Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Es war eine sehr schwierige Zeit – 40. Jahrestag der Verhängung des Kriegsrechts

Vor 40 Jahren, am Sonntag, den 13. Dezember, wurde das Kriegsrecht verhängt, das erst am 22. Juli 1983 enden sollte. Der offizielle Grund für die Verhängung des Kriegsrechts war die katastrophale wirtschaftliche Lage des Landes, doch in Wirklichkeit fürchtete das kommunistische Regime, die Macht zu verlieren, weil es keine Kontrolle über die unabhängige Gewerkschaftsbewegung „Solidarność“ hatte. Wir haben drei Angehörige der deutschen Minderheit in Polen gefragt, wie sie sich an die Einführung und die Zeit des Kriegsrechts erinnern.

 

Andrzej Gehrke, Vorsitzender der Gesellschaft der Bevölkerung deutscher Abstammung in Graudenz:

Andrzej Gehrke
Foto: Facebook

Im Jahr 1978 bekam ich eine Anstellung bei „Stomil Grudziądz“, dem größten Unternehmen in Graudenz, das damals über 6.000 Mitarbeiter beschäftigte. Als junger Mann von 22 Jahren trat ich sogleich in den Arbeitsrhythmus der erwachsenen Mitarbeiter ein.

Im Jahr 1980 begann es mit Geflüster über die Lage im Lande. Nach den darauffolgenden Streiks in Schweidnitz und Lublin waren die Arbeiter bereits anders, mutiger und brachten offen zum Ausdruck, was sie von der PVAP hielten. Im August brach in der Danziger Werft ein Streik aus, in Graudenz schloss sich das Werk „Warma“ am 26. August dem Protest an, und dann folgten die anderen, d. h. „Agromet Unia“, „Stomil“, „Pomorska Odlewnia i Emaliernia“ und andere.

Nach dem Ende des Streiks in den Werften und der Unterzeichnung der berühmten Solidarność-Forderungen wurden spontan „Solidarność-Betriebskomitees“ gebildet. Ich wurde zum Vertrauensmann in meiner Abteilung für Energietechnik. Vielleicht lag es an meinem Mut, meine Meinung zu äußern, vielleicht aber auch daran, dass ich vor dem Streik auf der Danziger Werft gewesen war und von dort Flugblätter mitgebracht hatte.

Die Forderungen der „Solidarność“ wurden von den Behörden jedoch nicht respektiert. Dieser Zustand der Unklarheit dauerte bis zum 13. Dezember 1981, als das Kriegsrecht verhängt wurde. Bereits am Montag wurde deutlich, welche Einschränkungen der Gesellschaft und vor allem der „Solidarność“ auferlegt wurden.

In meinem Betrieb war es ruhig, wahrscheinlich weil die meisten Aktivisten des Betriebskomitees der „Solidarność“ interniert worden waren und die verbliebenen Aktivisten und Mitglieder von Parteifunktionären und Soldaten der polnischen Armee unter enormen Druck gesetzt wurden. Für uns „Solidarność“-Mitglieder war es ein schwieriger Tag und eine schwierige Zeit.

 

Kriegsrecht in Polen
Foto: wikimedia commons

 

Nach ein paar Monaten kehrten einige Internierte wieder in den Betrieb zurück. Sobald sich die Gelegenheit ergab, waren wir sehr neugierig, über ihre Erlebnisse zu erfahren. Erst da öffneten wir unsere Augen, als wir hörten, was sie am 13. Dezember 1981 durchgemacht hatten.

Leider wurde ich im Februar 1982 vom Sicherheitsdienst verhaftet. Irgendwo in meiner Seele spürte ich, dass sie auch mich erwischen würden, also nahm ich zwei Tage zuvor alles, was mit der Untergrund-„Solidarność“ zu tun hatte, aus dem so genannten „linken Schrank“ heraus. Durchsuchungen zu Hause und am Arbeitsplatz, Aufenthalt beim Sicherheitsdienst und „interessante“ Gespräche mit meinem Aufseher, Leutnant H. Glücklicherweise fanden sie nichts, aber er bearbeitete mich etwa vier Stunden lang. Ich verbrachte 48 Stunden in Haft – so gefährlich war ich für das kommunistische Regime. Nach meiner Rückkehr zur Arbeit war ich bereits vorsichtiger in meinem Handeln, aber wir hörten nicht auf, die Behörden auf verschiedene Weise – mit Karikaturen und Bildern – lächerlich zu machen.

Der Sicherheitsdienst behielt mich die ganze Zeit im Auge, denn die Abteilung Energietechnik war das Herzstück des Betriebs. Am Ende wurde ich nach einem Kriegsrecht-Paragraphen entlassen und war über drei Monate lang ohne Arbeit, weil mich niemand mit einem solchen Arbeitszeugnis einstellen wollte! Nur dank meiner Bekannten in einem anderen Werk wurde ich dort beschäftigt.

Und so haben wir dann bis 1989 gearbeitet und überlebt. Wir, die Solidarischen und die Unerschütterlichen.

 

 

Renate Zajączkowska, ehemalige Vorsitzende der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaft in Breslau:

Renate Zajączkowska

Am Sonntag, als das Kriegsrecht verhängt wurde, erschien die Armee sofort auf den Straßen Breslaus, Flugzeuge und Hubschrauber flogen. Es war der Beginn einer sehr traurigen und tragischen Zeit, auch für mich persönlich. Ich habe den ganzen Sonntag geweint, weil ich nicht wusste, was uns erwartete. Meine Schwester war in Deutschland schwer krank und ich wollte sie besuchen, aber es war nicht möglich. Meine Töchter studierten damals Medizin, und ich hatte große Angst um sie, denn es hieß, dass das medizinische Personal in die Kasernen gebracht werden würde. Ich wusste nicht, was mit ihnen passieren würde. Noch heute treibt mir der Gedanke an das Kriegsrecht Tränen in die Augen, aber gleichzeitig bin ich froh, dass wir es irgendwie überstanden haben.

Zu dieser Zeit war ich noch kein aktives Mitglied der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaft in Breslau, die eine Ortsgruppe der in Waldenburg tätigen Organisation war. Ich weiß, dass die DSKGs, wie andere Organisationen auch, aufgelöst oder ausgesetzt wurden. Für uns Deutsche in Breslau blieb jedoch die deutsche Seelsorge, die hier seit 1945 ununterbrochen tätig war. Und die deutschen Messen in der Klosterkapelle der Hedwigschwestern waren für uns ein Licht am Ende des Tunnels. Das war uns ein Trost und gab uns auch den Mut, trotz des Kriegsrechts weiterzuleben. Wir hatten unsere Gottesdienste, unsere deutsche Kirchengemeinde, wo wir uns sicher fühlen konnten. Die DSKG selbst wurde erst 1988 wieder aktiv, sodass bis zu diesem Zeitpunkt im Jahr 1981 die Gottesdienste die einzige Möglichkeit waren, unsere deutsche Kultur zu pflegen.

 

 

 

Eugeniusz Nagel, stellvertretender Vorsitzender der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen in der Woiwodschaft Schlesien

Eugeniusz Nagel
Foto: Radio Mittendrin

Das ganze Jahr 1981 war geprägt von Spannungen und Konflikten, die Situation verschärfte sich ständig. Alle waren im Grunde auf eine gewaltsame Lösung gefasst. Wir erinnerten uns an die Situation in Ungarn oder der Tschechoslowakei und warteten im Grunde darauf, dass „brüderliche Soldaten“ in polnischen Dörfern und Städten auftauchen würden.

Da mein Auto kaputt ging und ich zu dieser Zeit ein Transportunternehmen betrieb, hatte ich eine Art Zwangsurlaub und renovierte die Wohnung, was mich völlig in Anspruch nahm. Als ich am Sonntagmorgen aufstand, war ich überrascht, dass statt des sonntäglichen „Teleranek“ ein General auf dem Bildschirm zu sehen war. Es stellte sich heraus, dass die Intervention vom Inland ausgegangen war. Bis heute bin ich im Zwiespalt, ob dies einer freundlichen Intervention von außen vorzuziehen ist.

In den folgenden Tagen gab es Berichte über die Festnahme von Oppositionellen, aber auch von Vertretern der Behörden, die interniert wurden, um die politische Szene zu blockieren. Soldaten erschienen an Koksöfen, denn der Winter war hart. Die Menschen begannen zu begreifen, was tatsächlich geschah. Der Höhepunkt kam nach den Ereignissen in Jastrzemb und noch mehr im Bergwerk Wujek. Es gab eine Generalmobilmachung und ich selbst wurde als Reservist einberufen, was ich aber zum Glück schließlich vermeiden konnte.

Omnipotenz der Patrouillen und menschenleere Straßen. Die Milizstunde – ein absolutes Verbot, sich nach 22 Uhr ohne Passierschein zu bewegen. Engpässe bei der Versorgung. Für Menschen, die bis dahin einen gewissen Grad an Freiheit genossen hatten, war dies eine schwierige Erfahrung. Aufgrund meiner Tätigkeit fiel die Milizstunde nach einiger Zeit weg, aber ich hatte Gelegenheit, Reaktionen derjenigen zu beobachten, die dieses Privileg nicht hatten: Flucht vor einem fahrenden Auto durch Zäune und Hecken, Autos, die in Feldwege und Wälder flüchteten, Patrouillen auf den Straßen, Kontrolle aller Autofahrer an Kontrollpunkten.

Heute erinnere ich mich daran manchmal als geradezu komische Situationen, doch damals war es dramatisch, vor allem wenn man weiß, was das totalitäre Regime hätte tun können.

Berichte gesammelt von Rudolf Urban

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