Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Schlesier auf Yucatán

Menschen mit schlesischen Wurzeln gibt es über die ganze Welt verstreut. Die Gründe dafür sind oft ähnlich: Religion und Wirtschaft spielten bei der Migration häufig eine wichtige Rolle. Auf der Jahrestagung der deutschen Stiftung Kulturwerk Schlesien am Wochenende nach Fronleichnam werden einige dieser Wanderungsbewegungen vorgestellt.

Schlesier auf der Yucatán-Halbinsel, im amerikanischen Bundesstaat Pennsylvania, in Australien – im Lauf der Geschichte hat es sie in alle Welt getrieben. „Überall auf der Welt sind Menschen mit schlesischen Wurzeln und sie prägen die Welt. Das ist ein Teil Schlesiens, der weiter existiert“, sagt Lisa Haberkern. Sie ist Geschäftsführerin der Stiftung Kulturwerk Schlesien und kümmert sich dort um die Förderung der Vermittlung von schlesischer Kultur, der Geschichte, Kunst und Literatur.

Ihr Blick geht dabei von Würzburg aus, wo die seit 2020 vom Freistaat Bayern geförderte Stiftung ihren Sitz hat. Sie will aber auch „ein Bild vom kontemporären Schlesien in Polen und Tschechien liefern“, wie die Geschäftsführerin sagt. Es gebe dort viel Forschung zu Schlesien und sie setze sich dafür ein, Sprachbarrieren abzubauen. „Deutsche Muttersprachler wollen vor Ort in Austausch treten mit Menschen, die heute in Schlesien leben. Es gibt auf allen Seiten das Interesse daran – und dann funktioniert das auch.“

„Wir wollen auf dieser Tagung zeigen, wie sehr Migration Teil der Lebenswelt ist und wie viele Entwicklungen nur aufgrund der Migration passiert sind“, sagt Lisa Haberkern. Foto: Screenshot/Zoom

Förderung der Kulturvermittlung

Für den kulturellen Austausch veranstaltet die Stiftung unter anderem Lesungen und Filmvorführungen und gibt einmal im Quartal den „Schlesischen Kulturspiegel“ heraus, der auch online auf der Homepage der Stiftung abrufbar ist. Darin wird u. a. über die Jahrestagungen berichtet, die die Stiftung seit den 1970er Jahren organisiert. Seitdem gab es über vierzig, zuletzt mit den Themen „Regionen in Breslau und Schlesien“, „Reformation in Schlesien“ und einem Industriekulturschwerpunkt. „Die Tagungen sollen an große gesellschaftliche Themen anknüpfen“, sagt Lisa Haberkern.

Dieses Jahr knüpft die Stiftung mit ihrer Jahrestagung an ein hochaktuelles Thema an: Wanderungsbewegungen von Schlesiern in alle Welt. Hochaktuell, weil seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine Bilder um die Welt gehen, die gerade auch bei schlesischen Familien Erinnerungen an Heimatverlust auslösten, erzählt sie. Auch wenn es keinen expliziten Programmpunkt zum Krieg in der Ukraine gibt, werde es sicherlich thematisiert werden.

Vielfalt der Wanderungsbewegungen

Sie wollen auf der Tagung auch die Vielfalt der Wanderungsbewegungen zeigen: „Im deutschen Diskurs geht es häufig um Heimatverlust und Flucht und Vertreibung infolge des Zweiten Weltkriegs. Wir wollen auf dieser Tagung zeigen, wie sehr Migration Teil unserer Lebenswelt ist und wie viele Entwicklungen nur aufgrund dessen vorangetrieben wurden, dass Menschen ihre Heimat verlassen und sich an anderen Orten niedergelassen haben.“

Mit diesen Aspekten beschäftigen sich die Vorträge und Diskussionen auf der Jahrestagung am Wochenende nach Fronleichnam. Auch der VdG-Vorsitzende Bernard Gaida wird dort am Samstag einen Vortrag mit anschließender Diskussion halten. Wer zum Veranstaltungsort im bayrischen Bad Alexandersbad reist, kann am Freitagabend schon zur Aufführung des Kinodokumentarfilms „Wir sind Juden aus Breslau“ von 2016 kommen. Am Rest der Tagung kann aber jede interessierte Person auch online über die Videokonferenz-Software Zoom teilnehmen. Lediglich eine kostenfreie Anmeldung über die Website bis zum 17. Juni wird vorausgesetzt.

„Die Idee ist, dass die Stiftung 2023 in der Region Schlesien tagt“, sagt Lisa Haberkern. Sie wolle die Veranstaltung künftig abwechselnd in Bayern und in Schlesien stattfinden lassen.

Moritz Zajonz

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