Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Ein Heiliger „für unsere Zeit”

In Leschnitz ritt der Heilige Martin sogar in den kleinen Festsaal ein Foto: SKGD Leschnitz.
In Leschnitz ritt der Heilige Martin sogar in den kleinen Festsaal ein Foto: SKGD Leschnitz.

Kaum ein Feiertag ist in den Reihen der deutschen Minderheit so beliebt wie der am 11. November begangene Martinstag. Während sich die einen dabei auf süße Hörnchen und die charakteristischen Lampions der Kinder konzentrieren, sehen andere darin ein wichtiges Symbol unserer Zeit.

 

Die Feierlichkeiten zum Martinstag fanden wie jedes Jahr in vielen Ortsgruppen der Deutschen Minderheit (DFK) in den Woiwodschaften Oppeln und Schlesien statt. Traditionsgemäß veranstalten die DFKs etwa mit Einbruch der Dunkelheit Lampionumzüge, an deren Spitze sich ein Reiter zu Pferde und in einem roten Mantel als Abbild des Heiligen Martins befindet. Das Fest knüpft an die Legende von einem r;mischen Offizier an, der seinen Mantel mit einem Armen geteilt hat. Nach dem Umzug durch die jeweilige Ortschaft bieten die Veranstalter meistens Kulturauftritte in einem kleinen Saal oder in der Kirche nebst der Verkostung der traditionellen „Martinshörnchen” an.

 

In manchen Ortschaften lockt das Martinsfest ganze Familien zum gemeinsamen Umzug. So ist das z.B. schon seit Jahren im Ratiborer Stadtteil Studen: „Unser verstorbener Vorsitzender, Herr Przybyła, hat uns, als er bereits sehr krank war, das Versprechen abgenommen, dass wir den Martinstag nie vergessen werden“, erzählt die dortige DFK-Chefin Urszula Lamla beim mittlerweile 16. Martinsfest in Folge, das in dem Stadtteil stattfindet. Wie Lamla bemerkt, lockt der Martinszug von Jahr zu Jahr immer mehr Gäste an. Das Traditionsfest sei dabei eng mit dem deutschen Kulturkreis verknüpft: „Wir Deutschen müssen solche Traditionen pflegen“, betont die Aktivistin.

 

„Dieses Fest gefällt ganz besonders den Kindern. Sie lieben die bunten Lampions, die so schön in der Abenddämmerung leuchten“, sagt der Chef der Deutschen Minderheit in Reinschdorf Tomasz Kandziora. Während in Studen der Kulturteil in einem kleinen Saal stattfindert, hat man in Reinschdorf wie jedes Jahr in der Kirche gefeiert.

 

Auch wenn vor einiger Zeit in Deutschland heftig darüber diskutiert wurde, dass dieser Tag womöglich Angehörige einer anderen Religion wie z.B. Moslems diskriminieren könnte, und manche sogar eine Umbenennung zu „Fest der Sonne, des Mondes und der Sterne” in Erwägung zogen, kann sich in den beiden Ortschaften, wie auch in vielen anderen in Oberschlesien, niemand einen November ohne diese Tradition vorstellen. „Gerade angesichts dessen, dass wir heute in einer Zeit der Koexistenz mit Flüchtlingen leben, gewinnt der Martinstag in unserer Form ganz besonders an Bedeutung. Der Heilige Martin war ein Mensch, der ein eigenes Gut opferte, um einem Bedürftigen zu helfen. Er ist also gegenwärtig ein besonders wichtiges Vorbild für uns alle“, resümiert Tomasz Kandziora.

 

Łukasz Biły

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