohnt war. Letzten Endes wurden die Bewohner ausquartiert und der Zustand der ehemaligen Kaserne verschlechterte sich nunmehr von Jahr zu Jahr. Das Dach war teilweise eingestürzt, es fehlten Fensterscheiben, die Decken waren eingefallen und die Treppen erheblich beschädigt. In diesem ruinösen Zustand übergab das Rathaus das Gebäude für einen symbolischen Geldbetrag an die damals (1993) noch in den Kinderschuhen steckende Organisation der deutschen Minderheit. „Als wir über finanzielle Themen sprachen, war von Verwaltungskosten die Rede“, erinnert sich der damalige Sejm-Abgeordnete und führender Vertreter der schlesischen Deutschen Wilibald Fabian, der das Gebäude für die Minderheit erwarb.

 

Minderheit

 

Seit die Ratiborer Deutschen Eigentümer des repräsentativen, aber ruinösen Baudenkmals sind, sind Überlegungen über dessen mögliche Nutzung eines der Hauptprobleme nahezu eines jeden Vorsitzenden des DFK Schlesien gewesen. Die größte Herausforderung ist in diesem Fall natürlich das Geld: „Grob gerechnet würde eine Renovierung des gesamten Gebäudes uns zirka 20 Millionen Złoty kosten“, schätzt der Chef des DFK Schlesien Martin Lippa. Ein Betrag, den weder Lippa noch seine Vereinigung noch irgendeine andere Organisation der deutschen Minderheit hat. Der Vorsitzende habe allerdings ein paar Ideen, woher man die Mittel beschaffen könnte.

 

Finanzen

 

Hauptpfeiler der Finanzierung wären EU-Mittel: „Es ist uns gelungen, die Initiative zur Renovierung der Kaserne auf eine Liste zu bringen, dessen einzelne Positionen die Chance auf eine Finanzierung aus dem sog. Revitalisierungsprogramm haben. Bevor wir jedoch die Finanzierung erhalten, brauchen wir einen guten, wohldurchdachten Antrag, der ein Konzept darüber enthält, was wir dort tun wollen“, erklärt Martin Lippa. Sowohl bei der Beschaffung von Geldmitteln, als auch in Fragen der möglichen Nutzung des Gebäudes wolle, so Lippa, auch die jetzigen Ratiborer Stadtväter helfen, für die es – im Unterschied zu jenen kommunistischen – ebenfalls ein wichtiges Anliegen sei, die ehemalige Kaserne zu renovieren und zu erhalten. Zwar ist bei europäischen Projekten eine Eigenleistung nötig, doch diese könnte theoretisch aus den vom Verwaltungsministerium finanzierten Investitionsprojekten zur Unterstützung der nationalen und ethnischen Minderheiten kommen.

 

Pläne

 

Was würde sich in dem Gebäude befinden, sollte die Renovierung gelingen? Laut Martin Lippa wäre das schöne preußische Baudenkmal ein idealer Ort für einen Sitz der Organisationen der deutschen Minderheit. Im Falle der erfolgten Renovierung würden also lokale und woiwodschaftliche Strukturen des DFK Schlesien, die aktuell an den Straßen Kozielska und Wczasowa untergebracht sind, in eines der Stockwerke der Kaserne verlegt werden. In den übrigen Stockwerken müssen, so der Vorsitzende, angesichts der hohen Unterhaltskosten städtische Institutionen und private Investoren Platz finden, die dann einen Teil der Betriebskosten abdecken würden.

 

Sollte es hingegen nicht gelingen, an finanzielle Mittel für eine Renovierung zu kommen, wird die Minderheiten das Gebäude verkaufen müssen. Der Chef der Ratiborer Deutschen Waldemar Świerczek „würde das aber am liebsten vermeiden”: „Es ist ein preußisches Baudenkmal, ein Vermächtnis unserer Vorfahren, und wir sollten es deshalb meines Erachtens nicht verkaufen. Die Renovierung ist ein ehrgeiziges Ziel, aber gerade solche Ziele sollten wir uns auch setzen“, so Świerczek.

 

Über das Thema werden wir laufend berichten.

 

Łukasz Biły

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