Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Lebenswirklichkeit im Blick behalten

Hauptgottesdienst Katholikentag c: 100. Katholikentag Leipzig 2016 Foto: Kathrin Erbe
Hauptgottesdienst Katholikentag
c: 100. Katholikentag Leipzig 2016
Foto: Kathrin Erbe

Werden wir in Deutschland bald Frauen als Diakoninnen haben? Eine Frage, die während des 100. Katholikentages vom 25. bis 29. Mai in Leipzig vielfach diskutiert wurde. Denn die katholische Kirche in Deutschland leidet an akutem Priestermangel.

 

„Wir müssen davon weg, dass der Priester der Allround-Manager ist“, so der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode beim Podiumsgespräch zum Thema „Frauen. Macht. Kirche. Berufen zu Diensten und Ämtern“. Ein Priester müsse eher die Funktion als geistlicher Leiter einnehmen. Eine neue Form der Ausbildung sei notwendig, um Gemeindereferenten mehr Kompetenz zusprechen zu können, so Bischof Bode. Würde dies in Zukunft den Weg ebnen, dass auch „Nichtgeweihte“ Pfarrgemeinden leiten und Seelsorge betreiben könnten?

 

„Diakonie der Frauen, die Rentenproblematik, der Klimaschutz und die Flüchtlingskrise sind Themen, nach denen die Gemeinschaft fragt und wonach sie ringt“, so Dr. Stefan Vesper, Generalsekretär des Zentralkomitees deutscher Katholiken (ZdK). Dominiert hat in den Gesprächsrunden der etwa 1.000 Veranstaltungen des Katholikentages die Flüchtlingsfrage. Namhafte Wissenschaftler und Politiker aller Couleur wurden zu Gesprächen geladen, aller…

 

„Wir dürfen nicht die Deutungshoheit darüber verlieren, was christlich ist. Das Christentum setzt nicht auf Abgrenzung, sondern auf Integration“ sagte der Präsident des Zentralkomitees deutscher Katholiken Thomas Sternberg und grenzte dennoch AfD-Politiker aus, indem er diese zum 100. Katholikentag auslud. Es sei wichtig, ausländerfeindlichen Parolen kein Podium zu geben, so Sternberg. Er bezeichnete die zu beobachtende nationalistische Entwicklungen in ganz Europa als massive Bedrohung. Der Bonner Politikwissenschaftler Andreas Püttmann zog sogar Parallelen zwischen dem aktuellen Erstarken neurechter Bewegungen in Deutschland und den Angriffen durch national-konservative Parteien auf die Demokratie der Weimarer Republik in den 1920er-Jahren. „Wir müssen der Angst und Verunsicherung großer Bevölkerungsgruppen eine Politik des Vertrauens entgegensetzen, um das Erstarken der Populisten zu stoppen“, forderte der Theologe Paul Zulehner. Auf die Antwort, wie denn jenes fromme Postulat des Wiener Theologen umgesetzt werden könnte, warteten die Diskussionsteilnehmer aber vergeblich.

 

Auch der Abschlussgottesdienst auf dem Augustusplatz vor der Leipziger Universität, an dem 25.000 Gläubige teilnahmen, hatte die Flüchtlingsfrage zum Thema der Predigt. Für Christen gäbe das Evangelium die Prinzipien vor: Europa dürfe nicht zur Festung werden, an deren Grenze Menschen ertrinken. „Niemand darf in Krieg und Verfolgung zurückgeschickt werden“, sagte der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx. „Wir wollen keine selbstverliebte, nur ihre eigene Identität suchende Kirche“, fügte er hinzu. Er lobte das Engagement der für die katholische Kirche in Deutschland typischen Laienbewegung. Insbesondere die einhundert Katholikentage hätten dafür gesorgt, dass „die Kirche die Lebenswirklichkeit der Menschen nicht aus dem Blick verliere“.

 

Klaudia Kandzia

 

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