Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Theorie und Praxis klaffen auseinander

Bei einem gestrigen Treffen mit Experten des Europarates in Warschau ging es um den 3. Bericht der polnischen Regierung an den Generalsekretär des Europarates. Das Papier ist mit dem Datum 2019 versehen, daher hätte die Unterredung eigentlich schon im letzten Jahr stattfinden sollen, wurde aber wegen der Corona-Pandemie verschoben.

 

Dieser Umstand veranlasste den Vorsitzenden des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), Bernard Gaida, zu Beginn des Treffens zu der Feststellung, man habe es hier in Wirklichkeit mit einem Dokument von mittlerweile ein wenig historischer Bedeutung zu tun, denn das Datum 2019 ist der Zeitpunkt, an dem dieser Bericht versendet wurde, doch die darin enthaltenen Daten stammen aus den Jahren 2016, 2017 und bestenfalls 2018.

 

Veralteter Bericht

„Für uns ist dieser Bericht historisch, weil sehr viele negative Erscheinungen nach den jeweiligen Zeitpunkten aufgetreten sind. Deshalb habe ich zu Beginn meiner Äußerung betont, dass es uns in erster Linie um Bezugnahmen auf den gegenwärtigen Zustand geht und nicht auf den historischen, der im dritten Bericht beschrieben wird“, so Bernard Gaida. Die Anmerkung des VdG-Chefs fand großes Verständnis und wurde von der Expertenkommission akzeptiert, und de facto wurde anschließend genau darüber diskutiert und die Minderheitendelegationen berichteten dementsprechend und beantworteten die an sie gestellten Fragen. Nun soll die Expertenkommission auf der Grundlage des 3. Berichts sowie ihrer eigenen Einschätzung der Situation und Gesprächen mit Vertretern der jeweiligen Minderheiten einen eigenen Bericht für den Generalsekretär des Europarats erstellen.

 

Mniejszość Niemiecką w Polsce reprezentowali podczas spotkania z przedstawicielami Rady Europy Bernard Gaida, Ewa Stolz z VdG-Medien, Joanna Rasch z dwujęzycznej szkoły w Koźlu-Rogach oraz Sabina Reguła z Nidzicy.
Fot.: VdG

 

Schwäche des Systems

„Dieser wird dann dem sog. Ministerkomitee übergeben, das Empfehlungen für die polnische Regierung formulieren wird, und zwar ähnliche wie bisher, denn die Minderheitenpolitik in Polen hat sich in grundlegenden Fragen ja nicht geändert“, sagt Bernard Gaida und fügt hinzu: „Während des Treffens haben wir auf die Schwäche dieses Systems im Bildungsbereich hingewiesen, weil es durch die Lösungen, die in den Verordnungen oder sogar im Bildungsgesetz angenommen wurden, tatsächlich die praktische Umsetzung dessen verhindert, was laut der Charta realisiert werden sollte. Deshalb sollten Bildungseinrichtungen mit Deutsch als Unterrichtssprache dort eingerichtet werden, wo es eine deutsche Minderheit gibt. Denn zwar sind im polnischen Bildungssystem solche Einrichtungen vorgesehen, doch die gesetzlich Praxis führt dazu, dass sie dort nicht entstehen können“. Man kann also sagen, dass in Polen Theorie und Praxis auseinanderklaffen.

 

 Rozmowy z przedstawicielami Rady Europy w Warszawie.
Foto: VdG

 

Offensichtliche Abneigung

Zudem machte Bernard Gaida im Verlauf des Treffens auf die negative Atmosphäre rund um zweisprachige Bezeichnungen aufmerksam, worauf wir in unserem Wochenblatt auch schon eingegangen sind. Es ging dabei um eine Äußerung von Janusz Kowalski gegen zweisprachige Ortsschilder an Bahnhöfen. „Ich habe während des gestrigen Treffens deutlich gemacht, dass es sich dabei nur um eine negative Einstellung gegenüber Schildern mit einem zweiten Ortsnamen in deutscher Sprache handelt“, betont Bernard Gaida und ergänzt: „Ein Beweis dafür ist die Tatsache, dass die Anträge von vier Gemeinden, die Ortsschilder in polnischer und deutscher Sprache anstreben, noch immer im Ministerium liegen, während gleichzeitig kaschubische Ortsschilder akzeptiert, beschlossen und aufgestellt wurden“. Fazit: In diesem Fall scheint die Abneigung gegen Deutsche offensichtlich.

 

Krzysztof Świerc

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