Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Qualität für eine unsichere Zeit

Bernard Gaida
Bernard Gaida

Noch in den vorangegangenen Jahren sahen sich die Strukturen der deutschen Minderheit in Polen mit erheblichen Sorgen rund um ihre finanzielle Zukunft konfrontiert. Über die Ortsgruppen (DFK) in Schlesien und in anderen Regionen rollte das Gespenst, dass die Mittel für die laufende Tätigkeit 2017 ausgeschöpft sein könnten. Als Rettung erwies sich dabei die deutsche Bundesregierung, die bereits das zweite Jahr in Folge den benötigten Betrag gewährte.

 

Die gute Nachricht überbrachte der Deutschen Minderheit als Erster Klaus Brähmig MdB, Mitglied der Arbeitsgruppe für Vertriebene, Aussiedler und deutsche Minderheiten der CDU/CSU. Da er auch im Finanzausschuss des deutschen Parlaments mitwirkt, konnte er in einer jüngsten Mitteilung über die erneute Gewährung von zwei Millionen Euro an Bundesmitteln für die Tätigkeit der Deutschen Minderheit in Polen informieren. Die Mittel sollen laut Brähmig vorrangig dazu dienen, die Stiftung für Entwicklung Schlesiens (SES) finanziell zu entlasten.

 

Erhebliche Befürchtungen

 

Noch vor Kurzem war die finanzielle Ungewissheit eine Hauptsorge der Deutschen in Polen. Die rund acht Millionen Złoty, welche die Strukturen der deutschen Minderheit für ihre laufenden Aktivitäten (vor allem Gehälter, Mietzinse und Bürotätigkeit, aber auch Projekte) benötigten, wurden seit den 1990er Jahren aus dem Kapital der SES finanziert. Die Stiftung wurde kurz nach der offiziellen Anerkennung der deutschen Minderheit dank Mitteln der deutschen Regierung gegründet. Das Geld sollte in verzinsliche Kredite investiert werden. Die Strukturen der Deutschen in Polen sollten wiederum aus den Gewinnen finanziert werden. Da der Finanzmarkt äußerst unvorhersehbar ist, waren die Einnahmen aus der Kreditverzinsung doch nicht so hoch wie anfangs erwartet. Infolgedessen und aufgrund der stets zunehmenden Aufgaben sah sich die Führung der Minderheit 2013 genötigt mitzuteilen, dass die Mittel für die Tätigkeit nur noch bis 2017 garantiert werden konnten. Was dies für die Strukturen bedeutet hätte, ist schwer zu sagen, mit Sicherheit aber hätte die intensive Projektarbeit und Personalpolitik nicht aufrechterhalten werden können und womöglich hätte man auch die Zahl der Begegnungsstätten reduzieren müssen.

 

Bundesrepublik kommt zu Hilfe

 

Die lautstarken Appelle der Minderheit vor allem an die Regierung der Bundesrepublik Deutschland wurden in Berlin erhört. Dank des Bemühens u.a. des deutschen Minderheitenbeauftragten Hartmut Koschyk konnte bereits Ende 2015 die Zusicherung für Zuwendungen in Höhe von etwa zwei Millionen Euro für das Jahr 2016 erwirkt werden. Damit konnten unsere Aktivitäten auf dem bisherigen Niveau aufrechterhalten werden. Auch wenn noch bei der Versammlung des Verbandes deutscher Gesellschaften (VdG) Mitte dieses Jahres der Vorsitzende Bernard Gaida vor übermäßigem Optimismus warnte, ist nun auch für 2017 eine ähnlich hohe Förderung gewährt worden. „Ich kann nicht mit voller Verantwortung sagen, dass die Deutsche Minderheit auch langfristig finanziell abgesichert ist. Der deutsche Bundeshaushalt wird ja für jedes weitere Jahr gesondert beschlossen. Dennoch freue ich mich, dass die Aktivitäten unserer Gruppe bereits zum zweiten Mal Anerkennung bei vielen Bundestagsabgeordneten gefunden haben. Denn es ist nicht nur eine interne Entscheidung des Bundesinnenministeriums, sondern eine auf der Ebene des Finanzausschusses“, kommentiert Gaida die gute Nachricht.

 

Finanzkarussell

 

Die Zielsetzung der deutschen Bundesregierung bei der Vergabe dieser Frischmittel – die Entlastung der SES – hat gewiss auch schon die Stiftung selbst zu spüren bekommen: „Wir konnten tatsächlich die Mittel einsparen, die wir in den vorangegangenen Jahren für die Finanzierung der Strukturen der deutschen Minderheit in Polen verwendeten. Es handelt sich dabei um Gelder in Höhe von etwa sieben Millionen Złoty“, räumt der Stiftungsvorsitzende Arnold Czech ein. Dass ab 2016 der deutschen Minderheit neue Geldmittel nicht nur für Projekte (wie es bereits in den vorangegangenen Jahren der Fall war), sondern auch für die Strukturen unmittelbar aus dem deutschen Bundeshaushalt gewährt worden sind, hat den Strukturen neben finanzieller Sicherheit aber auch einen Nebeneffekt in Gestalt einer kleinen Finanz-Revolution gebracht. Während es in den vorangegangenen Jahren die Stiftung war, die die Deutschen in Polen auch logistisch unterstützte, hat seit diesem Jahr der VdG einen erheblichen Teil dieser Aufgaben übernommen. Aufgrund des nun erhöhten Arbeitsaufwands hat der VdG einen neuen Mitarbeiter eingestellt und die SES vermittelt jetzt nicht mehr bei vielen Initiativen der Deutschen Minderheit. Wie aber der Stiftungsvorsitzende Arnold Czech sagt, wisse die Stiftung nur die finanzielle und logistische Entlastung gut zu nutzen: „Es ist nicht so, dass unsere Mitarbeiter nach dieser Änderung ihre Hände in den Schoß gelegt hätten. Dadurch, dass die Mitarbeiter jetzt mehr Zeit haben, verfolgen wir inzwischen eine Reihe neuer Projekte. So haben wir unter anderem unsere Darlehenstätigkeit intensiviert. Wir haben auch das Projekt ,Kapital am Start’ für junge Unternehmer“ begonnen, berichtet Czech.

 

„Das ist gut so”

 

Die neue finanzpolitische Kartenvergabe in der Deutschen Minderheit scheint der Führung der Minderheit auf jeden Fall recht zu sein. Bernard Gaida erläutert die Vorteile dieser Lösung: „Ich denke, es ist ganz gut so, wie es jetzt ist. Es ist dank der jetzigen Lösung nun der VdG, der entscheidet, welche Projekte nötig sind und welche wir realisieren wollen. Das ist wichtig, denn mit dem Niveau, der Qualität und der Art und Weise der Umsetzung unserer Projekte zeigen wir in Deutschland jeweils zum Jahresende, dass es sinnvoll und zweckmäßig ist, uns auch finanziell weiter zu unterstützen.“ Arnold Czech überlässt seinerseits das Urteil über das Thema lieber „den politischen Gremien, die sich damit befassen”, versichert aber, dass die von der SES durch die neue Finanzierung eingesparten Mittel „auch weiterhin im Geldtopf der Deutschen Minderheit bleiben werden. Und wenn „der VdG zustimmt, werden diese Mittel künftig auch für Darlehen gewährt sowie sicher angelegt.”

 

Schwierige Voraussagen

 

Ob die deutsche Minderheit in Polen nunmehr finanziell abgesichert ist, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt kaum beantworten. Bernard Gaida bemerkt einerseits zu Recht, dass der deutsche Bundeshaushalt von Jahr zu Jahr neu beschlossen wird. Dass sich im jeweiligen Jahr eine bestimmte Position darin findet, bedeutet somit nicht, das es auch im darauffolgenden Jahr genauso sein wird. Auch Arnold Czech sieht sich nicht imstande zu beantworten, was geschieht, sollte das Geld aus Deutschland einmal ausbleiben: „Wenn die Stiftung dann nicht genug Geld hat, wird es darauf ankommen, welche Erwartungen der VdG hat. Der Vorsitzende Gaida muss dann abschätzen, ob er nur eine Million oder aber z.B. 20 Millionen jährlich ausgeben will. Das Geld wird dann also in dem Maße ausreichen, in dem sich der VdG entscheidet, es auszugeben“, so Czech.

 

Das beste Medizin für eine ungewisse Zukunft scheint somit zu sein, in qualitativ gute Projekte und Initiativen zu investieren, denn nur sie können eine weitere Unterstützung aus Berlin untermauern.

 

Łukasz Biły

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