Diesen Titel trug ein Treffen mit Zeitzeugen in Sohrau (Żory), das im Rahmen des Archivs der erzählten Geschichte vom Haus der deutsch-polnischen Zusammenarbeit organisiert wurde. Drei Mitbegründer und aktive Mitglieder der deutschen Minderheit in Sohrau erzählten, warum sie erst nach der politischen Wende 1989 wieder von „Heimat“ sprechen können.
Bernard Dziambor gehört zu den Mitbegründern der Sozial-Kulturellen Gesellschaft in der heutigen Woiwodschaft Schlesien. Er erzählte bei dem Treffen im Sohrauer Stadtmuseum gern über die Anfänge der deutschen Minderheit. „Damals, Ende der 80er Jahre, arbeitete ich in einem Betrieb mit Friedrich Schikorra aus Gleiwitz. Durch ihn habe ich von der sich gründenden deutschen Minderheit erfahren. Ich war dann einige Male bei Johann Kroll, dem Gründer der SKGD in der Woiwodschaft Oppeln, zu Besuch und nahm auch an politischen Treffen in der deutschen Botschaft in Warschau teil“, sagt Bernard Dziambor. Mit der Gründung der deutschen Minderheit habe man die geografische Heimat, in der man die ganze Zeit gelebt hatte, auch wieder als die wahre Heimat für sich angenommen, denn nach 1989 durfte man wieder so fühlen und sprechen, wie es einem das Herz vorgegeben hatte, meinte Bernard Dziambor.
So empfand es auch Josef Krause, der Begründer der Sohrauer Ortsgruppe der deutschen Minderheit. „Nach 1945 wurde die deutsche Sprache verboten und ein wichtiger Teil von mir durfte damit nicht mehr existieren. Über viele Jahrzehnte musste ich mich mit meiner Herkunft verstecken und trotzdem immer aufs neue beweisen, dass ich würdig bin, ein Lehrer in Polen zu sein. Als die Wende sich anbahnte, habe ich deshalb sofort nach Menschen gesucht, die wie ich wieder deutsch sprechen, singen und beten wollten“, erzählt Josef Krause, der bis heute im Sohrauer DFK aktiv ist.
Lidia Korek ist ebenfalls aktives Mitglied im DFK Sohrau. Sie tut sich mit dem Wort Heimat aber am schwersten, zu tief sind die Wunden, die ihr und ihrer Familie nach dem Krieg angetan wurden. „Wir wurden aus unserem Haus und Hof vertrieben und durften es nie wieder betreten, dabei liegt es nur einige Kilometer von Sohrau entfernt. Das war für mich ein wahrer Heimatverlust, den ich bis heute so im Herzen trage. Aber der DFK gibt mir zumindest die Möglichkeit, mich in meiner Muttersprache unter Gleichgesinnten zu treffen und ein wenig das unbeschwerte Leben von damals wieder zu spüren“, sagt Lidia Korek.
Das Treffen wurde aber nicht nur genutzt, um die persönlichen Schicksale der Zeitzeugen zu hören. Jugendliche aus einer der Sohrauer Grundschulen haben über ihre Teilnahme am Projekt „Archiv der erzählten Geschichte“ gesprochen und vor Ort nach weiteren Zeitzeugen für ihre Aufnahmen gesucht.
Rudolf Urban