Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Gute gemeinsame Vergangenheit

Paul Löbe war deutscher Reichstagspräsident, Chefredakteur der Breslauer sozialdemokratischen „Volkswacht” und während des Zweiten Weltkrieges Häftling im KZ-Groß-Rosen. Am 15. Dezember 2018 wurde in Liegnitz, an der Stelle, an der einmal Paul Löbes Geburtshaus stand, zwei Gedenktafeln in polnischer und deutscher Sprache enthüllt. Für das würdige Gedenken an Paul Löbe in seiner Heimatstadt Liegnitz hat sich seit mehreren Jahren die Berliner Geschichtswerkstatt eingesetzt.

 

Die zweisprachigen Tafeln zum Gedenken an Paul Löbe
Foto: Jürgen Karwelat

 

„Die Idee an Paul Löbe in Liegnitz zu erinnern, kam mir während eines Weihnachtsspaziergangs durch Liegnitz mit meiner Frau vor einigen Jahren“, sagt Jürgen Karwelat von der Berliner Geschichtswerkstatt. Der Verein macht seit 1981 Forschungen, Publikationen, Ausstellungen, Führungen, Sammlungen und Veranstaltungen zur Berlin-Geschichte. Schwerpunkte sind Nationalsozialismus, Frauengeschichte, Biographieforschung, Minderheiten. Im Sommer veranstaltet der Verein beliebte „Historische Stadtrundfahrten mit den Schiff“ über Spree und Landwehrkanal und vermittelt auf diese Weise Berliner und deutsche Geschichte. Jürgen Karwelat war ein Gedenken an Paul Löbe in dessen Heimatstadt zuletzt auch deswegen wichtig, weil er selber einen persönlichen Bezug zu Schlesien hat. „Meine Mutter wurde 1925 in Militsch (Milicz) in Niederschlesien geboren, von wo die Familie im Januar 1945 flüchtete. Seit etwa zehn Jahren bin ich regelmäßig in Militsch und anderen Gegenden von Schlesien“, sagt Jürgen Karwelat.

 

 

Ein langer Weg

Um die Idee für eine Paul-Löbe-Gedenktafel umzusetzen, musste erst einmal Unterstützung vor Ort gefunden werden. „Ich wandte mich mit dem Anliegen an Herrn Jürgen Gretschel, den Chef der Liegnitzer Deutschen, der geholfen hat zu ermitteln, wo genau das Geburtshaus von Paul Löbe stand, er fand im Archiv die Geburtsurkunde von Löbe. Er hat mich auch mit Alfred Theisen kontaktiert, der wiederum in unserem Namen mit dem Stadtpräsidenten gesprochen hat, der auf die Idee positiv reagierte“, so Jürgen Karwelat. Die Weichen für das Vorhaben warden somit gestellt. Doch bis zur Anbringung der zweisprachigen Tafeln am 15. Dezember 2018 war es noch ein langer Weg. „Wir haben vor allem die polnische Bürokratie unterschätzt. Zuerst dachten wir sogar daran ein Denkmal aufstellen zu lassen, doch darüber hätte das Liegnitzer Stadtparlament entscheiden müssen, was wohl noch länger gedauert hätte. Sowieso sind anderthalb Jahre vergangen bis wir alle nötigen Genehmigungen bekommen haben“, so Karwelat. Eigentlich wollten die Deutschen nämlich die Tafel zum 50. Todestag von Paul Löbe Anfang 2017 anbringen lassen. Finanzielle Unterstützung kam von SPD-Abgeordneten. Besonders die SPD-Abgeordnete Mechthild Rawert (bis 2017 im Bundestag) setzte sich engagiert dafür ein, die nötigen Mittel aufzutreiben. Der Großteil der Gelder kam aber vom Bundestagspräsidenten Dr. Gerhard Schäuble und dem Bundesvorstand der SPD.

 

Paul Löbe
Foto: Wikipedia

 

Seiner Zeit voraus

„Die Feierlichkeit fand genau einen Tag nach Paul Löbes Geburtstag, der am 14. Dezember 1875 geboren wurde, statt. Wir feierten praktisch durch die Tafelanbringung seinen 143. Geburtstag“, sagt Jürgen Karwelat. An der Tafelenthüllung nahmen Mechthild Rawert, VdG-Präsident Bernard Gaida, der Liegnitzer Vizestadtpräsident Krzysztof Duszkiewicz und der deutsche Generalkonsul in Breslau, Hans Jörg Neumann, teil. In den kurzen Reden wurde besonders hervorgehoben, dass Paul Löbe schon in den 1920er-Jahren transnational gedacht hat und sich für die “Vereinigte Staaten von Europa” einsetzte. „Paul Löbe stand für Demokratie und Völkerverständigung. Er hat auch nach der Verständigung zum Nachbarland Polen gesucht. Er verkörpert die gute gemeinsame deutsch-polnische Vergangenheit“, so Jürgen Karwelat.

 

Anna Durecka

 

Die zweisprachigen Tafeln zum Gedenken an Paul Löbe
Foto: Jürgen Karwelat

Paul Löbe
Foto: Wikipedia

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