Im Oppelner Puppen- und Schauspieltheater fand das 30. Finale des deutschsprachigen Rezitationswettbewerbs „Jugend trägt Gedichte vor“ statt. Von den 388 Grund- und Oberschülern aus der ganzen Woiwodschaft Oppeln, die in der Regionalebene Gedichte rezitiert hatten, präsentierten am 11. Juni die 76 Besten ihre Rezitationen.
„Das Niveau ist sehr hoch. Ich bin den Lehrern sehr dankbar, dass sie vielerorts trotz der geringeren Stundenzahl von Deutsch als Minderheitensprache mit den Kindern, auch in den Pausen und nach dem Unterricht, intensiv arbeiteten. Was mich sehr freut, ist, dass wir dieses Jahr sehr viele völlig neue Gedichte gehört haben. Das zeugt davon, dass die Poesiebände intensiv durchgeblättert worden sind“, sagt Sabina Kawecka, Koordinatorin des Wettbewerbs auf Seiten der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen in der Woiwodschaft Oppeln.
Freude und Stolz
Zuzanna Donath-Kasiura, Vizemarschallin der Woiwodschaft Oppeln, war einst unter den Organisatoren. Die Emotionen, die sie heute begleiten, sind Freude und Stolz: „Große Freude, weil sich immer Menschen finden, die Poesie lieben und Spaß an dem Vortragen der Gedichte haben. Das ist für mich wichtig, weil ich selbst als junges Mädchen Gedichte vorgetragen habe. Poesie war und ist immer noch für mich ein wichtiger Teil der Literatur. Es freut mich, dass sich immer wieder Lehrer finden, die den Schülern bei der Lyrik helfen, denn es ist nicht so einfach, sich in die Sprache der Poesie zu vertiefen. Die Gedichte anderen vorzutragen, ist eine Kunst für sich, und eine Herausforderung, die dieses Jahr wieder so viele Schülerinnen und Schüler in der ganzen Woiwodschaft auf sich genommen haben. Ich bin allen Teilnehmern sehr dankbar“, sagt die Vizemarschallin und fügt hinzu: „Natürlich bin ich ganz stolz auf die Veranstalter, die SKGD, denn ich weiß, welche Herausforderungen bei einem so breit angelegten Wettbewerb auf die Organisatoren warten: Partner suchen, Preise kaufen, Urkunden drucken und vieles mehr. Und wenn man bedenkt, dass es schon so lange organisiert wird, die Kinder, die vor 25 bis 30 Jahren Gedichte rezitiert haben, sind längst erwachsen. Vielleicht sind ihre Kinder bereits jetzt unter den Rezitierenden“, überlegt Zuzanna Donath-Kasiura.
Für Poesie brennen
„Ich bin sozusagen eine Veteranin, weil meine Schüler seit bestimmt 28 Jahren an dem Wettbewerb teilnehmen. Ganz am Anfang kamen die Kinder mit dem Vorschlag, also habe ich sie unterstützt. Und dann kam so eine Zeit, wo irgendwie niemand wollte, und ich musste zuerst viel Überzeugungsarbeit leisten, damit sie einverstanden waren, mitzumachen“, erinnert sich die Lehrerin Gabriela Rosiak aus der Grundschule in Bowallno. „Es müssen Kinder sein, die sich für Poesie interessieren, denn Deutschkenntnisse allein sind gerade bei diesem Wettbewerb nicht ausschlaggebend. Sie sind natürlich von Vorteil, aber da braucht man noch etwas mehr“, sagt die Deutschlehrerin.
Zuzanna Donath-Kasiura, Vizemarschallin der Woiwodschaft Oppeln, war einst unter den Organisatoren. Die Emotionen, die sie heute begleiten, sind Freude und Stolz.
„Der Wettbewerb zeigt auch, dass für uns die Kultur wichtig ist. Dass wir nicht nur die deutsche Sprache zum Kommunizieren brauchen, sondern dass wir die Welt dank der deutschen Sprache verstehen wollen. Die deutsche Sprache hilft uns, die Identität der Region zu verstehen und sie ist ein Teil der europäischen Kultur“, resümiert die Vizemarschallin. „Ich denke, in den Zeiten, wo man sich an dem geschriebenen Wort wenig orientiert, ist es umso erfreulicher, dass dank des Wettbewerbs die jungen Leute lesen, sich mit Gedichten beschäftigen und auch versuchen, sie zu verstehen. Also nicht nur von der Sprache her, sondern auch von der Idee“, sagt Jurymitglied Monika Wójcik-Bednarz.
Veränderungen
„In den ersten Jahren gab es ein Kompendium, aus dem wir Gedichte aussuchen sollten. Dann bekamen die Schüler mehr Freiheit, und durften selbst nach Gedichten in Büchern oder im Internet suchen. Die einzige Regel hierbei ist, dass es ein deutschsprachiger Autor sein muss, es darf keine Übersetzung sein“, erinnert sich Gabriela Rosiak. „Die schwierigste Entscheidung ist wohl, ein Gedicht auszuwählen, welches dem Kind angepasst ist. Denn wenn das Gedicht dem Kind gefällt, dann arbeitet das Kind mit dem Gedicht sehr gerne und versucht, es so gut wie möglich zu präsentieren“, erzählt Gabriela Rosiak von ihren Erfahrungen. „Im Moment habe ich das Glück, sehr engagierte Eltern zu haben, die selbst nach passenden Gedichten für ihre Sprösslinge suchen“, freut sich die Lehrerin.
Jury
Vor 10 Jahren wurde Monika Wójcik-Bednarz zum ersten Mal als Jurymitglied zu dem Wettbewerb eingeladen. Seitdem ist sie jedes Mal dabei: „Es ist jedes Jahr etwas anders: die Jurymitglieder und die Teilnehmer wechseln, es gibt andere Gedichte, einen anderen Austragungsort. Es ist nicht einfach, die Gewinner zu wählen, weil jedes Jurymitglied einen anderen Blick auf die Rezitationen hat und auf andere Aspekte achtet. Ich freue mich besonders, wenn die Teilnehmer auf der Bühne selbstsicher auftreten, das Gedicht sehr gut kennen und dass man das Lampenfieber gar nicht merkt“, verrät die Leiterin der Österreich-Bibliothek in Oppeln, die vor ihrer Zeit als Jurymitglied ihre Schüler zu dem Wettbewerb vorbereitet und begleitet hat: „Das hat damals sehr viel Spaß gemacht, deswegen habe ich mich sehr gefreut, nun die andere Perspektive des Wettbewerbs kennenzulernen“, gesteht Monika Wójcik-Bednarz.
ews/ml