Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Minderheit mit einem Abgeordneten

Ryszard Galla bleibt auch in den kommenden vier Jahren Abgeordneter der Deutschen Minderheit. Foto: R. Urban

 

Mit dem Ziel im neuen polnischen Parlament zwei Abgeordnete und einen Senator zu stellen, ging die deutsche Minderheit in den Wahlkampf. Am Ende muss sie sich nach dem 13. Oktober mit einem Abgeordneten zufrieden geben, was bei der hohen Wahlbeteiligung und der Polarisierung der Gesellschaft trotzdem als Erfolg gewertet kann.


 

Alter und neuer Abgeordneter der deutschen Minderheit ist Ryszard Galla, der mit 13.957 Stimmen sein Ergebnis von vor vier Jahren (9623) weit übertroffen hat. Auch die gesamte Liste der Minderheit erhielt im Gegensatz zu den Wahlen 2015 mehr Stimmen: damals waren es 27.530 Stimmen, am vergangenen Sonntag stimmten über 32.094 Wähler für die deutsche Minderheit.

 

Besitzstand gehalten

Die Mehrstimmen führten allerdings nicht zu einer prozentualen Erhöhung im Vergleich zu den anderen Wahlkomitees, denn wie die staatliche Wahlkommission bestätigte, machten die erhaltenen Stimmen für die Minderheit lediglich 7,9% aus. Somit verlor die Minderheit im Vergleich zum Jahr 2015, als sie 8,14% der Stimmen erhielt. Der eine Abgeordnetenposten wurde aber erreicht, was zwar vom angepeilten Ziel der Minderheit entfernt ist, trotzdem aber als Erfolg angesehen werden kann. Denn noch vor Wochen prophezeiten vor allem Vertreter der Partei Recht und Gerechtigkeit, dass es für die Minderheit schwer werden könnte, diesen einen Platz im Sejm zu halten, da sich viele bisherige Wähler der deutschen Minderheit nun für die Regierungspartei entscheiden würden, meinte u.a. Katarzyna Czochara, alte und neue Sejmabgeordnete der PiS aus der Oppelner Region.

 

Auch der Oppelner Politikwissenschaftler Dr. Grzegorz Balawajder sieht den einen Abgeordneten als Sieg an.”Man kann das Ergebnis natürlich aus der Perspektive der eigenen Ziele betrachten und dann sieht es nicht besonders gut für die Minderheit aus. Die Wahlen am Sonntag standen aber unter dem eindeutigen Zeichen der Polarisierung zwischen der regierenden PiS und der Oppositionspartei Bürgerkoalition (KO). Zwischen diesen zwei großen Gruppierungen ist es für ein lokales Komitee dann schwer zu bestehen. Den Besitzstand zu halten, ist also auf jeden Fall als Erfolg zu werten”, sagt Dr. Balawajder.

 

 

Kein Senator

Der Polarisierung in der Politik sei es auch geschuldet, dass die deutsche Minderheit keinen eigenen Senator stellt, meint Grzegorz Balawajder. “Noch mehr als beim Sejm sieht man bei der Senatswahl, dass die Menschen vor allem zwischen PiS und KO gewählt haben. Die Befürworter der heutigen Opposition haben dann die Kandidaten gewählt, die im Vorfeld schon als stärkere und erfolgversprechendere Gegner der PiS galten”, meint Dr. Balawajder. Daher konnten sich auch die beiden Kandidaten der deutschen Minderheit – Rafał Bartek und Roman Kolek – trotz relativ vieler Stimmen letztendlich nicht durchsetzen. Hier wird die deutsche Minderheit für die Zukunft gewiss entscheiden müssen, ob sich eigenständige Senatskandidaten überhaupt noch Chancen ausrechnen können, oder ob nicht doch eine Zusammenarbeit mit anderen Gruppierungen ins Auge gefasst werden sollte. Dies sollte bei diesen Wahlen bereits geschehen, jedoch verlor Roman Kolek die Unterstützung der Bürgerkoalition in seinem Wahlkreis, nachdem Rafał Bartek im Kreis 52 offiziell gegen Dantua Jazowiecka von der KO angetreten war.

 

 

Ryszard Galla bleibt auch in den kommenden vier Jahren Abgeordneter der Deutschen Minderheit.
Foto: R.Urban

 

Neues Parlament

Durch die offenkundige Polarisierung zwischen den beiden großen Parteien und die Aktivität der kleineren Gruppierungen, zu denen die ultrarechte Konfederacja und die ins Parlament zurückkehrende sozialdemokratische SLD zählen, bewegte sich am vergangenen Sonntag auch sichtbar die Wahlbeteiligung in Polen. Bei diesen Wahlen ist sie im Vergleich zum Jahr 2015 von 50,92% auf 61,16% gestiegen, wodurch auch die Minderheit trotz Stimmenzuwachs einen Rückgang bei der prozentuellen Zustimmung hinnehmen muss.

 

Für den Politikwissenschaftler Dr. Grzegorz Balawajder ist der Zuwachs auch mit verantwortlich für den hohen Wahlsieg der Partei Recht und Gerechtigkeit. “Bei den Wahlen in Polen ist in den letzten Jahren deutlich geworden, dass die Beteiligung bei etwa 50% liegt. Zu den Nichtwählern gehören solche, die niemals zur Wahl gehen, sowie solche, die sich eventuell in letzter Minute für einen Urnengang entscheiden. Diese unentschlossenen Wähler sind dann allerdings oft geneigt, der in den Umfragen siegenden Partei ihre Stimme zu geben. So war es womöglich auch in diesem Fall”, sagt Balawajder.

 

Nach den veröffentlichen Endergebnissen regiert in den kommenden Jahren die Partei Recht und Gerechtigkeit allein und kann sich über 43,59% der Stimmen freuen. Die größte Oppositionspartei Bürgerkoalition kam auf 27,40% der Stimmen, die Sozialdemokraten auf 12,56%. Im neuen Sejm sind auch von Vertreter der Bauernpartei mit 8,55% sowie, als neue Gruppierung, die Konföderation Freiheit und Unabhängigkeit, die auf knapp 6,81% der Stimmen kam. Ryszard Galla bleibt in den nächsten vier Jahren einziger Vertreter einer nationalen und ethnischen Minderheit im Sejm.

Rudolf Urban


Ergebnisse der Kandidaten des Wahlkomitees Deutsche Minderheit zum Sejm (nach Angaben aus 91% der Wahllokale):

Ryszard Galla – 13957

Zuzanna Donath-Kasiura – 3183

Józef Swaczyna – 3135

Bernard Gaida – 1149

Edyta Gola – 1232

Zygfryd Steuer – 572

Norbert Rasch – 1679

Joanna Hassa – 283

Kryspin Cieplik – 539

Mirosław Lasar – 557

Anna Kasprzyk – 345

Aleksander Sachanbinski – 540

Bogna Lewkowicz – 255

Joachim Świerc – 384

Maria Koschny – 279

Rafał Magosz – 256

Krystyna Rychlik – 295

Sebastian Gerstenberg – 612

Julita Widera – 376

Bernard Groeger – 544

Norbert Hober – 538

Stefan Szłapa – 699

Brygida Labisz – 308

Jan Pankala – 377

 

 

Ergebnisse der Kandidaten des Wahlkomitees Deutsche Minderheit zum Senat (unbestätigte Endergebnisse):

Rafał Bartek (Wahlkreis/okręg 52) – 18917

Roman Kolek (Wahlkreis/okręg 53) – 30221

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