Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Jugend stärken, Sprache bewahren

Das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) veranstaltete in Berlin ein Netzwerktreffen mit zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern der deutschen Minderheiten im östlichen Europa und Zentralasien (siehe auch hier). Wir haben die Gelegenheit genutzt, um einige Teilnehmende nach den aktuellen Herausforderungen für die deutsche Minderheit in ihren jeweiligen Heimatländern zu fragen.

„Die größte Herausforderung ist im Moment der Generationswechsel“, sagt Martin Dzingel, Geschäftsführer und Präsident der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik mit Sitz in Prag. „Die älteren Angehörigen der deutschen Minderheit in Tschechien werden weniger und jetzt müssen wir die mittlere und jüngere Generation ansprechen, damit wir im Vereinsleben weiterhin existieren und dieses auch weiterentwickeln können.“

Die Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Minderheiten im östlichen Europa und Zentralasien gemeinsam mit den Kulturmanagern, Redakteuren und Mitarbeitern des ifa-Entsendeprogramms vor dem Brandenburger Tor in Berlin
Foto: ifa / Mind_Netz

Wie Martin Dzingel betont, merke man zwar, dass das Interesse an der deutschen Minderheit und an Identitätsfragen derzeit wieder wachse: „Es kommen jüngere Menschen, die individuell etwas über die Vergangenheit ihrer Vorfahren erfahren möchten. Auch tschechische Bürgerinitiativen aus ehemals deutschen Dörfern, die sich mit der Geschichte ihres Heimatortes beschäftigen, wenden sich an uns.“ Er fügt allerdings sogleich einschränkend hinzu: „Dies reicht aber leider nicht aus, um den Schwund der älteren Generation auszugleichen.“

Eingefahrene Strukturen?
Die Generationenfrage sprach auch Rebekka Bareith von der Deutschen Bühne Ungarn in Seksard (Szekszárd) – das einzige professionelle deutschsprachige Theater in Ungarn – an. Die Theaterpädagogin hat eine klare Meinung zu den Herausforderungen für die deutsche Minderheit in Ungarn: „In den leitenden Positionen der Minderheit sitzt vor allem eine ältere Generation. Ich habe den Eindruck, dass es als junge Person schwierig ist, dort hineinzukommen und die Strukturen zu modernisieren. Aber wenn sich die Minderheit nicht modernisiert, wird sie tatsächlich irgendwann aussterben – weil die Jüngeren dann einfach kein Interesse mehr daran haben mitzumachen“, sagt sie. Ihr falle es immer wieder auf, dass die ältere Generation zu müde oder zu ausgelaugt sei, um etwas Neues zu initiieren. Oder das Motto verfolge: „Wir haben das schon immer so gemacht, deshalb müssen wir jetzt nichts Neues beginnen.“

Die deutsche Sprache bewahren
Eveline Cioflec ist derzeit im rumänischen Hermannstadt (Sibiu) als ifa-Kulturassistentin beim Demokratischen Forum der Deutschen in Siebenbürgen tätig. Ein Aspekt, den sie als Herausforderung für die Deutschen in Rumänien ausmacht, betrifft die Sprachkenntnisse: „Die Minderheit schrumpft; die ältere Generation kann nicht mehr so aktiv mitmachen, und darunter leidet dann auch die deutsche Sprache“, sagt sie. Die Kulturassistentin hält die Bewahrung und die Pflege des Deutschen angesichts der kleiner werdenden Minderheit für sehr bedeutsam – daran müsse man arbeiten, Methoden entwickeln und Deutsch auch an den Schulen stärken. Denkbar sei zudem, die deutsche Minderheit weiter für Interessierte aus anderen Minderheiten und auch aus Nicht-Minderheiten zu öffnen.

Auch für die deutsche Minderheit in Kasachstan sei die Bewahrung der deutschen Sprache ein zentrales Ziel, wie Olesja Klimenko, Chefredakteurin der Deutschen Allgemeinen Zeitung (DAZ) mit Sitz in Almaty, betont. Die DAZ wurde bereits 1966 gegründet, damals noch unter dem Namen „Freundschaft“. Bis heute ist sie die einzige deutschsprachige Zeitung nicht nur in Kasachstan, sondern in ganz Zentralasien. Olesja Klimenko erklärt, dass die örtliche deutsche Minderheit aufgrund ihrer weiten Verstreuung in dem riesigen Land nur wenige Möglichkeiten habe, auf Deutsch zu kommunizieren und ihre Sprachkenntnisse zu erhalten beziehungsweise auszubauen. „Die Spracharbeit ist deshalb außerordentlich wichtig“, so die Journalistin. Auch in der Arbeit der DAZ würden Bemühungen zur Bewahrung der deutschen Sprache und Identität wesentliche Schwerpunkte bilden.

Lucas Netter

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