Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Von Dänemark bis Georgien

Bei der Podiumsdiskussion stellten sich Vertreter deutscher Medien ihren Kollegen aus dem Ausland. V.l.: Gerhard Gnauck (Die Welt), Claudia von Salzen (Der Tagesspiegel), Andreas Umland (Moderator der Diskusion), Robert C. Schwartz (Deutsche Welle) und Karl-Peter Schwarz (Frankfurter Allgemeine Zeitung) Foto: Rudolf Urban
Bei der Podiumsdiskussion stellten sich Vertreter deutscher Medien ihren Kollegen aus dem Ausland. V.l.: Gerhard Gnauck (Die Welt), Claudia von Salzen (Der Tagesspiegel), Andreas Umland (Moderator der Diskusion), Robert C. Schwartz (Deutsche Welle) und Karl-Peter Schwarz (Frankfurter Allgemeine Zeitung) Foto: Rudolf Urban

Mehr als 20 Vertreter deutschsprachiger Medien aus Mittelosteuropa trafen sich vergangene Woche in Berlin. Es wurde über Medienvielfalt, Meinungsfreiheit und Propaganda gesprochen. Ziel war es aber auch sich gegenseitig kennen zu lernen und die Lage der Deutschen in den einzelnen Ländern besser einzuschätzen.

 

Neben einer Podiumsdiskussion mit Journalisten aus Deutschland über ihre Art über den Osten Europas zu berichten, sowie Workshops zum Umgang mit Propaganda, waren die Medientage der Deutschen Gesellschaft e.V. eine Plattform zum gegenseitigen Meinungs- und Erfahrungsaustausch der deutschsprachigen Medien in Mittelosteuropa. Und diese sind von Land zu Land teilweise völlig verschieden.

 

Beispiel Georgien

 

Ein Extrembeispiel ist dabei Georgien. Die dort vor vielen Jahrzehnten lebenden Deutschen haben bereits 1906 die „Kaukasische Post“ gegründet, doch wurde diese eingestellt, als Stalin die Deutschen deportieren ließ. Somit gibt es in dieser ehemaligen Sowjetrepublik heute keine deutsche  Minderheit mehr, wohl aber wieder seit 1994 die Kaukasische Post. „Diese habe ich dann 2011 übernommen und führe sie seitdem neben meiner Tätigkeit als Hotelier und Restaurantbesitzer“, sagt Rainer Kaufmann, ein gebürtiger Deutscher. Er selbst ist dabei zu der Zeitung wie die Jungfrau zum Kinde gekommen, denn Ende der 90er Jahre sollte seine Tochter an einem Austausch mit Schülern einer Schule in Tiflis teilnehmen und Kaufmann hat sich entschieden als Betreuer aus Deutschland mitzufahren. „So habe ich mich zunächst in das Land verliebt, habe dort später ein Hotel und ein Restaurant aufgebaut und organisiere Reisen von Deutschland nach Georgien“, sagt Kaufmann. Per Zufall ist ihm auch die „Kaukasische Post“ in die Hände gefallen und Rainer Kaufmann hat seine journalistische Leidenschaft wiederentdeckt – denn vor seiner Tätigkeit als Geschäftmann war er vor allem TV-Redakteur. „Und seit 2011 bin ich nun für diese Zeitung, die monatlich mit zwölf Seiten erscheint, verantwortlich, kann dabei aber auf keinen eingestammten deutschen Leserkreis bauen, sondern muss ihn mir selbst aufbauen“, erklärt Rainer Kaufmann. Mittlerweile gehören zu den Abonnenten Mitarbeiter der georgischen Ministerien, Vertreter der deutschen Botschaft sowie ein Teil derjenigen, die in Georgien Deutsch gelernt haben. „Ich kann die Zeitung gerade so finanzieren, aber es freut mich einfach diese alte Tradition wach zu halten“, sagt Rainer Kaufmann.

 

Beipiel Nordschleswig

 

Eine ganz andere Situation schilderte bei den Medientagen Gwyn Nissen, Chefredakteur des „Nordschleswigers“ – der Zeitung der Deutschen in Dänemark. Nicht nur, dass dieses Medium eine Tageszeitung ist, die täglich mehr als 2000 Leser erreicht, es kann auch auf sehr gut organisierte und funktionierende Minderheitsstrukturen in Süddänemark zurückgreifen, die Themenschwerpunkt des Mediums sind. „Zwar haben auch wir so unsere Probleme, doch jammern wir immer auf sehr hohem Niveau. Denn sowohl unsere organisatorische als auch finanzielle Lage ist sehr gut“, sagte Gwyn Nissen und stellte ein wohl in Europa einmaliges Projekt vor.

 

Im deutsch-dänischen Grenzgebiet haben sich vier Medien – zwei Mehreits- und die beiden Minderheitsmedien in Deutschland und Dänemark – zusammengetan und tauschen sich aus, erarbeiten gemeinsam Themen und publizieren diese oft zeitgleich. „Man könnte meinen, wir sollten uns als Konkurrenten sehen, doch unsere Idee der Zusammenarbeit hat geklappt, vor allem, weil sie auf gegenseitigem Vertrauen basiert“, erklärt Nissen und meint dabei, dass alle vier Redaktionen sich gegenseitig generell Zugriff auf alle Daten gewährt haben.

 

Fazit

 

Neben diesen beiden Extrembeispielen präsentierten sich bei den Medientagen auch Zeitschriften, die ganz konkrete Zielgruppen, wie Touristen, Geschäftsleute oder Deutschlerner ansprechen, oder die deutschen Minderheiten, jedoch in einem kleineren Umfang als „Der Norschleswiger“ . Ihnen allen sind dabei einige Punkte gemein.

 

Zum einen wird es von Jahr zu Jahr schwieriger als gedrucktes Medium am Leben zu bleiben, denn junge Menschen greifen nicht mehr zur traditionellen Zeitung, sondern wollen das Wichtigste im Internet finden – so die einhellige Meinung der Medienmacher.

 

Zum anderen sehen sich aber die deutschen Journalisten aus Mittelosteuropa auch als Experten in den innenpolitischen Belangen ihrer Länder. „Unsere Expertise wird aber in Medien in Deutschland nicht genutzt, auch wenn wir uns anbieten“, kritisiert Rainer Kaufmann. So streichten die deutschen Medien immer mehr Korrespondentenstellen und berichteten seiner Meinung nach aus dem jeweiligen Land dann fast gar nicht mehr, oder verdrehten die Tatsachen.

 

Als einzige konnte dabei nur Beatrice Ungar von der „Herrmannstädter Zeitung“ aus Rumänien etwas anderes berichten. „Für die rumänische Redaktion der Deutschen Welle sind wir Ansprechpartner und arbeiten sehr gut zusammen“, sagte sie.

 

Bundesregierung

 

Es ist ein Ausnahmebeispiel, das sich vielleicht ändert, wenn es nach Hartmut Koschyk, dem Bundesbeauftragten für Aussiedler und nationale Minderheiten, geht. Bei seinem Treffen mit den Medienmachern aus Mittelosteuropa sagte er zum einen, dass die deutschen Medien im Ausland der Bundesregierung wichtig seien, ihre Bedeutung in Deutschland müsse aber gestärkt werden. „Deshalb habe ich auch mit dem Bundespresseamt Kontakt aufgenommen und sein Leiter Steffen Seibert hat sein Interesse an Kontakten mit den deutschen Auslandsmedien bekundet“, meint Koschyk.

 

Ob dies aber dazu führt, dass die deutschen Medien im Ausland, von denen ein nicht geringer Teil sich auch auf die in Osteuropa lebenden deutschen Minderheiten konzentriert, Eingang in die bundesdeutsche Medienwelt erhalten, ist fraglich.

 

Für die deutschen Medien im Ausland bleibt dabei eines wichtig – als Partner in der deutschsprachigen Medienwelt wahrgenommen und als ortskundige Experten erkannt zu werden.

 

Rudolf Urban

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