Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Leicht bitte!

Eine der Referentinnen war Gisela Holtz (li.)
Foto: Manuela Leibig

Wie geht “Leichte Sprache”, an wen ist sie gerichtet und wo sollte man sie benutzen? Das wurde bei einer deutsch-polnischen Workshopreihe in Warschau, Breslau und Oppeln erklärt. Nach dem Motto von Albert Einstein: „Wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es nicht gut genug verstanden“ erklärten Referentinnen aus Polen und Deutschland, wie man einen leichtverständlichen Text schreibt.

 

 

Die Seminarreihe leitete Beata Dżon-Ozimek gemeinsam mit dem Richard-Strauss-Verein in die Wege: „Als ich in Österreich lebte, hatte ich zum ersten Mal Kontakt mit diesem Begriff. Es geht nicht nur um Menschen mit Lernschwierigkeiten, sondern um die Erleichterung des täglichen Lebens” sagt Dżon-Ozimek und präzisiert: „Vor allem wenn es um Behörden geht, Verträge mit Banken oder anderen Institutionen. Ich glaube, dass mittlerweile darauf geachtet wird, dass der Kunde alles versteht, und nicht übers Ohr gehauen wird. Denn ein zufriedener Kunde kommt wieder und empfiehlt weiter”.

 

Besser Leben

Leichte Sprache erleichtert also das Leben, spart Zeit und Geld, denn wenn alles verstanden ist, muss man nicht erneut anrufen und nachfragen. Einige Länder, unter anderem Deutschland, die Schweiz oder die Vereinten Nationen verpflichteten gesetzlich öffentliche Institutionen leichte Sprache zu benutzen. „In Deutschland und Österreich habe ich gemerkt, dass politische Parteien ihre Wahlkampagnen auch in leichter Sprache formulieren, damit jeder Wahlberechtigte sich angesprochen fühlt“ erinnert sich Beata Dżon-Ozimek. „Ich weiß, das in Polen der Verein PSONI (Polskie Stowarzyszenie na rzecz Osób z Niepełnosprawnością Intelektualną) sich an politische Parteien mit dem Vorschlag einer Übersetzung derer politischer Programme gewendet hat, das Interesse war aber nicht vorhanden“.

 

Längere Tradition in Deutschland

Das Netzwerk Leichte Sprache e.V. gründete vor 12 Jahren Gisela Holtz aus Münster. Der gemeinnützige Verein übersetzt verschiedene Texte beispielswiese aus Behördeninformationen, Museumsflyern oder Arbeitsanweisungen in leichte Sprache. Und alles begann mit einem Reiseführer. „Ich fragte die Ideengeber, an wen er genau gerichtet ist, die Antwort lautete an alle: Gehbehinderte, Blinde, Gehörlose usw. Da dachte ich, was soll ein Gehörloser mit der Information, dass auf der Behindertentoilette 85 cm Platz für den Rollstuhl ist?“.

Den Verein Netztwerk Leichte Sprache bilden heute 120 Menschen aus Deutschland, Österreich, und den deutschsprachigen Teilen der Schweiz, Südtirol und Luxemburg. Sie bekommen Texte zur Übersetzung, gestalten diese um, fügen Bilder hinzu und schicken diese an die Prüfer – ältere und intellektuell behhinderte Menschen. „Manchmal treffe ich mich mit den Prüfern und schaue auf ihre Reaktionen. Wenn sie ein Wort falsch aussprechen, oder überhaupt nichts sagen, weiß ich, dass sie es nicht verstanden haben“. Gisela nimmt dann den geprüften Text zurück, verbessert ihn laut der Vorschläge und lässt die Prüfer nochmal ran. Erst dann geht der übersetzte Text an die Auftraggeber zurück.

 

Kaschu-Bäume

Bei dem Seminar sitzt neben Gisela Holtz Gabi Zehe, eine der Prüferinnen der leichten Sprache. „Das ist schwer, mehrere Menschen lesen den Text und verstehen vieles immer noch nicht. Wir müssen mutig sein und offen zugeben, wenn etwas unverständlich ist. Das unterstreichen wir dann und diskutieren, wie es besser gemacht werden kann. Viele Texte haben Bilder als Unterstützung beispielsweise war neben einen Absatz über Kaschu-Bäume ein Baum, und wir wussten immer noch nicht, was dieses Kaschu bedeutet“, erinnert sich Gabi. „Als dann endlich die Nüsse als Bild daneben kamen, und wie man das Wort ausspricht, war endlich alles klar“.

Texte in leichter Sprache können älteren Menschen, Ausländern, Menschen mit Lernschwierigkeiten, Schulklassen und vielen anderen dabei Helfen beispielsweise eine Ausstellung im Museum zu verstehen.

Manuela Leibig

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