Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Flüchtlinge statt Deutsche

Jochen Markett (2. von rechts) während der Workshops
Jochen Markett (2. von rechts) während der Workshops

Wie nutzt man elektronische und digitale Medien für journalistische Zwecke? Mit dieser Frage beschäftigten sich die Teilnehmer der deutsch-polnischen Journalistenakademie, die Anfang Oktober in Gleiwitz (Gliwice) stattfand. Ein zentrales Thema während der Diskussionsrunde war neben dem Umgang mit der digitalen Revolution auch die aktuelle Flüchtlingsproblematik.

Die neuen Kommunikationsformen wie Twitter, Facebook und Blogs ersetzen zunehmend den klassischen Journalismus. Über die Möglichkeiten, die neuen Formen des Journalismus zu nutzen, sprachen nun junge Journalisten aus Polen und Deutschland bei der X. deutsch-polnischen Journalistenakademie, die das Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit in Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung durchführte.

Jochen Markett (Berlin) erklärte: „Ich bin freiberuflicher Medientrainer und übe seit neun Jahren diese Tätigkeit aus. Ich schule Journalisten bei internationalen Projekten. Alle Teilnehmer der diesjährigen Journalistenakademie haben ihre Beiträge vorab auf einen Server hochgeladen – wir werden in den nächsten Tagen schauen, wie man die Beiträge weiter entwickeln kann, ob sie anders auf der Website aufbereiten und auch durch Videos oder Audios ergänzt werden können.“

Bei einer gemeinsamen Diskussion, unter Beteiligung polnischer Journalisten, verurteilten alle Teilnehmer das Aufkommen von Schleichwerbung und Instrumentalisierung der Medien für politische oder wirtschaftliche Zwecke scharf. Gesponserte Beiträge, die nicht entsprechend gekennzeichnet seien, verstießen gegen den Ethos eines unabhängigen Journalismus, betonte Markett.

Krzysztof Zyzik (Nowa Trybuna Opolska) bezeichnete den Zustand als paradox, dass sein Blatt derzeit mehr Leser als je zuvor hat – auch wenn es hauptsächlich Internetuser wären: „Die Redaktion lebt eigentlich von der gedruckten Form der Zeitung, also von den Abos und der Werbung, die auf den gedruckten Seiten erscheint. In Zukunft wollen wir versuchen, die Leser dazu zu bewegen, für Inhalte auf den Webseiten zu bezahlen, also einzelne Beiträge oder Fotos zu kaufen.“

Als beunruhigend empfanden die Diskussionsteilnehmer die Entwicklung, dass immer mehr Journalisten zu „media workern“ werden: Es sei allgemein festzustellen, dass immer mehr Journalisten ihre Beiträge als redaktioneller Kontext zur Werbung verwenden. Die Inhalte der Texte werden ohne große Verifizierung schnell veröffentlicht. Dabei bleibe oft die Recherche auf der Strecke. Der Journalismus, der die ausführende Gewalt kontrollieren sollte, verliere als vierte Staatsgewalt an Bedeutung und an Glaubwürdigkeit.

Ein weiteres Thema der Diskussion war die aktuelle Flüchtlingslage in Europa. Krzysztof Zyzik stellte fest: „Das Hauptthema auf unserem Portal waren immer die deutsch-polnischen Beziehungen: Bei jeder zweisprachigen Tafelenthüllung beispielsweise gab es immer eine Lawine an antideutschen Einträgen und Kommentaren. In den letzten Monaten erleben wir, dass das Thema Nr. 1 nun die Flüchtlinge sind. Die Energie der Hader, die ungeniert ihre Hassparolen verbreiten, konzentriert sich auf die Neuankömmlinge.“

Johannes Rasim

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