Mit Ursula Trinczek aus Deutsch Müllmen, der Gründerin des Schlesischen Landfrauenverbandes, sprach Manuela Leibig über die Anfänge der Organisation
Wie begann Ihr Engagement?
Wir Landfrauen waren eigentlich Mitglieder im Verband Schlesischer Bauern. Ich war für die Landfrauen verantwortlich, denn ich war die Stellvertreterin des Vorsitzenden, Herrn Cichon. Durch den Bauernverband hatte ich viele Kontakte nach Deutschland. Ich bin auch dorthin gefahren, um Referate zu halten. Wiederrum hatten wir hier in Schlesien Berater aus Deutschland. Die haben mich immer in Deutschland so eingesetzt, dass ich mit dortigen Landfrauen in Kontakt kam. Da habe ich sie zu uns eingeladen, und unsere Landfrauen waren dort zu Besuch.
Woher die Idee, einen Verband nur für Landfrauen zu gründen?
1994 hatten wir im Schlesischen Bauernverband einen Berater aus Essen, den Gerhard Bauer. Er meinte, wir Frauen sind so aktiv, noch mehr als die Männer, die auch andere Interessen haben. Ich sollte für die Landfrauen einen Verband gründen. Ich habe gesagt, das ist nicht so leicht, man muss auch finanziert werden. Er versprach, uns zu helfen, auch mit der Satzung. Ich hatte sowieso Kontakt mit den Landfrauen aus allen Kreisen, denn z. B. den Bauernverband im Kreis Neustadt habe ich gegründet. Ich bin gelernte Landwirtin, habe in Breslau studiert. Und da wollten sie alle, dass ich das gründe, also habe ich das gemacht.
Und dann ging es gleich los?
Die erste Versammlung des Verbandes hatten wir bei uns, hier im Zimmer. Aber da gab es noch die Villa Anna, hier beim Nachbarn, die war für die Minderheit als Kontaktstube bestimmt. Und dann haben wir uns mit den Landfrauen aus der ganzen Gegend, um die 80 waren wir wohl, dort getroffen. Irgendwo habe ich noch die Teilnehmerliste. Da haben sie gesagt, dass, wenn ich das mache, dann machen sie mit. So haben wir den Verband gegründet. Herr Bauer hat, wie versprochen, geholfen, die Satzung zu schreiben und uns auch bei anderen Sachen, die zu erledigen notwendig waren, unterstützt. Er ist mit mir ins Konsulat gefahren, wo wir alles erledigt haben. Zusammen mit Getrud Drost aus Zuzella und Otylia Skoczylas aus dem Kreis Kreuzburg waren wir die eingetragenen Gründerinnen im Register. Im März 1994 wurde der Verband offiziell gegründet.
Ich denke, die Männer sind der Kopf, aber wir Frauen sind der Hals. Und wo der Hals sich dreht, da muss der Kopf auch mit.
Was haben Sie als erstes als Vorsitzende gemacht?
Sobald unser Verband gegründet war, habe ich mich mit allen Organisationen in Verbindung gesetzt, die mir in den Sinn kamen, in Polen und in Deutschland. Zum Beispiel hatte ich sogar mit dem landwirtschaftlichem Ministerium in Bayern Kontakte geknüpft, die uns dann einwöchige Schulungen spendiert haben. Da lernten wir, dass es so etwas wie „Ferien auf dem Bauernhof“ gibt. Das war ein Nebeneinkommen für die kleinen Landwirtschaften. Dann haben sie uns Selbstverwaltung beigebracht. Dorferneuerung gab es hier auch nicht, dabei lief es in Deutschland bereits im vollem Gange. Auch das haben wir gelernt, in die Wege zu leiten, mit der Devise, dass man das Alte erhält, auch, wenn man neue Sachen hinzufügt. Nachdem wir eine Woche in Bayern herumgereist waren und verschiedene Sachen gesehen haben, kamen wir nach Schlesien zurück und wollten das Erfahrene umsetzen.
Was ist Ihre schönste Erinnerung, die Sie mit dem Verband Schlesischer Landfrauen verbinden?
Als wir die Gründungsversammlung hatten und ich als erste Vorsitzende gewählt wurde, da war ich stolz darauf, dass ich so etwas in die Wege geleitet habe. Die Partnerschaften, die wir gegründet haben, mit den Landfrauen aus Rheinland-Pfalz, die haben wir ja im Ministerium unterschrieben. Wir Landfrauen waren es auch, die die Partnerschaft zwischen der Woiwodschaft Oppeln und Rheinland-Pfalz eingefädelt haben. Ich habe den Kammerpräsidenten von Rheinland-Pfalz gefragt, ob er vielleicht mit unserer Kammer etwas machen kann. Ich habe alle hier benachrichtigt. Da kam er mit dem Bus hierher, mit einem Vertrag zur Zusammenarbeit und im Oppelner Marschallamt wurde das unterschrieben. Manchmal habe ich mich gefreut, dass ich das geschafft habe. Hier in der Gemeinde Oberglogau habe ich sogar mit Frankreich Partnerschaften gegründet, sogar eine Medaille habe ich dafür bekommen. Und auch mit den Landfrauen aus Frankreich.
Wie hat sich die Rolle der Frau in der Landwirtschaft verändert?
Wir gehen mit der Zeit. Die Frauen sind nicht mehr solche Hühner, die nur in der Landwirtschaft tätig sind. Sie müssen auch viel arbeiten, aber vielerorts anders als früher. Wegen der EU hat sich der Charakter der Arbeit der Frau in der Landwirtschaft ein bisschen geändert, sie sind oftmals für die Büroangelegenheiten des landwirtschaftlichen Betriebes verantwortlich. Sie lernen das auch voneinander. Ich denke, die Männer sind der Kopf, aber wir Frauen sind der Hals. Und wo der Hals sich dreht, da muss der Kopf auch mit. Wenn das alles zusammenpasst, dann ist alles gut.