Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Ein Franke wird Vater der schlesischen Reformation

Nun erstrahlt das sanierte Johann-Heß-Relief an der Magdalenenkirche im alten Glanz.

Nur wenige Jahre nach Luthers berühmten Thesenanschlag in Wittenberg setzte sich seine Lehre auch in Breslau  durch. Einen großen Verdienst hatte dabei Pfarrer Johann Heß (1490-1547), der bereits 1524 in seiner St. Maria-Magdalena-Kirche die neue Gottesdienstordnung nach Wittenberger Vorbild durchgesetzte.

 

Heß wird daher als „Vater der schlesischen Reformation“ und die Maria-Magdalena-Kirche als die „Reformationskirche Schlesiens“ bezeichnet. Ein besonderes Reformationsdenkmal erinnert noch heute daran. Es ist ein Relief das 1917 von Paul Schulz zum 400. Jubiläum der Reformation geschaffen wurde. Angebracht wurde das Werk noch im Ersten Weltkrieg an der Ostfassade der Magdalenenkirche, die damals das Hauptgotteshaus der Evangelischen Kirche Schlesiens wart. Aus Löwenberger Sandstein errichtet, zierte Schulzes Werk das Gotteshaus bis 1945, als die Gesichter der Relieffiguren zerstört wurden. „Deutsche Spuren sollten aus dem Stadtbild verschwinden, der Nachweis erbracht werden, dass auch die Steine polnisch sprechen, gemäß der Propaganda der ‘urpolnischen Gebiete’ und der ‘Rückkehr ins Mutterland’“, so Dr. Annemarie Franke, Schlesienexpertin im Schlesischen Museum zu Görlitz, die im Rahmen des Reformationsjubiläums Reisen auf den Spuren schlesischer Reformatoren organisiert.

 

Dr. Franke ist Mitautorin einer Wanderausstellung zu 500 Jahren Reformation in Schlesien im Rahmen derer sie der Magdalenenkirche gleich zwei Tafeln in der Ausstellung widmete.

 

Das Relief zeigt neben Johann Heß Ambrosius Moibanus, den Pfarrer der St. Elisabeth-Kirche, Valentin Friedland, genannt Trozendorf, den Rektor der Lateinschule in Goldberg und Bildungsreformator Schlesiens, Johann Crato von Krafftheim, den berühmten Arzt dreier aufeinanderfolgender Habsburger Kaiser sowie Heinrich von Rybisch, den einflussreichsten Breslauer Patrizier im 16. Jahrhundert, der Jurist und Syndikus der Stadt war.

 

Johann Heß gehörte dem Geschlecht der Hessen von und auf Stein und Franken an. 1490 in Nürnberg geboren, studierte er in Leipzig und Wittenberg. 1513 wurde er bischöflicher Sekretär in Neisse. Nach einem Aufenthalt in Italien kehrte er nach Schlesien zurück und wurde 1520 zum Priester geweiht. Er war Hofprediger des Herzogs Karl. I. von Münsterberg (Ziębice), ging dann nach Nürnberg.1523 wurde Heß als Pfarrer der St. Maria-Magdalena-Kirche berufen, wo er bis zu seinem Tode am 5. Januar 1547 blieb.

 

„Für seine Predigten bekannt, wurde Heß zum Vorbild für die Pfarrer der Stadt und wurde gleich mehrfach in Breslau verewigt, zum Beispiel mit einem berühmten Epitaph, das heute im Nationalmuseum zu Breslau zu sehen ist und früher in der Magdalenenkirche angebracht war. Dieses Epitaph, vielleicht ein echter Cranach, zeigt Heß im Beisein seiner Ehefrau und seinen acht Kindern“, so Dr. Franke.

 

Heß führte in der Magdalenenkirche nicht nur die Wittenberger Ordnungen ein, sondern begann auch das Bildungswesen zu erneuern und machte sich in der Wohltätigkeit stark. Alles was er tat geschah im Stillen und war von Besonnenheit geprägt, was wohl dazu beitrug, dass in Schlesien der konfessionelle Friede weitgehend erhalten blieb. Heß hielt jeden theologischen Streit von Breslau fern. Auch was Schriften angeht, verhielt sich Heß, trotz hoher Bildung, bis auf einen regen Briefwechsel mit den bedeutendsten Theologen seiner Zeit, eher verhalten. Beigesetzt wurde Heß vor dem Hauptaltar seiner Magdalenenkirche. Am Sarg sprachen Ambrosius Moibanus und Johann Crato von Krafftheim.

 

Am 25. Oktober 1523 feierte Johann Heß in der Magdalenenkirche den ersten evangelischen Gottesdienst. Den letzten hielt am 21. Januar 1945 Pastor Ulrich Bunzel. „Bunzel blieb in der Stadt, zusammen mit etwa zehn Geistlichen, zwei Vikaren und 200.000 Menschen, als im Februar die Kampfhandlungen begannen. Am 6. Mai wurde die Stadt übergeben. Die beiden evangelischen Hauptkirchen, Maria-Magdalena und Elisabeth blieben unversehrt, bis am 18. Mai sowjetische Soldaten in den Türmen der Magdalenenkirche ein Fass Benzin ausgegossen und damit die Kirche anzündeten“, so Dr. Franke.

 

Bis in die 70er-Jahre wurde die Magdalenenkirche wieder aufgebaut. Sie dient heute als Kathedrale des Bistums Breslau der Polnisch-Katholischen Kirche des altkatholischen Glaubens.

 

Pünktlich zum Reformationsjahr wurden die Sanierungsarbeiten am Johann-Heß-Relief abgeschlossen. Nun zeigen Heß und seine Mitstreiter wieder Gesicht an der ehemaligen evangelischen Hauptkirche Breslaus.

 

Klaudia Kandzia

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