Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Von Monolithen und Mosaiken

 

 

Im Rahmen ihres Zyklus „Akademie der Borussia“ hatte die Stiftung Borussia in Allenstein ins Mendelssohnhaus zur Veranstaltung „Ostpreußen – eine imaginierte Gemeinschaft“ eingeladen. Anlass war die Erscheinung des 49. Bandes der Posener Deutschen Bibliothek mit diesem Titel, dessen Herausgeber, Professor Hubert Orłowski und Doktor Rafał Żytyniec, sich zur Diskussion stellten.

 

Diskussionsrunde zum Thema Ostpreußen, von links Prof. Hubert Orłowski, Dr. Rafał Żytyniec, am Mikrofon Kornelia Kurowska, die Vorsitzende der Stiftung Borussia.
Foto: Uwe Hahnkamp

 

Der Band ist eine Sammlung wissenschaftlicher, literarischer und publizistischer Texte zum Begriff des Ostpreußentums und seiner Entwicklung. „Das Konstrukt ´Ostpreußen´ ist mit der Entstehung der Nationalstaaten und der späteren Trennung des Gebiets vom restlichen Deutschen Reich aufgekommen“, so Professor Orłowski. In diesem „findigen und erfolgreichen Modell“ (Zitat Orłowski) sieht der Historiker Professor Robert Traba, der den Begriff „Ostpreußentum“ geprägt hat, zwei Strömungen: „Es gibt die Betrachtung der Region als Mosaik vieler Kulturen und als eine monolithische Einheit – letztere nach 1945 in polnischer und davor in deutscher Spielart.“ Der Schriftsteller Kazimierz Brakoniecki, Gründungsmitglied der Stiftung Borussia, ergänzt: „´Ostpreußen´ entstand nicht als kulturelle, sondern als politisch-propagandistische Kategorie.“

 

 

Volksabstimmung und Achtung

Wendepunkt für Region und Bevölkerung war die Volksabstimmung im Jahre 1920. Die in ihrer kulturellen Identität gemischten früheren Untertanen des deutschen Kaisers sollten sich auf einmal zwischen dem deutsch geprägten Ostpreußen und Polen, also zwei Nationen, entscheiden. Das war nicht einfach für sie. „Interessant ist aber, dass in der Hymne Ostpreußens, dem etwas später entstandenen Ostpreußenlied, nur die hiesige Landschaft vorkommt – und keine Helden irgendeiner Nation“, betont Hubert Orłowski.

Die jetzt erschienene Anthologie umfasst frühere, durchaus kontroverse Texte, aber auch Gegenwärtiges, so Rafał Żytyniec: „Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in der BRD, in der DDR und in Polen unterschiedliche Diskurse zu Ostpreußen.“ Die neue polnische Ansicht einer homogenen Einheit wurde in der Region jedoch nicht immer übernommen, wie Hubert Orłowski erläuterte: „Bei uns in Biessellen/ Biesal wurde die evangelische Kirche von der Verwaltung der katholischen Gemeinde zugesprocehn. Meine Mutter aber ging zeit ihres Lebens nach Dietrichswalde/ Gietrzwałd. Sie sagte ´das ist ihre Kirche, nicht unsere´.“ Diese Achtung vor den anders denkenden Nachbarn ist auch ein wichtiger Teil der Kultur Ostpreußens.

„Es fehlt noch eine Sammlung von Texten der Eigenanalyse“, stellt Robert Traba fest, „eine Antwort auf die Frage, wie sich die jetzigen Einwohner sehen.“ Und es stellt sich die Frage nach einer Figur, mit dem sie sich regional identifizieren können. Dafür schlägt Rafał Żytyniec, der auch Direktor des Museums in Lyck ist, den Autor Siegfried Lenz vor, der, wie er sagt „in seinem Buch ´Heimatmuseum´ die Vielfalt und Probleme der Menschen hier sehr gut eingefangen hat.“

 

Uwe Hahnkamp

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