Auf Initiative des Europarats wird seit 2001 jedes Jahr am 26. September der Europäische Tag der Sprachen begangen. Auch in Breslau wurde am Montag dieser Woche Europas Sprachenvielfalt gefeiert.
Unter dem Motto „Wertschätzen aller Sprachen in Europa“ wollte der diesjährige Aktionstag einmal mehr auf Europas sprachliche und kulturelle Vielfalt aufmerksam machen sowie die Mehrsprachigkeit und das Verständnis zwischen den Kulturen fördern. Die entsprechende Festveranstaltung in Breslau fand im Max-Born-Forum statt und wurde vom dort beheimateten Verbindungsbüro des Freistaates Sachsen, dem örtlichen Deutschen Generalkonsulat, dem im sächsischen Sankt Marienthal angesiedelten Kompetenz- und Koordinierungszentrum Polnisch (KoKoPol) sowie der Sächsischen Landesstelle für frühe nachbarsprachliche Bildung (LaNa) organisiert.
Die Feier richtete sich dabei in erster Linie an die etwa 50 anwesenden Schülerinnen und Schüler des 2. Lyzeums im niederschlesischen Schweidnitz (Świdnica) sowie des 4. Lyzeums und der Grundschule Nr. 28 in Breslau.
Vom Vortrag zum Speak-Dating
Nach der Begrüßung durch den Leiter des Sächsischen Verbindungsbüros, Thomas Guddat, und einem kurzen Grußwort vom Deutschen Generalkonsul in Breslau, Martin Kremer, hielt Prof. Dr. Waldemar Martyniuk von der Jagiellonen-Universität (Uniwersytet Jagielloński) in Krakau einen Vortrag unter dem Titel „Warum alle Sprachen wichtig sind“, in dem er unter anderem auf die Besonderheiten des Polnischen einging.
Viel interessanter für die Jugendlichen war aber wohl das sogenannte Speak-Dating, das im Anschluss an die Ausführungen des Professors, der zu den Mitinitiatoren des Europäischen Tages der Sprachen zählt, veranstaltet wurde. Fünf Sprachanimateure brachten den polnischen Schülern dabei auf zwanglos-spielerische Art und Weise die deutsche, die ukrainische, die tschechische, die schlesische sowie die sorbische Sprache näher.
Im Rahmen des Sprachenfestes wurde zudem eine von Eckhard Hoffmann konzipierte Ausstellung über das aus Freiburg in Schlesien (Świebodzice) stammende Sprachgenie Emil Krebs (1867 – 1930) gezeigt. Außerdem gab es einen Infostand der LaNa, an dem zwei Mitarbeiterinnen die deutsch-polnisch-tschechische Sprachinitiative im Detail vorstellten.
„Wir sind bestürzt“
Auch das 2020 zur Popularisierung der polnischen Sprache in Deutschland eingerichtete und vom Auswärtigen Amt sowie der Sächsischen Staatskanzlei finanziell geförderte KoKoPol informierte über seine Arbeit. „Wir möchten das Interesse für die polnische Sprache und Kultur wecken“, erklärte der Leiter des Zentrums, Gunnar Hille. „Bei vielen Menschen ist Polen einfach nicht auf dem Plan – und das wollen wir ändern.“
Die derzeitige Diskriminierung der deutschen Minderheit in Polen ist dem Zentrum dabei natürlich nicht verborgen geblieben. „Was die Kürzungen (der wöchentlichen Unterrichtsstunden in Deutsch als Minderheitensprache, Anm. d. Red.) in Polen angeht, so sind wir natürlich bestürzt. Es ist für uns problematisch, mehr Verständnis für Polen und die polnische Sprache zu wecken, wenn gleichzeitig – auch teilweise aus Regierungskreisen – alles, was aus Deutschland kommt, erst einmal schlechtgemacht wird. Das fällt uns sehr auf die Füße, weil wir dann auch das Interesse bei den Deutschen in dieser Form nicht voraussetzen können“, so Gunnar Hille.
Für die Jugendlichen in Breslau spielten diese deutsch-polnischen Verstimmungen am Europäischen Sprachentag aber keine Rolle. Nach ihren Speak-Dates sangen sie alle gemeinsam voller Inbrunst die Europahymne und machten sich dann auf zum leckeren Mittagessen, das mit regionalen Spezialitäten – zum Beispiel einer sorbischen Hochzeitssuppe oder ukrainischen Pelmeni – lockte.
Lucas Netter