Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Gedanken sind frei

Atavismus?

Heute, da ich mich hinsetze, um diesen Text zu schreiben, bedaure ich, dass er am Dienstag in der Redaktion sein muss, was bedeutet, dass er am Montag geschrieben wird. Morgen (19.07.) findet nämlich eine weitere Sitzung des Parlamentarischen Ausschusses für nationale und ethnische Minderheiten statt, bei der die Antwort auf das Desiderat des Gremiums zur Diskriminierung deutscher Kinder an polnischen Schulen durch die polnische Regierung diskutiert wird.

Übrigens, wieder der gleiche seltsame Weg: Wo immer es eine Beschwerde gibt, die die Rechtmäßigkeit der Verordnungen des Ministers für Bildung und Wissenschaft in Frage stellt, kommt die Antwort fast immer … aus eben dem Ministerium, dessen Arbeitsweise in Frage gestellt wird.

Die Antwort auf das Desiderat bezieht sich ausführlich auf das Haushaltsgesetz, in dem angeblich für das Jahr 2022 „aufgrund einer parlamentarischen Änderung der Bildungsteil der allgemeinen Subventionen für die Kommunen um 39.800.000 PLN gekürzt wurde. (…). Die Parlamentarier entschieden, dass die Einsparungen, die sich aus der Kürzung des Bildungsanteils der allgemeinen Subvention ergeben (39.800.000 PLN), für (…) die Schaffung einer neuen spezifischen Rücklage (…) eines „Fonds für den Polnischunterricht in Deutschland“ verwendet werden sollten. Es ist hier nicht der Ort, den gesamten Text voller kleiner und großer Verzerrungen zu analysieren, nach denen die Abgeordneten und natürlich auch wir als Geschädigte morgen wohl fragen werden. Aber das morgige Treffen fiel mit der Veröffentlichung der neuen Ausgabe der Zeitschrift Dialog zusammen, in der Kamila Schoell-Mazurek, Vertreterin der polnischen Gemeinde in Deutschland, einen Artikel unter dem Titel schrieb „Das ist nicht der richtige Weg”. In ihrem Facebook-Eintrag enthüllt sie dessen Inhalt und entlarvt die Lügen im obigen Fragment der Antwort des Bildungsministeriums mit den Worten: „Aber jetzt, acht Monate später wissen wir: Die deutsche Minderheit hat sie nicht zurückbekommen. Und die polnische Gemeinschaft in Deutschland hat sie auch nicht bekommen (?). Sie haben sich auf dem Weg verirrt…“.

Wissen die PiS-Abgeordneten schon, dass sie getäuscht wurden, als sie glaubten, dass zig Millionen Złoty aus dem Staatshaushalt, die den Kindern polnischer Staatsbürger genommen werden, dieses Jahr für den Polnischunterricht in Deutschland verwendet und verrechnet werden könnten? Ohne Plan, ohne Infrastruktur, ohne Bedarfsanalyse? Ich wage zu schreiben, dass weder die Antragsteller noch die Abgeordneten der Regierungskoalition daran interessiert waren, wofür, wann und wie das Geld ausgegeben wird. Das einzige Ziel war es, die Würde und Identität der Gruppe anzugreifen, die entschlossen ist, die eigene deutsche Kultur und Sprache wieder aufzubauen und zu stärken. Und dahinter stehen nicht nur Menschenrechtsverletzungen, sondern auch ein gewisser Atavismus im europäischen Maßstab.

Bernard Gaida

 

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