Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Aufrichtig bleiben

 

Noch bis in das kommende Jahr ist Cornelia Pieper Generalkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Danzig. Uwe Hahnkamp sprach mit ihr über ihr Leben als Diplomatin in Polen und über ihren Weg dorthin.

 

Zu Besuch in Sorquiten am 29. November 2019: Generalkonsulin Cornelia Pieper mit WiktorMarek Leyk, Beauftragte für nationale Minderheiten des Marschalls von ErmlandMasuren (rechts) sowie Pastor Fryderyk Tegler, Vizevorsitzende des Vereins „FreundeMasurens“ (links). Foto: Uwe Hahnkamp

 

Frau Generalkonsulin, wie war Ihre erste Begegnung mit Polen?

Das war 1981, als ich als Studentin der polnischen Philologie nach Warschau wechselte, mitten in den dortigen Studentenstreik. Auch die Professoren trugen stolz das Abzeichen der Solidarność und einer von ihnen sagte damals „Wir Polen gehen heute für unsere Freiheit auf die Straße und in zehn Jahren fällt die Berliner Mauer.“ Ich antwortete „Das wäre ein Traum, allein, mir fehlt der Glaube.“ Und doch ist es so gekommen. Dem Mut der Polen haben wir viel zu verdanken.

 

 

Wie haben sich die politischen Änderungen 1989-1990 auf Sie ausgewirkt?

Zuerst muss ich sagen, dass mich die Generation, die vor dem Krieg geboren
wurde und sich danach engagiert hat, stark geprägt hat. Ein Beispiel ist Władysław Bartoszewski, mit dem ich als Koordinatorin der Bundesregierung für deutsch-polnische Beziehungen sehr viel zu tun
hatte. Er hat einmal gesagt: „Es lohnt sich, aufrichtig zu bleiben. Es ist ein großer Wert, wenn
man sich morgens beim Rasieren noch selbst ins Gesicht schauen kann, ohne zu erschrecken.“
Das war und ist ein gutes Motto: aufrichtig zu sein und sich einzusetzen. Ich war damals glücklich,
dass die Mauer gefallen war und über den Gewinn an Freiheit und ich habe gesagt, da packe ich
jetzt mit an, ich will mein Land mit aufbauen.

 

 

Warum sind Sie in die Politik gegangen?

Ich schätze diese Freiheit, die damals gewonnen wurde und wollte meinem Land Sachsen-Anhalt und Deutschland etwas zurückgeben durch mein politisches Engagement. Außerdem bekommt man ja auch viel, besucht zum Beispiel kostenlos die Schule oder in Sachsen-Anhalt auch die Universität. Bestärkt hat mich in diesem Schritt der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der wie ich aus Halle kam. Meine Zweifel an meinen Fähigkeiten wischte er mit einem Lachen beiseite und sagte: „Wir haben doch schon so viele Juristen im Bundestag, […] wir brauchen noch Menschen mit normalem Sachverstand und Beruf.“

 

 

Sie kamen aus der Politik zum Generalkonsulat in Danzig und nicht aus der Diplomatie. War das eher positiv oder negativ?

Beides unterscheidet sich nicht großartig, als Diplomatin ist man aber zurückhaltender im Auftritt. Ich habe natürlich von meinen politischen Erfahrungen im Amt profitiert und es hilft, wenn man Netzwerke in der Politik hat und kennt. Wenn man weiß, wie man agiert, um bestimmte Projekte zu verwirklichen. Manches fällt einem leichter, als wenn man aus einer Amtsstube kommt.

 

 

Was waren traurige, was fröhliche Erlebnisse in Ihrer Zeit in Danzig?

Das traurigste Erlebnis war der Mord an Paweł Adamowicz, da ich eng mit ihm befreundet
war und auch seine Familie kenne. Er gehörte zu meinen Beratern für die deutsch-polnischen
Beziehungen und hat mich selbst immer wieder um Rat gefragt. Es hat mich emotional sehr
hart getroffen und mir stockte der Atem und fast auch das Herz, als ich davon erfuhr.
Auf der anderen Seite liebe ich es, in bilinguale Kindergärten zu gehen, die jüngsten Polen deutsch und die jüngsten Deutschen polnisch sprechen zu hören. Da merkt man, dass die deutsch-polnischen Beziehungen eine Herzenssache sind. Ich glaube, wir tun gut daran, auch sehr viel in die Köpfe junger Menschen zu investieren.

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