Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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30 Jahre Heimat (+Video)

Der Chor „Heimat“ aus Gleiwitz-Ostroppa ist vor genau dreißig Jahren gegründet worden. Was ihn besonders macht: Der Chor ist ein Zusammenschluss von professionellen Musikern und Amateuren. Im Repertoire: deutsche, polnische und schlesische Volkslieder, aber auch Klassik. Die Chorkleidung: schlesische Trachten, die zum Teil über 100 Jahre alt sind.

Sie dirigiert mit Herz und Leidenschaft, mit großen Gesten. Der ganze Körper dabei in Bewegung, ein Strahlen im Gesicht. Ihre Hingabe für die Musik ist mehr als ein Hobby. Vor dem Hintergrund, dass Anna Wolak eine musikalische Ausbildung in der Tasche hat, wirkt ihre Botschaft einmal mehr glaubhaft, und sie lautet: Jeder kann singen! „Die meisten von uns können sprechen. Singen ist eine Verlängerung des Sprechens. Ich glaube, jeder hat diese winzige Begabung in sich und kann sie im Chor entfalten“, ist Wolak überzeugt.

Mit 31 ist die Dirigentin ein Jahr älter als der Chor, den sie anführt und damit die Jüngste in der Gruppe. Ihre Schaffensfreude und gute Laune, mit der sie die Menschen um sich herum regelrecht ansteckt, wirken wie ein wahrer Energiebooster auf die erfahrenen Damen, die ein um das andere Mal daran zweifeln, ob sie nicht mittlerweile zu alt für das Geschäft seien. Im Gegenteil, ermuntert Wolak. „Gemeinsam singen ist eine Form der Musiktherapie. Oft wird vergessen, dass Musik auf unsere Gesundheit wirkt.“

Singen schützt vor Depressionen

Chorleiterin Maria Gillner sieht das genauso: „Singen ist etwas Schönes und schützt vor Depressionen. Mit unserer Gesangsgruppe war das Leben bestimmt leichter und fröhlicher.“ Von Anfang an ist sie dabei, bis heute nimmt der Chor viel Platz in ihrem Leben ein. Nun aber merkt die 64-Jährige, dass manches nicht mehr so leicht von der Hand geht, die ganze Planerei: Proben, Auftritte, Chorfahrten. Die Chronik schreiben. Wenn ihr das doch jemand abnehmen könnte.

Maria Gillner ist von Anfang an dabei, auf die letzten 30 Jahre ist sie stolz.
Foto: Marie Baumgarten

20 Frauen singen derzeit im Chor, früher gab es auch Männer, insgesamt fast 80 Mitglieder. Durch die halbe Bundesrepublik ist die lustige Truppe damals getingelt. „Wenn man unsere Chronik sieht und alle Bilder von unseren Reisen, das ist schön“, findet Gillner und wird ein bisschen sentimental. Erst vor wenigen Tagen war der Chor in München zur Barbarafeier bei der Landsmannschaft. „Da sind wir schon Stammgäste“, sagt sie freudig.

Bekenntnis zu Schlesien

Markenzeichen der Gleiwitzer Damen sind alte schlesische Trachten. Viele davon hatten lange Zeit in den Schränken als sentimentales Erinnerungsstück ein Schattendasein gefristet oder waren gar bereits auf Dachböden eingemottet. Jetzt haben sie ein neues Leben bekommen. „Jede Tracht musste einen Unterrock haben. Der musste ganz steif sein“, erklärt Maria Gillner. „Meiner ist es nicht mehr. Aber der ist noch von meiner Oma.“

Mit den alten Trachten, aber auch mit dem Repertoire aus deutschem, schlesischem und polnischem Liedgut und dem schlichten, wie treffenden Chornamen wollen die Frauen ihrer Heimat Tribut zollen. „Heimat“, sagt Marie Gillner und fährt fort: „Das ist unsere Heimat, Schlesien. Unsere kleine Heimat Gleiwitz-Ostroppa. Ich finde, das ist ein schöner Name.“

Seit der Chorgründung vor 30 Jahren hält auch die ausgebildete Sängerin und Musikdozentin Joanna Wojnowska „Heimat“ die Treue und gastiert beispielsweise mit Stücken von Mozart in der Originalsprache Italienisch oder Felix Mendelssohn-Bartholdy auf Deutsch. Ein weiterer Musikprofi in seinen Reihen, darauf ist der Chor besonders stolz. Mittlerweile tritt Wojnowska sogar gemeinsam mit Tochter Alicja auf. „Sie ist jetzt 20, so alt wie ich, als ich beim Chor anfing“, sagt sie und schüttelt ungläubig den Kopf.

30 Jahre „Heimat“, auch Maria Gillner hält kurz inne: „Ich kann das gar nicht glauben. Das ging so schnell“, sagt sie. „Aber so ist es“, schiebt sie nach, „ich bin glücklich und stolz, dass wir das zusammen geschafft haben.“

Marie Baumgarten

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