Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Ehre den Errettern deutscher Kinder

Feierlich wurde die Gedenktafel zur Erinnerung an die Errettung deutscher Kinder  enthüllt Foto: Izabela Bartoś/Stadtverwaltung Krotoschin.
Feierlich wurde die Gedenktafel zur Erinnerung an die Errettung deutscher Kinder enthüllt Foto: Izabela Bartoś/Stadtverwaltung Krotoschin.

Es war eine schöne Geste zum Abschluss des Jubiläums der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags und zugleich eine unglaubliche Geschichte: In Krotoschin, in der Woiwodschaft Großpolen, hängt nun am Bahnhof eine Gedenktafel zur Erinnerung an den Mut von Polen, die 1945 an diesem Ort deutsche Kinder vor dem sicheren Tod retteten.

 

In dem knapp 30.000 Einwohner zählenden Krotoschin (seit 1945 Krotoszyn) war die Geschichte der geretteten deutschen Kinder über die gesamte Zeit Volkspolens ein Tabuthema. Manchmal erwähnten ältere Bewohner nur vage, dass im letzten Kriegsjahr ein aus Tschechien kommender Zug in den dortigen Bahnhof einlief, voll von Deutschen aus Breslau, die infolge der Kriegswirren in Tschechien nach einer Zuflucht vor den Russen gesucht hatten, dort aber von diesen abgefangen wurden. Nachdem der zuständige Kommandostab entschied, sie nach Osten zu deportieren, fuhr der Zug zunächst durch das Gebiet des heutigen Großpolen, u.a. durch Krotoschin. Bezeichnend für diesen Zug war, dass die Passagiere meistenteils Kinder waren – hungrig, abgezehrt und zu einem großen Teil auch krank. Zeitzeugen sagten, dass während des Zugaufenthalts polnische Familien fünf Mädchen retteten. Man nahm sie in Decken eingewickelt mit nach Hause, in der Angst, dass jemandem diese Errettung deutscher Kinder missfallen könnte.

 

Warnung vor dem Krieg für junge Menschen

 

Nach 1990 wurde nunmehr offener über die Geschichte der heldenhaften Polen gesprochen, die deutsche Kinder gerettet haben. Einer der Enthusiasten, der sich ganz besonders für das Thema interessierte, war Stefan Witek, ein gebürtiger Krotoschiner, der heute in Breslau lebt. Witek gelang es, dass eine Gedenktafel zur Erinnerung an jene polnischen Familien, die deutsche Mädchen aus dem Zug geholt, sie in ihre Obhut genommen und sie wie ihre eigenen Kinder erzogen hatten, letztlich angefertigt und an der Wand des Krotoschiner Bahnhofs angebracht wurde. Laut Witek soll die Gedenktafel „eine Warnung vor dem Krieg für junge Menschen” sein. Die Enthüllungsfeier am 19. November war auch verbunden mit einem Treffen mit den noch lebenden, heute betagten, damals kleinen deutschen Mädchen aus dem Zug.

 

Schwierige Kindheit

 

Ihre Lebensgeschichten sind dank Stefan Witek und der Schriftstellerin Daina Kolbuszewska inzwischen bekannt. Von den etwa einhundert transportierten Kindern, die nach ihrer Deportation nach Sibirien als Deutsche höchstwahrscheinlich schlichtweg sterben sollten, konnte aufgrund von Hunger, Krankheiten und Ermüdung nur ein Drittel von ihnen die Reise überleben. Der katastrophale Gesundheitszustand der kleinen Passagiere führte dazu, dass der Zug nie die Sowjetunion erreichte, sondern letztlich wieder nach Breslau gelangte. Die meisten der durch polnische Familien geretteten deutschen Mädchen wuchsen in der Überzeugung heran, sie seien Polinnen. Viele von ihnen wussten nicht einmal, dass sie nicht die Kinder der Menschen sind, die sie großgezogen haben.

 

Eine von ihnen – Rozalia Weinert – kam in Wirklichkeit als Gertrude Wieczorek zur Welt, wovon sie erst als Teenager erfuhr. Zwar konnte sie später ihre leiblichen Eltern finden, doch die Bindung konnte nie wiederaufgebaut werden.

 

Bei der feierlichen Enthüllung der Gedenktafel zur Erinnerung an die Errettung deutscher Kinder war auch Reiner Sachs vom Breslauer deutschen Konsulat zugegen. Er dankte für die Initiative und bezeichnete diese als „ein Zeugnis dessen, wovon man den künftigen Generationen erzählen sollte”.

 

Łukasz Biły

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