Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Umstrittener Gedenkstein in Beuthen errichtet

Auf Initiative der Jugend der Deutschen Minderheit in Beuthen und deren örtlichen Vorsitzenden ist auf dem dortigen Friedhof ein umstrittener Gedenkstein errichtet worden. Zu den Spendern soll die Jugendbewegung der rechtsextremen NPD gehören. Der Landesvorstand des Bundes der Jugend der Deutschen Minderheit distanzierte sich von der Initiative der Beuthener Ortsgruppe.

 

Höchst umstritten: Der Gedenkstein in Beuthen. Möglicherweise eine Fotomontage der NPD-Jugend. Foto: Twitter
Der Gedenkstein ohne die “JN” als Mitstifter sei das Original, das auch so am vergangenen Sonntag eingeweiht wurde.
Foto: facebook.com

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Marek Tylikowski wollte ein Zeichen setzen. Anlässlich des Volkstrauertages am 17. November ist auf Initiative des BJDM-Vorsitzenden der Ortsgruppe in Beuthen ein Gedenkstein auf dem Beuthener Friedhof eingeweiht worden.

 

Auf dem Gedenkstein das Eiserne Kreuz zu Ehren der gefallenen Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkrieges, der Selbstschutz- und Freicorpskämpfer und in Gedenken an die ermordeten und unterdrückten Ostdeutschen. Die Minderheit fürchtet jetzt um ihr Ansehen sowohl in der polnischen Mehrheitsbevölkerung als auch in der Bundesrepublik.

 

Unerwünschte Spender

Grund dafür: Als Spender sind unter anderem AfD-Bundestagsabgeordneter Stephan Protschka und die Junge Alternative Berlin genannt. Pikant: Auch die Jungen Nationalisten, die Jugendbewegung der rechtsextremen NPD, soll zu den Spendern gehören – das vermuten die bundesdeutschen Zeitungen „Tagesspiegel“ und „Taz“. Demnach sollen die Jungen Nationalisten als Spender von dem Gedenkstein entfernt worden sein. Dies sei auf Initiative von Stephan Protschka von der AfD geschehen, so die deutschen Medien.

 

Anlass zu diesen Spekulationen hat ein Foto gegeben, das ursprünglich von den „Jungen Nationalisten“ (JN) ins Netz gestellt worden sei und deutlich die JN als Spender auf dem Gedenkstein zeigt. „Eine Fotomontage!“, behauptet Markus Tylikowski. Eine Zusammenarbeit streitet er ab.

 

Wahr sei allerdings, so Tylikowski, dass Vertreter der NPD-Jugend der Beuthener BJDM-Ortsgruppe vor einiger Zeit einen Besuch abgestattet haben. „Einer von ihnen hat behauptet, seine Vorfahren stammen aus Beuthen. Also habe ich ihm, wie wir das immer mit Besuch aus Deutschland machen, die Stadt gezeigt.“

 

Dabei habe sich der Mann nach den Plänen des BJDM erkundigt und beschlossen, den von Tylikowski geplanten Gedenkstein finanziell zu unterstützen. Auf einem Foto ist der Moment festgehalten, als der sächsische JN-Vorsitzende Maik Müller einen Scheck in Höhe von 200 Euro an Tylikowski und den damaligen Beuthener DFK-Vorsitzenden Manfred Kroll überreicht. Erst in diesem Moment, beteuert Tylikowski, haben sich die bundesdeutschen Besucher zu erkennen gegeben.

 

Tylikowski fühlt sich hinters Licht geführt. „Als wir erfahren haben, dass es sich um die Jungen Nationalisten handelt, sind wir sofort auf Abstand gegangen. Ich habe ihnen deutlich gesagt, dass die deutsche Minderheit nicht mit rechtsextremen Vereinigungen zusammenarbeiten wird. Wir haben das Geld nicht angenommen“, so Tylikowski.

 

Reaktionen aus der Deutschen Minderheit

Doch so oder so: Es gibt einen weiteren Mitspender, der für die Deutsche Minderheit zum Problem werden könnte. Auf dem Stein ist auch der Name der „Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf“ zu lesen. Diese wird vom bayerischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft und beobachtet.

 

Der Stein ist mittlerweile mit rot-weißer Farbe beschmiert worden, Deutsche raus (raus szwaby) steht darauf. Die Deutschen in Beuthen befürchten nun, dass als nächstes den DFK-Sitz ein ähnliches Schicksal ereilen könnte.

 

Die Dachorganisation der Jugend der Deutschen Minderheit mit Sitz in Oppeln distanziert sich von Tylikowskis Aktion. „Der Vorstand des BJDM wusste zu keiner Zeit von den privaten Kontakt des Herrn Tylikowski zu den genannten politischen Organisationen und Gruppierungen der „Jungen Alternative“ und der „Jungen Nationalisten“ sowie von seiner privaten Anfrage an diese bezüglich einer finanziellen Unterstützung seines Vorhabens“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme.

 

Darin betont der BJDM auch, dass sich die Jugendorganisation vollständig der Völkerverständigung und dem guten freundschaftlichen Verhältnis zwischen Polen und Deutschen verpflichtet fühle und deutlich Abstand von allem nehme, was dieses zu beschädigen versuche.

 

Auch der Dachverband der deutschen Minderheit in Polen, der Verband deutscher sozial-kultureller Gesellschaften, äußerte sich zum umstrittenen Gedenken in Beuthen. In seiner Erklärung lesen wir u.a. “Mit Verlegenheit haben wir diese Tatsache entgegengenommen, dass auf dem besagten Denkmal der Name des Bundes der Jugend der deutschen Minderheit platziert wurde, der zugleich einer der assoziierten Mitglieder des Verbandes ist. Von dieser Organisation verlangen wir Konsequenzen gegenüber ihren Mitgliedern zu ziehen, die gemäß der Aufschrift die Ausführung und Aufstellung des Denkmals initiiert haben. Mit Erleichterung nehmen wir die Erklärung des BJDM-Vorstandes entgegen, der sich von dem Handeln seiner Mitglieder in Beuthen distanziert und auf die willkürliche und nicht abgestimmte Nutzung des Organisationnamens hinweist.”

Gleichzeitig will der VdG Markus Tylikowski nicht zum einzigen Sündenbock machen.  “Wir verurteilen jegliche Handlungen und fehlende Verantwortung seitens der Erwachsenen, sowohl den Sponsoren, die auf dem Denkmal aufgelistet sind als auch denjenigen Personen, die im unmittelbaren Umkreis vom minderjährigen Markus Tylikowski stehen und ihn nicht vor den unvernünftigen und unüberlegten Handlungen bewahrt haben, der bestimmt im guten Glauben handelte und das Ziel verfolgte den gefallenen Soldaten würdig zu gedenken. Wir erwarten, dass auch sie und ihre Organisationen Reue zeigen und entsprechende Konsequenzen daraus ziehen”, lesen wir in der VdG-Erklärung.

 

Und Markus Tylikowski? Für ihn bleibt am Ende nur ein Scherbenhaufen. In Übereinkunft mit der Dachorganisation der deutschen Jugend sowie der deutschen Minderheit in Beuthen soll der Gedenkstein verschwinden. „Ich habe nichts Schlechtes gemacht, ich wollte doch nur der Opfer von Krieg und Unterdrückung gedenken“, sagt Tylikowski. Dass die Vorwürfe ihm zusetzen, merkt man ihm an. In weiterer Konsequenz wird Tylikowski aus dem Beuthener BJDM-Vorstand austreten. „Ich möchte mich aber weiterhin für die deutsche Minderheit einsetzen, das ist mir wichtig.“

 

Der Gedenkstein ist mittlerweile entfernt worden.

 

Marie Baumgarten/ ru

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