Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Interessante Reisen durch die Geschichte

Heute (13.05.) haben Vertreter der Woiwodschaftsbibliothek, der Oppelner Woiwodschaftsselbtsverwaltung und des Verbandes deutscher Gesellschaften eine Vereinbarung über die gemeinsame Errichtung und den Betrieb des Dokumentations- und Ausstellungszentrums der Deutschen in Polen unterzeichnet. Dieses soll nicht nur der Minderheit selbst, sondern auch der polnischen Mehrheit die Geschichte, die heutige Situation und die Herausforderungen für die Zukunft der deutschen Volksgruppe in Polen darstellen.

 

Das Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen in Polen ist eines der wichtigsten Projekte der deutschen Minderheit in den letzten Jahren. Als Ziel in den Vereinbarungen des sog. Deutsch-Polnischen Runden Tisches zur Unterstützung der deutschen Minderheit in Polen und der Polonia in Deutschland festgeschrieben, wartete es seit 2011 auf seine Umsetzung, wobei die Finanzierung im Grunde auf polnischer Seite lag. Doch erst durch den Beschluss des Bundestages, die Finanzierung der deutschen Minderheit im Jahr 2020 und in den Folgejahren u.a. für den Bau eines solchen Zentrums aufzustocken, kamen die konzeptionellen und baulichen Arbeiten in Schwung.

 

 

Zusammenarbeit mit der Selbstverwaltung

Ein erster Schritt war dabei die Unterzeichnung der Absichtserklärung im Jahr 2020 zwischen dem Woiwodschaftsvorstand von Oppeln und dem VdG, der vorgesehen hatte, dass das Zentrum im Rahmen der Woiwodschaftsbibliothek seine Arbeit aufnehmen wird. Jetzt, da die Bauarbeiten zu Ende gehen und die Ausstellung selbst vorbereitet wird, haben die Bibliothek und die Deutsche Minderheit entschieden die Institution gemeinsam zu betreiben. Bei der feierlichen Unterzeichnung des Dokuments ging der VdG-Vorsitzende Bernard Gaida aber nochmal auf die Geschichte des Dokumentations- und Ausstellungszentrums und das Jahr 2011 ein, als dessen Gründung in den deutsch-polnischen Rundtischvereinbarungen festgeschrieben wurde.

 

„Wir haben argumentiert, wenn die Minderheitenpolitik tatsächlich auf Integration unter Beibehaltung kultureller und sprachlicher Verschiedenheit und nicht auf weitere Assimilation aus der Zeit des postkommunistischen Polens abzielen soll, dann brauchen die Mitglieder der polnischen Mehrheit ein fundiertes Wissen über den Weg, den die in Polen lebenden Deutschen zurückgelegt haben. Aber auch die Deutschen, die in ihrem Bildungsweg und sozialem Umfeld leider wenig über ihre eigene Geschichte erfahren, brauchen einen solchen Ort. Umso mehr, als die Assimilation in der Volksrepublik Polen bereits solche Verwüstungen angerichtet hat, dass oft mehr über die Wiederherstellung von Sprache, Kultur und historischem Bewusstsein gesprochen werden muss, als −wie das Gesetz es formuliert – diese nur zu pflegen“.

 

Das Dokumentations- und Ausstellungszentrum entsteht nicht ohne Grund in Oppeln. Einerseits leben gerade in dieser Region die meisten Deutschen in Polen. „Wir hier waren andererseits aber immer europäischer als anderswo und mit diesem Werk, in dem wir uns zusammenschließen, um dieses Zentrum zu einem landesweiten Phänomen zu machen, zeigen wir es noch einmal“, sagt Bernard Gaida und unterstreicht gleichzeitig, dass das Zentrum keineswegs nur die Geschichte und die Gegenwart der schlesischen Deutschen zeigen soll, sondern aller, die in den heutigen Grenzen Polens leben.

Über die Offenheit sprach während der Unterzeichnungsfeierlichkeit auch der Marschall der Woiwodschaft Oppeln Andrzej Buła:

 

„In Zeiten verschiedener Konflikte – dabei möchte ich nicht über ihr Ausmaß sprechen, sondern ihre Gründe – steht vor uns eine große Aufgabe zu zeigen, dass wir füreinander offen sind und uns vertrauen. So werden Menschen, die diesen Ort aufsuchen, sich an uns ein Beispiel nehmen können“.

 

Wann gibt es die Eröffnung?

Nach der heutigen Vertragsunterzeichnung eröffnet sich eine neue Etappe auf dem Weg zum Betrieb des Zentrums. Im Gebäude in der ul. Szpitalna ist die Fläche thematisch unterteilt. Im Erdgeschoss wird die Geschichte der Deutschen in Polen vom Mittelalter bis zur Zeit des Zweiten Weltkrieges gezeigt und zwar als Dauerausstellung. Auf den weiteren Etagen ist dann Platz für die Darstellung der Nachkriegsjahre und der späteren Entwicklung der Minderheit, für Wanderausstellungen, Konferenzräume und den Dokumentationsteil des Zentrums. Dort werden Unterlagen über die deutsche Minderheit in Polen archiviert und digitalisiert und das Zentrum begann bereits Dokumente und andere Objekte zu sammeln, die die Sammlung und vor allem die Dauerausstellung bereichern werden.

Es stellt sich also die Frage, wann das Zentrum eröffnet wird. Der Direktor der Woiwodschaftsbibliothek Tadeusz Chrobak unterstreicht, dass noch viel Arbeit vor den Verantwortlichen liegt. „Ich denke aber, dass wir im Herbst zur Eröffnung des Gebäudes einladen können und dann auch zeigen werden, wie konkret die Ausstellungen und andere Initiativen aussehen werden“, meint Chrobak.

 

 

Bildung

Das Dokumentations- und Ausstellungszentrum wird vor allem auf Bildung setzen, meint Bernard Gaida: „Meiner Ansicht nach wird das größte Werk dieses Zentrums das an die jungen Menschen, Schüler und Schulen gerichtete Bildungsangebot sein. Dieses wird am Beispiel eines wahren und synthetischen Bildes der Geschichte der Deutschen, die inmitten der polnischen Mehrheit leben, und ihrer Beziehungen nicht nur die Überwindung ständig erneuerter antideutscher Stereotype erleichtern, sondern auch die Wahrnehmung Europas, dessen Motto lautet „In Varietate Concordia“ (Vereint in Vielfalt). Vielleicht sieht man das in Polen nicht so stark, aber in der gesamten Europäischen Union gehört jeder siebte Bürger einer nationalen oder ethnischen Minderheit an und ein paar Dutzend Prozent der Kinder sprechen zwei, drei Sprachen, die für sie keine Fremdsprachen sind. Und dieses Reichtum gilt als schützenswürdig. Dass diese Bildung notwendig ist, beweisen auch die immer wieder wie ein Blitz aus dem klaren Himmel fallende Angriffsworte, die Infragestellung von Minderheitenrechten auf Sprache oder eine andere historische Wahrnehmungen oder die Behandlung der Bürger anderer als die polnische Nationalität als ein fremdes Element, denen man im Internet befiehlt: “Raus nach Deutschland”. Auch bei uns in der Region.“

Auch Marschall Andrzej Buła zählt auf die Attraktivität dieses Ortes, den nicht nur Schüler verschiedener Schulen sondern auch Erwachsene nutzen sollen. „Ich wünsche, dass dort Reflexion entsteht, dass man dort nachdenkt, dass dort Bildung für die Zukunft stattfindet darüber, dass es Menschen gab, die sich für diese Region aufgeopfert haben, dass es Deutsche gab, die mit gutem Beispiel als gute Hausherren der Region vorangingen. Gewiss gab es auch Konflikte, die man ebenso der jungen Generation zeigen muss als etwas, das wir heute verhindern wollen. Dort sollen im besten Fall interessante Reisen durch die Geschichte stattfinden“.

Rudolf Urban

 

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