Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Nahrung für die Seele

Pfarrer Wolfgang Globisch ist im Bistum Oppeln bekannt, war er doch der erste Minderheitenseelsorger in der Region und hat diese nicht nur aufgebaut, sondern auch maßgeblich beeinflusst. Auf Zweisprachigkeit setzte er aber nicht nur im Gottesdienst. Sein zweites Werk, die Caritas-Bibliothek, sollte helfen, Deutsche und Polen zu vereinen.

Auf seine sanfte, aber bestimmte Art setzte sich Wolfgang Globisch als junger Geistlicher bereits Mitte der 60er-Jahre, gerade einmal zwei Dekaden nach Kriegsende, für die deutsch-polnische Aussöhnung ein. 1965 nahm er Kontakt zur deutschen „Aktion Sühnezeichen“ auf und begleitete damals die erste Gruppe von deutschen Friedensdienstleistenden mit dem Fahrrad von Görlitz zum KZ Auschwitz.
Zwanzig Jahre später, als der Sozialismus in Polen sich seinem Ende zuneigte, die Menschen daher auf Hilfe unterschiedlichster Art von außen angewiesen waren, waren es die deutsch-polnischen Kontakte von Pfarrer Globisch, die er als Unterstützung für seine „Schäfchen“ in der Pfarrgemeinde Colonnowska und anderen Teilen der Region nutzen konnte.

 

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Caritas

„Wir haben damals schon mit den deutschen Pfarrgemeinden Hochdahl und Düren zusammengearbeitet. Von dort kamen Hilfen, die wir hier in der Region verteilt haben. Eines Tagen kam sogar ein Transport mit 10 Tonnen Margarine, die wir so verteilt haben, dass jeder Bewohner der Umgebung von Colonnowska etwas abbekommen hatte“, erinnert sich heute Wolfgang Globisch.

Ende der 80er Jahre gab es dann auch erste Besuche der Oberschlesier in den deutschen Partnergemeinden. Bei einem von ihnen reiste eine Delegation nach Bonn, um über eine reguläre Hilfe zu sprechen. „Unterstützung wurde uns von einem der Ministerien zwar zugesagt, doch musste sie über eine Mittlerorganisation laufen. So kamen wir mit der Caritas in Deutschland ins Gespräch, woraus eine gute Zusammenarbeit erwachsen ist“, sagt Prälat Globisch.

Als die Lebensmittel- und Medizintransporte zu Ende gingen, hörte die Zusammenarbeit aber nicht auf. Denn der Mensch braucht auch Nahrung für die Seele. So entstand die Idee der Caritas-Bibliotheken. „Dabei waren die Borromäus-Bibliotheken unser Vorbild. Bis 1945 gab es in jeder Pfarrgemeinde so eine Bibliothek. Ich fand vor Jahren sogar ein Dokument des Breslauer Kardinals Bertram, der die Geistlichkeit darin ermahnt hat, es muss diese Bibliotheken geben“, erzählt Pfarrer Globisch.

 

Bücherbus

Zu den Caritas-Bibliotheken bei den Pfarrgemeinden kamen kurze Zeit später die Bücherbusse hinzu, die seitdem die Menschen mit deutscher und polnischer Literatur versorgt haben. „Einer war in Groß Stanisch in der Gemeinde Colonnowska stationiert, der andere zunächst in Groß Döbern, dann in Broschütz, in der Gemeinde Walzen. Aber sie fuhren nicht nur die nähere Umgebung ab, sondern machten auch längere Touren, um so viele Menschen wie möglich zu erreichen“, erinnert sich Pfarrer Globisch.
Mit der Zeit wurde die Hilfe von der deutschen Caritas und anderen Sponsoren immer größer, sodass, wieder nach dem Beispiel der Borromäus-Bibliotheken, eine Zentrale in Oppeln aufgebaut werden musste. Im Jahr 2000 war es dann soweit: die Caritas-Bibliothek wurde in der ul. Szpitalna der Woiwodschaftshauptstadt eingeweiht. „Aber die Caritas-Bibliotheken vor Ort haben damit nicht an Bedeutung verloren, sie wurden nur mancherorts nach Absprache mit den öffentlichen Büchereien ein Teil dieser, sodass weiterhin vor Ort deutsche und polnische Literatur ausgeliehen werden kann“, sagt Pfarrer Globisch.

 

Ein Stück Geschichte

Seine Tätigkeit als Direktor der Caritasbibliothek, die heute Eichendorff-Zentralbibliothek heißt, legte Pfarrer Wolfgang Globisch im Jahr 2010 nieder, nachdem die Bibliothek längst nicht mehr nur Bücher ausgeliehen hatte, sondern mit Literatur- und Liederabenden sowie Bibliotheksworkshops und vielem mehr eine breite Kulturarbeit leistete.
Nun, im 88. Lebensjahr, schaut er noch einmal auf die Arbeit für die Bibliothek und die Caritas zurück. So entstand das Buch „Wundersam sind die Wege Gottes“ (poln. „Przedziwne są Drogi Pańskie“), in dem Pfarrer Globisch nicht nur den Weg von den ersten Hilfen aus Deutschland bis zur heutigen Zentralbibliothek nachzeichnet, sondern diesen sowohl mit vielen Quellen als auch kritischen Bemerkungen versieht.

Die erste Präsentation fand am Mittwoch letzter Woche in Colonnowska statt, wo alles begonnen hatte. In das dortige Kulturzentrum kamen die Einwohner der Gemeinde, um mit ihrem ehemaligen Ortspfarrer noch einmal in Erinnerungen zu schwelgen. Es war aber auch ein guter Anlass, Prälat Wolfgang Globisch am Tag vor seinem 65. Priesterjubliläum zu gratulieren.

Rudolf Urban

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