Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Um Verständnis zu bitten

In letzter Zeit ist zu beobachten, dass es immer weniger Messen in deutscher Sprache gibt. Die Kirchen, die ursprünglich voll waren, sind jetzt leer. Szymon Folp befragte Marek Dziony, Diakon der Seelsorge für nationale und ethnische Minderheiten, dazu.

Wie sieht es heute mit der Teilnahme an deutschsprachigen Messen aus? Nimmt die Zahl dieser Messen zu oder ab?

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Zahl der Messen in deutscher Sprache im Moment rückläufig ist. Und das ist nicht etwas, das wir gerade erst beobachtet haben, sondern dieser Trend hält schon seit einigen Jahren an. Es ist jedoch anzumerken, dass es sich hierbei um ein sehr umfassendes Phänomen handelt. Ich meine, dass es sehr viele Faktoren gibt, die dafür ursächlich sind.

Marek Dziony, Diakon der Seelsorge der Minderheiten
Foto: Archiv

Wer trägt dazu bei – unengagierte Gläubige oder Priester, welche die Messe nicht auf Deutsch feiern wollen?

Oft liegt das Problem auf beiden Seiten. Einige Geistliche wollen keine Messen in deutscher Sprache abhalten. Oftmals gibt es auch kein Engagement seitens der Gläubigen. Es gibt aber sicherlich noch mehr „Schuldige“. Oft ist die Uhrzeit der Messe ein ernstes Problem. Die Statuten der Synode der Diözese Oppeln, die sich auf die Messen in deutscher Sprache beziehen, weisen eindeutig darauf hin, dass sie zu einem geeigneten Zeitpunkt gefeiert werden sollten. In den meisten Fällen finden sie jedoch bereits um sieben Uhr statt. Ich habe den Eindruck, dass diese Zeit heute für die Messe überhaupt nicht geeignet ist, nicht nur für die Messe in deutscher Sprache. Wir sollten auch nicht vergessen, dass wir einen Generationswechsel haben. Leider scheidet die ältere Generation, die während des Krieges oder generell in der deutschen Zeit geboren wurde, aus dem Leben. Doch wir erleben jetzt eigentlich keinen Generationswechsel. Viele Angehörige der jüngsten Generation haben bestimmte traditionelle und kulturelle Werte einfach nicht weitergegeben bekommen und viele junge Menschen sprechen nicht so gut Deutsch wie ihre Eltern oder Großeltern. Wir sind in völlig anderen Realitäten und Werten aufgewachsen als unsere Großmütter und Großväter. Ich kann auch nicht umhin, hier zu erwähnen, dass ich ein Engagement der Katecheten vermisse. Sie könnten ja z.B. anbieten, im Religionsunterricht Gebete auf Deutsch zu sprechen. Es geht hier aber nicht darum, die eine oder andere Seite zu beschuldigen. Dies alles wird von vielen Phänomenen beeinflusst. So muss ja auch die Pandemie erwähnt werden, die in der Realität der Kirche deutliche Spuren hinterlassen hat.

 

Was ist heute das größere Problem: die allgemeine Abkehr von der Kirche oder die mangelnde Sprachkenntnis?

Die liturgische Sprache unterscheidet sich völlig von der Sprache, die wir im Alltag verwenden und die wir in der Schule lernen. Das Thema Religion und Glaube wird in der Schule eher oberflächlich und nachlässig behandelt. Wenn wir in der deutschen Sprache und in der Katechese diese liturgische Sprache nicht lehren, dürfen wir uns nicht wundern, dass junge Menschen sie nicht kennen. Wir lernen nicht einmal die grundlegenden Gebete auf Deutsch. Heute gibt es Forderungen, diese liturgische Sprache zu ändern, sie zu aktualisieren. Der Heilige Vater Franziskus selbst hat eine solche Änderung des Vaterunsers vorgeschlagen. In der Kirche will man heute diese Sprache an die modernen Nutzer anpassen, damit sie ihnen leichter fällt. Das zeigt, dass diese Sprache der sakralen Sphäre für uns immer weniger verständlich ist. Deutsch ist also als deutsche Sprache kein Problem.Das Problem ist die Sprache an sich.

 

Was wird heute für die Gläubigen sprachlich attraktiver sein? Vielleicht sind zweisprachige Gottesdienste die Lösung?

Die Synode erlaubt, dass beide Liturgien in deutscher Sprache und zweisprachig gefeiert werden. Wenn die Liturgie jedoch als Messe in deutscher Sprache bezeichnet wird, sollte die polnische Sprache während eines solchen Ritus nicht vorherrschen. Die deutschsprachige Messe ist mit etwas Hilfe leichter zu verstehen, hierzu sei an unsere Gebetbücher „Weg zum Himmel“ / „Droga do nieba“ erinnert. Dort ist jeweils eine Parallelübersetzung aller liturgischen Texte verfügbar. Bei festlichen Zusammenkünften von DFK-Mitgliedernist es ratsam, auf Deutsch zu beten oder etwas auf Deutsch zu singen. Wir sollten dabei nicht erwarten, dass jeder sofort alles im Kopf behält. Man kann das Benötigte auch ruhig auf Blättern bereithalten. Das Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit hat Prospekte mit Gebeten in polnischer und deutscher Sprache erstellt. Dieses Material ist sowohl inhaltlich als auch grafisch sehr ansprechend.

 

Du hast erwähnt, dass Du eine gewisse Klarheit in Bezug auf Liturgie und Religion im Deutschunterricht vermisst hast. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob sich eine solche sprachliche Kategorie einbürgern würde. Ist es heute eine Lösung, die Sprache der katholischen Liturgie in die Bildungsordnung, in den Deutschunterricht einzubinden?

Niemand fordert eine Indoktrination von Schulkindern. Es geht vielmehr darum, bestimmte Werte sprachlich in der Sprache weiterzugeben. Es könnte auch durchaus ein Wortschatz zu anderen Religionen, Philosophien oder Kulturen der Welt vermittelt werden. Glaube ist nicht nur eine Frage der Beziehung zwischen Kirche und Staat. Die Religion ist ein sehr wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Ich würde kein Problem darin sehen, die Sprache des Glaubens selbst zu lernen. Ein Problem könnte, wie du zu Recht bemerkt hast, in eben dieser Angst liegen. Heute wollen wir ja so tolerant gegenüber anderen sein. Wir sollten uns dennoch nicht scheuen, manchmal auch für uns selbst um Verständnis zu bitten. Wir wollen niemanden zwingen, unsere Religion zu praktizieren, aber die Werte unseres Kulturkreises kennenzulernen ist meiner Meinung nach sehr angebracht.

 

Wenn eine Gruppe von fünf Personen zusammenkommt und eine Liturgie in deutscher Sprache wünscht, lohnt es sich dann, etwas für eine so kleine Gruppe zu organisieren?

Ja, natürlich. Denken wir nur an die Worte: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“. Fünf Personen sind keine so kleine Gruppe. Wir haben es mittlerweile mit Kirchengemeinden zu tun, in denen bei einer polnischsprachigen Eucharistiefeier keine Gruppen von mehr als fünf Personen zusammenkommen. Dennoch feiert der Priester die Eucharistie für sie, warum sollte er sie also nicht für eine solche Gruppe in deutscher Sprache feiern? Für Gott ist nicht die Quantität wichtig, sondern die Qualität. Heute, wo wir eine solche Krise der Glaubenspraxis haben, sollte es uns nicht wichtig sein, wie viele Menschen eine deutschsprachige Messe besuchen; wir sollten uns darauf konzentrieren, dass es eine Gruppe von Menschen gibt, die Kultur und Tradition pflegen wollen.

 

Gibt es Geld für solche Aktivitäten? Schließlich ist die Feier der Liturgie auch mit Kosten verbunden.

Es handelt sich um Kosten, die die Gemeinde unabhängig von der Sprache der gefeierten Liturgie trägt. Die monatlichen Opfergaben, die in der Kirche gesammelt werden, sind für die Bedürfnisse der Gemeinde bestimmt. Auch Angehörige nationaler und ethnischer Minderheiten tragen zu diesen Opfergaben bei. Außerdem darf die Feier der Liturgie nicht von der Höhe des Messstipendiums abhängig gemacht werden. Die Menschen sagen oft, dass sie „für die Messe bezahlen“. Die Liturgie ist keine Dienstleistung und der Priester ist kein Dienstleister. Wenn es um die Heizung geht, bin ich für andere Lösungen. Wenn weniger Menschen zu einem Gottesdienst kommen, dann sollten wir nicht eine riesige Kirche heizen, sondern eine Kapelle. Dies ist eine einfachere und viel wirtschaftlichere Lösung.

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