Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Gute Nachbarschaft

 

 

Sowohl die polnische als auchdie deutsche Gesellschaft beurteilt den Zustand der polnisch-deutschen Beziehungen positiv. Die Europa- und Außenpolitik des jeweiligen Nachbarlandes sehen sie jedoch kritischer, so die neuesten Ergebnisse des Deutsch-Polnischen Barometers, bei dem aus aktuellem Anlass auch nach der Pandemiebewältigung gefragt wurde. Die Untersuchungen werden seit inzwischen 20 Jahren vom Warschauer Institut für Öffentliche Angelegenheiten und der Konrad-Adenauer-Stiftung in Polendurchgeführt. Seit 2020 sind auch das Deutsche Polen-Institut und die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit Partner dieser langfristigen Untersuchungsreihe.

 

Im Jahr 2021 begehen Deutschland und Polen den 30. Jahrestag der Unterzeichnung des Vertrages über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991, was der Frage nach dem Stand der deutsch-polnischen Kontakte zusätzliche Relevanz verleiht. Als sehr gut oder eher gut werden die deutsch-polnischen Beziehungen von 57% der Deutschen und 65% der Polen bezeichnet. Der Hauptgrund, die Beziehungen als gut zu bezeichnen, sind für die Menschen hier wie dort die wirtschaftlichen Interessen beider Länder (42% der Deutschen, 54% der Polen). „Solche Einschätzungen sind erfreulich, denn die Zusammenarbeit im Bereich Handel und Investitionen entwickelt sich tatsächlich sehr gut. Aber wir sollten nicht vergessen, dass Wirtschaft und Politik miteinander verbunden sind und es sich lohnt, für eine gute Atmosphäre und konkrete gemeinsame Aktionen in beiden Sphären zu sorgen“, kommentiert Dr. Agnieszka Łada vom Deutschen Polen-Institut, die Co-Autorin der Untersuchung,das Ergebnis. Das Deutsch-Polnische Barometer zeigt auch, dass die deutschen und polnischen Befragten sich einig sind (65% bzw. 64%), dass man sich in den gegenseitigen Beziehungen vor allem auf Gegenwart und Zukunft konzentrieren sollte und weniger auf die Vergangenheit.

 

Das Barometer ist auch in Buchform erschienen.
Quelle: DPI

 

Europapolitik und Corona

Etwa die Hälfte der Polen bewertet die deutsche Europapolitik positiv und ist der Meinung, dass diese zu einer besseren Zusammenarbeit in Europa beiträgt. Gleichzeitig glaubt gut ein Fünftel der polnischen Befragten, Deutschlands Politik sorge für Spannungen in Europa. „Die Anzahl der positiven Beurteilungen ist seit 2015 rückläufig und nunmehr auf einem Tiefstand seit Beginn unserer Umfragen im Rahmen des Deutsch-Polnischen Barometers“, beschreibt der Co-Autor der Studie, Dr. Jacek Kucharczyk vom Institut für Öffentliche Angelegenheiten,die Ergebnisse.

Die deutschen Meinungen zur polnischen Europapolitik sind 2021 in etwa dreigeteilt. Ein gutes Drittel der Befragten beurteilt sie negativ, ein weiteres Drittel positiv und ein fast ebenso großer Anteil kann oder will diese Frage nicht beantworten.

In diesem Jahr stellte das Barometer auch die Frage nach der Bewältigung der Corona-Pandemie. Der jeweils größte Anteil der deutschen und polnischen Befragten (43% bzw. 38%) ist der Ansicht, dass Deutschland mit den Auswirkungen der Krise besser umgeht als Polen.

 

Außenpolitik

Die Befragten wurden auch um eine Einschätzung, was die Wahl Joe Bidens zum US-Präsidenten für ihr Land bedeute, gebeten. Die Deutschen sehen es definitiv als eine Veränderung zum Besseren (63%), die Polen hingegen sind gespaltener, obwohl auch hier eine relative Mehrheit hoffnungsvoll auf die neue Regierung blickt (37%). Nichtdestotrotz beurteilen in beiden Ländern weniger als die Hälfte der Bürger die globale Rolle der USA positiv. Und unter Befragten in Deutschland und Polen liegen die positiven Bewertungen der internationalen Rolle der EU (Deutsche: 64%, Polen: 65%) um 20 Prozentpunkte höher als die der USA (entsprechend 44% und 45%).
Die Öffentlichkeit in beiden Ländern ist ähnlich kritisch gegenüber der globalen Rolle von Russland und China. “Diese Ähnlichkeiten in den Meinungen von Polen und Deutschen sind sehr wichtig, vor allem im Hinblick auf die manchmal sichtbare Überzeugung der Deutschen, die Polen hätten eine ‚blinde‘ proamerikanische Haltung oder die deutschen Zweifel, ob die Polen die Bedeutung der Europäischen Union zu schätzen wüssten. Ebenso erweist sich der häufig geäußerte Verdacht der Polen, wonach die Deutschen eine übertrieben positive Wahrnehmung Russlands und seiner Politik pflegten, als ungerechtfertigt”, betont Łada.

Die beschriebenen Ergebnisse im 30. Jahr nach der historischen Vertragsunterzeichnung zeigen, dass Deutschland und Polen gemeinsam schon viel erreicht haben, aber auch, wie viel noch vor beiden Ländern liegt, stellen die Autoren des Berichtes fest. “Ein weiterer Prozess des gegenseitigen Kennenlernens, der Gestaltung einer guten Nachbarschaft und freundschaftlichen Zusammenarbeit erfordert von Polen Vorschläge für eine konstruktive, auf die Zukunft gerichtete Kooperation”, kommentiert Agnieszka Łada. “Auf deutscher Seite sollte es wiederum eine größere Sensibilität für die polnische Perspektive geben, ebenso wie ein größeres Interesse an den Ansichten auf der anderen Seite von Oder und Neiße”, betont die Expertin. “Gleichzeitig muss man verstehen, dass die Meinung der Regierung in Warschau nicht mit der Meinung aller Polen gleichgesetzt werden darf. Die deutsch-polnische Kommunikation ist nicht nur ein Dialog zweier Regierungen, sondern auch zwischen Einzelpersonen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die nicht unbedingt die Meinung der Regierenden in Warschau und Berlin teilen”, ergänzt Jacek Kucharczyk.

DPI/ru

Die vollständigen Ergebnisse des Deutsch-Polnischen-Barometers 2021 finden Sie auf der Internetseite: www.deutsches-polen-institut.de

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