Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Das Rathaus zahlte 1.000 Złoty pro Stunde!

Ein Vergleich zwischen Grabungen von Andrzej Latusek (links) und der Stiftung „Brücke” (rechts) Foto: Łukasz Biły.
Ein Vergleich zwischen Grabungen von Andrzej Latusek (links) und der Stiftung „Brücke” (rechts) Foto: Łukasz Biły.

So viel verdienen der polnische Staatspräsident und die Premierministerin zusammengenommen nicht: Die Stadt Oppeln bezahlte kürzlich 9.000 Złoty für eine Überprüfung der Erde unter dem nicht zustande gekommenen Hundepark an der ul. Wrocławska im Hinblick auf mögliche Gräber. So viel Geld kostete es, ein paar Gruben auszuheben und noch am selben Tag wieder zuzuschütten. Es sind allerdings nicht die einzigen Zweifel an den Grabungen.

 

Die Arbeiten unter dem geplanten Hundepark unweit eines alten Oppelner Friedhofs übernahm die von unserem Rathaus beauftragte Stiftung  „Brücke”, obwohl bereits vor zwei Jahren der schlesische Archäologe Andrzej Latusek darauf hingewiesen hatte, dass sich dort möglicherweise Überreste deutscher Soldaten befinden. Die Arbeiten wurden in Auftrag gegeben, nachdem bei der Vorbereitung des Areals für einen Hundeauslauf alte Friedhofskennzeichnungen sowie Grabsteine gefunden wurden. Wie uns Stadtbeamte Ende Juni mitteilten, würden die Ausgrabungen der „Brücke” drei bis vier Tage dauern. Zwar begannen die Arbeiten planmäßig – am Dienstagvormittag, 21. Juni – doch bereits tags darauf wurde das umzäunte Gelände, das zu einem Hundepark werden sollte, so gut wie nicht mehr angerührt. Wie wir aus Aussagen von vor Ort anwesenden Zeugen erfuhren, hatten die beiden Mitarbeiter der „Brücke” und der Baggerfahrer noch am selben Tag in den Abendstunden ihre Arbeit beendet.

 

Was wurde gefunden?

 

Was haben die Vertreter der Stiftung finden können? Sie beschränkten sich bei ihrer Arbeit zwar darauf, einige wenige Gruben auszuheben, doch bereits in der ersten davon fand man Spuren, die darauf hindeuteten, dass es dort einmal Särge gab. Die Spuren bestätigten sich auch an allen weiteren Stellen, wo gegraben wurde. Die regelmäßig angeordneten Muster waren ein Hinweis darauf, dass dies einmal ein Friedhofsteil war, wo Menschen aus der Stadt begraben wurden. Den Fund bestätigen alte Landkarten, die eindeutig zeigen, dass das Gelände, auf dem das Rathaus einen Hundepark einrichten wollte, in der Vergangenheit Friedhofsgelände war. Die Sprecherin des Stadtpräsidenten von Oppeln, Katarzyna Oborska-Marciniak, legt aufgrund der freigelegten Hinweise nahe, dass die entdeckten Gräber möglicherweise Heimkehrern aus dem Osten gehörten, die kurz nach Erreichen der Stadt im Jahr 1945 gestorben waren.

 

Kein Kommentar

 

Eine Antwort auf die Frage, ob die regelmäßigen Gräber der einzige Fund im Gelände des Hundeparks waren, war leider nicht zu bekommen. Die „Brücke”-Mitarbeiter untersagten dem Vertreter unserer Redaktion unter dem vorschützen einer vermeintlichen Vertragsklausel das Betreten des Grabungsgeländes, obwohl man – nach Zeugenaussagen – mehrere Male andere Unbefugte dort hereingelassen hatte. Bei einem Blick auf die Grabungen entsteht zudem leicht der Eindruck, dass es sich dort um gewöhnliche Bauarbeiten handelt. Die Mitarbeiter der Stiftung hatten keinerlei Spezialkleidung. Während Andrzej Latusek seine Grabungen stets in Handschuhen und einem Arbeitsanzug durchführt, waren die Brücke-Entsandten mit bloßen Händen (sic!) am Werk und trugen dabei mit Ausnahme des Baggerfahrers jeweils ein T-Shirt und ein kurzärmeliges Hemd.

 

Als wir Andrzej Latusek von der Art und Weise der Grabungen der Stiftung „Brücke” berichten, sagt er, man könne durch das Ausheben einiger weniger Gruben an verschiedenen Stellen des Geländes an der ul. Wrocławska unmöglich feststellen, welche Überreste sich dort genau befinden. Die einzige Methode wäre gewesen, die Grabungen streifenweise durchzuführen und so das Gelände gründlich zu erkunden. Auf diese Weise konnte Latusek im Auftrag des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge hunderte von Überresten deutscher Soldaten in der Woiwodschaft Oppeln finden. Der Volksbund hatte dies jeweils komplett finanziert.

 

Illegale Arbeiten?

 

Warum also hat Andrzej Latusek die Ausgrabungen nicht für das Rathaus übernommen? Er hatte sich zwar mit einer solchen Bitte an die Stadt gewendet, doch sie wurde vor einem Jahr abgelehnt. Katarzyna Oborska-Marciniak behauptet zudem, Latusek habe nicht im Hundepark graben wollen, sondern auf einem Kinderspielplatz auf der anderen Straßenseite der ul. Niemodlińska. Die Korrespondenz Latuseks mit der Stadt Oppeln und dem Oppelner Woiwodschaftsamt aus den Jahren 2014 und 2015 zeigt jedoch eindeutig, dass es um das Gelände an der ul. Wrocławska ging.

 

Ein letzter Aspekt der Grabungen ist allerdings besonders kontrovers. Es besteht nämlich der Verdacht, dass das Rathaus die Ausgrabungen illegal (!) in Auftrag gegeben hat. Wie das polnische Soldatengräbergesetz hinweist, ist bei Arbeiten in einem Friedhofsgelände, auch wenn es sich um stadteigene Grundstücke handelt, grundsätzlich eine Zustimmung des Woiwoden der jeweiligen Region zwingend erforderlich: „Von uns hat die Stadt eine solche Zustimmung nicht erhalten“, sagt die Minderheitenbeauftragte des Oppelner Woiwoden, Bożena Kalecińska. Eine entsprechende Genehmigung lag Andrzej Latusek hingegen noch 2014 vor.

 

Das Rathaus hat es zudem versäumt, die Denkmalbehörde der Woiwodschaft Oppeln von den Grabungen in Kenntnis zu setzen. Dies sei laut Alina Wilczyńska von der Denkmalbehörde zwar „nicht notwendig”, doch „eine gute Sitte gebietet es, dass wir davon wissen sollten”. Über den Fall wisse die Denkmalbehörde stattdessen nur aus den Medien Bescheid.

 

Auf das Thema der Ausgrabungen an der ul. Wrocławska kommen wir sicherlich noch zurück.

 

Łukasz Biły

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