Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Gedenkfeier für die Opfer von damals und heute

Vor mittlerweile 77 Jahren sanken die drei Flüchtlingsschiffe „Wilhelm Gustloff“, „Steuben“ und „Goya“ – torpediert von russischen U-Booten – in den Wellen der Ostsee und rissen dabei mehr als 20.000 Menschen in den Tod. Daran wurde zum inzwischen 26. Mal in Gdingen auf einer Feier erinnert. Aber auch der Opfer des aktuellen Krieges wurde gedacht.

Die diesjährige Feier für die Opfer der 1945 versenkten Flüchtlingsschiffe fand wie immer im Frühjahr statt. Trotz des Sonnenscheins am 9. April erinnerte der kalte Wind in Gdingen daran, dass noch nicht richtig Frühling ist – und an das Wetter, das geherrscht haben könnte, als die am 16. April 1945 untergegangene „Goya“ in Richtung Westen auslief.

Dem Verblassen der Erinnerung entgegenwirken
In der Kirche der Mutter Gottes der unaufhörlichen Hilfe und des heiligen Petrus des Fischers, so der offizielle Name, befindet sich seit dem Jahr 2010 eine Erinnerungstafel, die den Opfern der drei Tragödien im Winter 1945 gewidmet ist. Sie ist traditionell der Ort für den ökumenischen Gottesdienst, der die vom Bund der deutschen Bevölkerung in Gdingen mit seinem Vorsitzenden Benedikt Reschke organisierten Gedenkfeier einleitet. Zelebriert wurde er auch in diesem Jahr von Domherr André Schmeier aus Allenstein (Olsztyn), dem katholischen Seelsorger der deutschen Minderheit in Ermland und Masuren, sowie dem evangelischen Pastor Wojciech Fröhlich aus Stolp (Słupsk).

Gottesdienst in der Seefahrerkirche in Gdingen
Foto: Lech Kryszałowicz

An die Toten erinnerte Grete Reschke in einem Gedicht und lieferte darin zwei wichtige Stichworte für die Veranstaltung. „Als die Zeit verging, verblasste der Schrei, vom Wind und dem unruhigen Meer absorbiert. Schließlich verstummte er und legte sich, zusammen mit den Opfern, auf den Grund der Ostsee“, lautet ein Fragment ihres Textes. Es geht darum, die verblassende Erinnerung an diese Opfer – und alle anderen des damaligen Krieges – zu erhalten, vor dem Vergessen zu bewahren. Und es ging auch um die jetzigen Toten, wenn es heißt: „Jetzt gibt es nur einen stummen Schrei, wie einen Ruf nach Frieden. Auf der Welt, in der Ukraine.“ Auch in den Fürbitten, der Predigt von Pastor Fröhlich und den Ansprachen der Gäste wurde der Krieg in der Ukraine erwähnt.

Grete Reschke trägt ihren Text vor.
Foto: Lech Kryszałowicz

Damals Krieg, dann lange Frieden, und heute…
Das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Danzig vertrat Konsulin Birgit von Hellfeld mit ihrem Mann. Für sie verbindet sich die hinsichtlich der Opferzahl größte Katastrophe in der Geschichte der Seefahrt kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs mit seinem Beginn. „Fünf Jahre später kehrte der Krieg an die deutschen Grenzen zurück, und die Deutschen mussten selbst erleben, was sie anderen Ländern angetan hatten“, sagte sie in ihrer Ansprache und ging dann auf die Kooperation und die daraus resultierende lange Friedenszeit in Europa ein.

Maria Neumann, die Geschäftsführerin des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), kam vor den Mitgliedern der deutschen Minderheit aus Gdingen und Danzig (Gdańsk), aber auch aus Bromberg (Bydgoszcz), Graudenz (Grudziądz) und Allenstein noch einmal auf den Krieg in der Ukraine zu sprechen. „Wir als deutsche Minderheit in Polen erklären uns solidarisch mit den Ukrainern und helfen als Vereine und als Einzelne, wie wir können“, betonte sie.

Maria Neumann, Birgit von Hellfeld und Benedikt Reschke (v. l.)
Foto: Lech Kryszałowicz

Bleibt zu hoffen, dass der Name des Chores, der den Gottesdienst musikalisch umrahmte, bald Wirklichkeit wird. „Żyjmy w harmonii“ („Lasst uns in Harmonie leben“) unter der Leitung von Piotr Klemenski begleitete die Gäste der Veranstaltung mit seinem Gesang auch zur Petrus-Kapelle innerhalb der Kirche, wo unter der Gedenktafel Blumen niedergelegt wurden. Im Anschluss daran wurden am Gdingener Hafen am nahegelegenen Skwer Kościuszki Grabkerzen angezündet und Kränze ins Wasser geworfen, die bei dem starken, kühlen Wind schnell Kurs auf das offene Meer nahmen. Zur Erinnerung an die Toten von damals und zum Gedenken an die Toten von heute.

Kurze Andacht am Gdingener Hafenkai
Foto: Lech Kryszałowicz

Uwe Hahnkamp

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