Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Jüdisches Leben an der Oder

Über jüdisches Leben in der Oder-Region erzählt eine Ausstellung in Oppeln. Sie ist deshalb besonders sehenswert, weil sie erstmals die Oder als Lebens- und Wirkensraum der jüdischen Bevölkerung in den Mittelpunkt stellt.

 

Wegen Corona nur wenig Besucher. Die Vernissage konnte im Internet verfolgt werden. Foto: Marie Baumgarten

Selbst das Jüdische Museum in Berlin, aber auch das Museum der Geschichte der polnischen Juden in Warschau, Polin, können damit nicht aufwarten, sagt die Kuratorin der Ausstellung, Magdalena Gebala vom Deutschen Kulturforum Östliches Europa. Sie war per live-Chat zur Vernissage am 8. Oktober zugeschaltet und erinnerte daran, dass die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Oppeln von der jüdischen Bevölkerung maßgeblich mitgeprägt wurde.

 

Sichtbares Symbol der jüdischen Emanzipation dieser Zeit waren die zwei im 19. Jahrhundert errichteten Synagogen. Die alte Synagoge in der Hospitalstraße, heute ulica szpitalna und die neue Synagoge in der Hafenstraße, heute ulica Piastowska. „Beide Gotteshäuser wurden und werden heute europa-, wenn nicht weltweit mit Namen prominenter Theologen wie Leo Baeck und Max Wiener verbunden.“

 

Marek Witek, der Beauftragte der Oppelner Woiwodschaft für Kulturvielfalt, mahnt zur Wachsamkeit, damit Ausgrenzung und Diskriminierung keine Chance haben. Live zugeschaltet war kuratorin Magdalena Gebala.
Foto: Marie Baumgarten

 

Leo Baeck und Max Wiener machten aus Oppeln einen Vorposten des liberalen Judentums in Oberschlesien und schlossen es an den modernen theologischen Diskurs in Städten wie Breslau und Berlin an. Die blühende jüdische Kultur aber fand durch den Nationalsozialismus ein jähes Ende. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden weite Abschnitte der Oder zur deutsch-polnischen Grenze und die deutsche Bevölkerung wurde aus den Regionen östlich des Flusses vertrieben. Polen fanden hier eine neue Heimat und für kurze Zeit schien es, dass in Niederschlesien und Pommern jüdisches Leben wieder heimisch werden könnte. Mehrere Zehntausend polnisch-jüdische Holocaustüberlebende siedelten sich hier an, doch die meisten wanderten bis Ende der 1960er Jahre wieder aus. Die jahrhundertelange Anwesenheit von Juden an der Oder fiel dem Vergessen anheim, ihre Spuren wurden oft zerstört. „Die Ausstellung zeigt uns auch, woran wir immer denken sollten: dass die jüdische Bevölkerung nicht die einzige ist, die von einem solchen Schicksal getroffen wurde. Und dass es bei der jüdischen Bevölkerung nicht geendet hat“, mahnt Marek Witek, der Beauftragte der Oppelner Woiwodschaft für Kulturenvielfalt, der ebenfalls die Vernissage besuchte.

 

Die Ausstellung „Im Fluss der Zeit. Jüdisches Leben an der Oder“ kann noch bis Ende Oktober im Oppelner Marschallamt besichtigt werden. Mehr Informationen im Internet unter www.kulturforum.info

Marie Baumgarten
BU: Die Ausstellung im Oppelner Marschallamt eröffnete Zuzanna Herud von der Oppelner Deutschen Minderheit (SKGD). Live zugeschaltet war Kuratotin Magdalena Gebala. Foto: Marie Baumgarten

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