Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Immer „ein Helmut“

Jürgen Gretschel. Foto: Łukasz Biły.
Jürgen Gretschel. Foto: Łukasz Biły.

Er war eine Legende nicht nur für Liegnitz, sondern für die ganze deutsche Volksgruppe in Polen. Mit 75 Jahren starb am 23. Oktober in seiner Heimatstadt Jürgen Gretschel – langjähriger Vorsitzender der deutschen Minderheit in Liegnitz, Zeitzeuge und wie manche sagen: Ein Mann wie eine Enzyklopädie.

 

Selten sorgte ein Deutscher in Polen für so viele positive Emotionen wie Jürgen Gretschel. Während heutzutage immer noch viele junge Polen die Deutschen mit dem Krieg assoziieren, milderte der Aktivist dieses Bild von den Deutschen mit Humor und Selbstbewusstsein, machte es sympathisch.

 

Ein Liegnitzer mit Herz

 

Mit seiner Heimatstadt war er ein Leben lang verbunden, dort wurde er 1941 geboren, dort starb er auch. Trotzdem, dass er noch zu klein war, um die Schrecken des Zweiten Weltkriegs zu verstehen, zeichnete ihn diese Zeit ein Leben lang schwer. Im Krieg verlor Gretschel beide Eltern, erzogen wurde er von den Großeltern, die anstatt aus Schlesien mit der Welle der Flüchtlinge zu fliehen, sich entschieden hatten, in ihrer Heimat zu blieben. Im Kommunismus stand der spätere Aktivist immer zu seiner deutschen Herkunft. Während andere ihre deutsche Identität oft aus Angst versteckten, sagte Gretschel immer wieder, dass er „nie ein Geheimnis daraus gemacht habe, dass er ein Helmut sei“. Zunähst war er in der Volksrepublik Polen ein sog. „Staatenloser deutschen Nationalität“, später bekam er die polnische Staatsbürgerschaft.

 

Als Erwachsener zeigte der spätere Vorsitzende eine besondere Lebensfreude, die er gerne mit anderen, vor allen Jugendlichen, teilte. Er brachte ihnen Geschichte und Geografie bei, leitete eine Tanzgruppe. Die unbeschwerte Art und Weise von Gretschel gefiel den Jugendlichen, sie sahen ihn als Mentor, als Autorität an. In seiner Freizeit war er auch ein leidenschaftlicher Koch, präsentierte die regionale Küche des deutschen Schlesiens wie Liegnitzer Bombe oder Schlesisches Himmelreich – Gerichte, die ohne ihn heute fast schon vergessen wären.

 

So kennen ihn die Polen, seine Nachbarn und Freunde. Und die Deutschen? Sie werden Gretschel vor allem als Vorsitzenden der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaft in Liegnitz in Erinnerung behalten. Gleich nach der Wende gründete Gretschel den Verein in Liegnitz und leitete ihn über Jahre hinaus.

 

Nur gute Worte

 

Was Jürgen Gretschel hinterlassen hat, zeigt sich vor allem am Denkmal, dass ihm die Nachwelt gebaut hat. Schon am Tag nach seinem Tod hatten zahlreiche – auch polnische –  Medien über sein Ableben berichtet. Man fand für ihn nur gute Worte und das nicht deswegen, weil man über die Verstorbenen nur gut sprechen sollte. Das Lob hat sich Gretschel verdient. Denn was von ihm bleiben wird, ist sein Beispiel, dass man mit positiver Einstellung und Freunde am Leben selbst die größten Vorurteile beseitigen kann.

 

Łukasz Biły

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