Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Tradition und Innovation

Foto:  Unter den Ehrengästen der Jubiläumsveranstaltung war Erzbischof Alfons Nossol, der Rektor der Oppelner Universität Prof. Stanislaw Nicieja, sowie die Gründungsdirektorin der Germanistik Prof. Granzyna Szewczyk. Foto: R.Urban
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Unter den Ehrengästen der Jubiläumsveranstaltung war Erzbischof Alfons Nossol, der Rektor der Oppelner Universität Prof. Stanislaw Nicieja, sowie die Gründungsdirektorin der Germanistik Prof. Granzyna Szewczyk. Foto: R.Urban

Die Geschichte der Oppelner Germanistik ist eng mit der Geschichte der Organisation der Deutschen in dieser Region verbunden, denn erst als sich die hiesigen Deutschen organisiert haben, war auch daran zu denken, an der damaligen Pädagogischen Hochschule die Anfang der 90er-Jahre so benötigten Deutschlehrer auszubilden. Am 12. Januar fand die Jubiläumsveranstaltung statt.

 

Bekanntlich hat der Erfolg viele Väter, doch bei der Gründungsgeschichte der Oppelner Germanistik spielt der damalige Bischof von Oppeln Anfons Nossol die entscheidende Rolle. Er selbst erinnert sich, dass er als Oberhaupt der Oppelner Diözese immer wieder zu Gesprächen mit dem Sekretär der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) in Oppeln zitiert wurde. “Dort wurde mir immer wieder gesagt, welche Anliegen man an mich habe. Bis ich eines Tages gefragt habe, ob auch ich Wünsche anmelden dürfe. Und so stellte ich die Frage nach der Gründung einer germanistische Fakultät”, sagt Erzbischof Nossol. So begannen die politischen Vorbereitungen zur Entstehung der Germanistik an der damaligen Pädagogischen Hochschule.

 

Die Anfänge

 

Dabei schien nicht nur die Politik eine Hürde zu sein, sondern auch, wie sich der heutige Rektor der Oppelner Universität Prof. Stanislaw Nicieja erinnert, ein Teil der akademischen Gemeinschaft war gegen die Gründung eines germanistischen Institutes. Man befürchtete wohl im Zuge der Registrierung der deutschen Minderheit als Organisation eine noch größere Stärkung dieser Gruppe. Dabei waren, wie die heutige Direktorin des Institutes Prof. Maria Katarzyna Lasatowicz sagte, eben die Bedürfnisse der sich organisierenden Deutschen, ihre Sprache, Kultur und Literatur ergründen zu können, eines der wichtigsten Argumente für die Gründung der Germanistik.

 

Schließlich gaben aber alle verantwortlichen Gremien grünes Licht und das neue Institut konnte seine Arbeit beginnen.

 

Schwierig war es allerdings zu Beginn wissenschaftliche Personal sowie Räumlichkeiten zu finden, um die von Jahr zu Jahr größeren Studentengruppen unterzubringen. Die Anfangszeit war aber auch für die neuen Mitarbeiter eine wissenschaftliche Herausforderung: “Ich bin dankbar, dass ich hier tätig sein durfte, denn gerade in Oppeln konnte ich meinen wissenschaftlichen Schwerpunkt herausarbeiten, und zwar die Erforschung der deutschen Literatur in Schlesien”, sagte bei der Jubiläumsveranstaltung die Gründungsdirektorin Prof. Grazyna Szewczyk.

 

Schwerpunkte

 

Eben die schlesische Literatur und Kulturgeschichte waren und sind bis heute Schwerpunkt der Arbeit des Institutes, wie Prof. Daniela Pelka bestätigt. “Davon zeugen sowohl unsere Konferenzen, die wir gemeinsam mit unseren Partnerinstituten im Ausland veranstalten, sowie eine Reihe von Publikationen zu bedeutenden schlesischen Literaten, wie Gustav Freytag, Martin Opitz oder Horst Bienek”, sagt sie.

 

Ein weiterer Schwerpunkt der Ausbildung lag auch auf dem Lehrerberuf, denn in den ersten Jahren der Demokratie in Polen bestand vor allem in der Oppelner Region ein Mangel an Deutschlehrern. Dies ist verständlich, da ja die Sprache vor allem hier seit dem Kriegsende verboten war und nachdem die deutsche Minderheit gegründet wurde, kam auch wieder der Deutschunterricht in die Schulen zurück. Die aus Deutschland gesandten Lehrer konnten allerdings den Bedarf nicht erfüllen und die auf die Schnelle zu Deutschlehrehren umgeschulten Russizisten waren nur kurzzeitig eine Alternative.

 

Zukunft

 

Heute, so scheint es, sei der Bedarf an Deutschlehrern weithin gedeckt, was auch die Bildungskuratorin in Oppeln, Halina Bilik, während der Feier bestätigte. So muss sich die Oppelner Germanistik neu orientieren, was ihr allerdings gut gelingt. “Wir produzieren keine Arbeitslosen, sondern bieten unseren Studenten Fachrichtungen an, die ihnen einen Arbeitsplatz garantieren”, sagt Prof. Lasatowicz stolz.

 

So können junge Menschen in Oppeln neben einer klassischen germanistischen Ausbildung auch Translatorik studieren, die ihnen einen guten Einblick in die Arbeit von Übersetzern und Dolmetschern gibt. Daneben bietet die Germanistik Studienrichtungen wie Deutsch in der Wirtschaft und Rechtswissenschaften, Deutsch mit Niederländisch oder mit erweitertem Englisch an. “In naher Zukunft planen wir auch eine Studienrichtung anzubieten, in der die deutsche Sprache in modernen Informationstechnologien der Schwerpunkt sein wird”, sagt Prof. Lasatowicz. Natürlich kann man sich aber auch traditionell zum Deutschlehrer ausbilden lassen, wobei hier auch Wert auf Deutsch als Minderheitensprache gelegt wird.

 

Zum Jubiläum hat die Oppelner Germanistik auch eine Publikation herausgegeben, in der nicht nur auf die Geschichte des Institutes geschaut wird, sondern auch die bisherigen Mitarbeiter und Absolventen aufgeführt sind. Ein Handbuch also für alle, die sich an ihre Zeit in ihrer Alma Mater erinnern wollen. Darüber hinaus bereiten die Studenten einen Film über ihre Germanistik vor. Der Titel lautet “IFG – Ich finds geil” und wir berichten darüber, sobald die Dreharbeiten abgeschlossen sind.

 

Rudolf Urban

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