Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Wo kaufen Sie ihren Messwein, Herr Stępniak?

 

Ein weihnachtlicher Blick hinter die Kirchen-Kulissen.

 

Weihrauch ist eng mit der Weihnachtsgeschichte verflochten.
Foto: Uwe Hahnkamp

 

 

Sie fallen selten bewusst ins Auge, sind aber in den Messen der römisch-katholischen Kirche allgegenwärtig. Gerade jetzt, zur Weihnachtszeit. Es geht um Dinge wie Messwein, Hostien, Weihwasser und Weihrauch. Doch woher bekommt man diese Sachen, welche Traditionen stecken dahinter und welche Unterschiede gibt es zu anderen Religionen? Wir haben mit dem Priester Zbigniew Stępniak einen Blick hinter die Kulissen geworfen.

 

 

Es ist gerade Advent, Weihnachten rückt näher. Es finden sehr viele Messen statt und es werden dementsprechend viele dieser kleinen, aber doch wichtigen Sachen gebraucht. Vor Kurzem sagten Sie im Gespräch, Sie müssten noch Messwein besorgen. Ist das denn so einfach? Kann da überhaupt jeder Wein genommen werden?

Nein, das muss ein besonderer Wein sein. Es muss ein Wein aus Trauben sein, ohne irgendwelche anderen Spirituosen oder Zusätze. Da kann man beim Wein aus üblichen Supermärkten in Polen nicht unbedingt sicher sein. Deswegen hat unsere Bischofskonferenz nur eine Bewilligung für Weine von, wenn man so will, vereidigten Winzern. Er kann halbtrocken oder trocken sein, gerne auch süß, wenn dabei garantiert ist, dass er keinen Zucker enthält, sondern nur aus Trauben ist. Diese Weine bekommt man in unseren speziellen kirchlichen Geschäften.

 

 

Wie sieht es mit der Farbe des Weins aus? Bei der Gedankenverbindung mit Christi Blut sollte er ja eher rot sein…

In der orthodoxen Kirche halten die Pfarrer die Messen ausschließlich mit rotem Wein. Sie sagen, dass es früher nur roten Wein gegeben habe und die Juden zu Zeit Jesu nur Rotwein kannten.

In der katholischen Kirche wiederum ist die Farbe nicht wichtig, man kann Rot- oder Weißwein nehmen. Meiner Erfahrung nach wählen viele Gemeinden aus praktischen Gründen eher weißen Wein. Nach einer Messe mit Weißwein ist es viel leichter, den Kelch zu säubern und Weißwein hinterlässt auch keine Flecken auf Stoffen.

 

Was machen jetzt aber Priester, die aus gesundheitlichen Gründen keinen Alkohol trinken dürfen?

Das ist eine sehr spezielle Situation, wenn es um das Kirchenrecht geht. Diese Priester bekommen eine besondere Bewilligung vom Bischof zum Halten der Messe mit Traubensaft, genauer Traubenmost. Wenn sie allein die Messe feiern, ist das kein Problem, wenn sie es mit anderen Priestern tun, dann muss es zwei Kelche geben, einen mit Traubenmost und einen mit Wein für den oder die anderen Priester.

 

Die Tradition des Trinkens von Wein bei religiösen Anlässen ist aber keine christliche Tradition, sie ist älter…

Richtig. Das ist so ähnlich wie mit den Hostien, d. h. dem ungesäuerten Brot. Die Frage ist ja, wann war die erste Messe? Christus hat am Vorabend seines Todes, vor dem Pascha-Fest, mit seinen Jüngern das Abendmahl gehalten, mit Wein und mit ungesäuertem Brot. Dieses Mahl wiederum hat seine Wurzeln in der jüdischen Tradition. Die Juden tranken Wein und aßen Matzen. Von dort stammt die Tradition in der katholischen Kirche, die es seit etwa 400 nach Christi gibt.

 

 

Warum aber gerade ungesäuertes Brot?

Das hat mit der Tradition des Pascha-Festes zu tun. Es erinnert an den Auszug der Israeliten aus Ägypten. Damals hatten sie zu wenig Zeit, um gesäuertes Brot vor dem Auszug zu produzieren. Das braucht nämlich deutlich länger und sie mussten ja alles sehr schnell erledigen. In der orthodoxen Kirche gibt es bei der Eucharistie immer fermentiertes Brot, bis heute. Als Katholik darf man natürlich nicht in einer orthodoxen Kirche zur Kommunion gehen, aber es gibt dort eine spezielle Tradition, dass jeder Gast eine Prosfora, so heißen diese kleinen Brötchen, erhält, sodass man dieses Brot auch einmal probieren kann.

 

 

Hostien werden ja in der Messe geweiht. Wie sieht es da mit dem Weihwasser aus? Darf das denn jedes beliebige Wasser sein?

Im Normalfall kann das jedes Wasser aus dem Wasserhahn sein. Früher gab es die Tradition, dass der Pfarrer das Weihwasser für den Pfarrbesuch nach Weihnachten in der Kirche geweiht hat. Jede Familie hat in einer kleinen Flasche das Wasser mitgenommen und hatte zum Besuch des Pfarrers das Wasser in einem Teller sowie einen Weihwedel griffbereit. Wenn ich heute jemanden zu Hause besuche und er sagt mir ´Tut mir leid, wir haben kein Weihwasser da´, dann sage ich in aller Ruhe ´Gießen Sie etwas Wasser in den Teller und ich kann es hier an Ort und Stelle weihen‘. Jeder Priester oder Diakon kann das, das ist nicht kompliziert.

 

 

Wie sieht’s mit Weihrauch aus? Woher kommt die Tradition des Weihrauchs? Und was ist Weihrauch eigentlich genau?

Weihrauch hat eine religiöse Tradition, aber es wurde auch schon zu heidnischen Zeiten verwendet. Die Heiden haben ihn bei Brandopfern für ihre Götter zusammen mit der Kohle verbrannt.

Weihrauch ist ein Harz aus Ländern des Nahen Ostens, oft mit Blumen vermischt. In der arabischen Tradition gilt er als anregend und erotisierend, er wird aber auch medizinisch und heilend eingesetzt. Er war sehr wertvoll, wie auch an den Geschenken der Drei Weisen für Jesus zu sehen ist: Gold, Weihrauch und Myrrhe. In der jüdischen Kultur wurde er bei den wichtigsten Festen, unter anderem bei Königskrönungen verwendet. Der Rauch des Harzes steigt nach oben. Und unser Gebet steigt mit ihm – zu Gott.

 

 

Wie wird der Weihrauch eigentlich zum Rauchen gebracht?

In der katholischen, aber auch in der orthodoxen Kirche gibt es ein spezielles Gerät, das sogenannte Weihrauchfass. Dorthinein legt man ein Stück bereits angezündeter Kohle und darauf den Weihrauch, der dann zu rauchen beginnt. Es gibt viele verschiedene Sorten und Gerüche von Weihrauch. Aber das ist nicht an bestimmte Feiertage gebunden. Es ist die Entscheidung des Pfarrers, welche er mag. Ich selber nehme gerne orthodoxen Weihrauch. Er ist etwas intensiver.

 

 

Das Interview führte Uwe Hahnkamp

 

Zur Person: Professor Dr. hab. Zbigniew Stępniak ist katholischer Priester und Sänger mit der Stimme eines Basso-profundo, also eines sehr tiefen Basses. Er arbeitet als Seelsorger für die Künstler im Ermland, an der Ermländisch-Masurischen Universität in Allenstein im Bereich Stimmbildung und ist im Sommer oft als Pfarrer in der Schweiz. Zbigniew Stępniak singt in mehreren Sprachen, darunter auf Deutsch, und beschäftigt sich wissenschaftlich unter anderem mit Kompositionen der deutschen Barockzeit.

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