Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Beginnt der Rückgang?

Im laufenden Schuljahr 2022/2023 besuchen in der Woiwodschaft Ermland-Masuren exakt 2.116 Schülerinnen und Schüler den Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache – 66 weniger als noch vor einem Jahr.

Die 2.116 Schülerinnen und Schüler verteilen sich dabei auf 43 Schulen in ganz Ermland und Masuren. Zum ersten Mal seit der Einführung dieses Minderheitensprachenunterrichts im Jahr 2005 hat die Teilnehmerzahl abgenommen. Der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr beträgt drei Prozent (im Schuljahr 2021/2022 besuchten in der Region noch 2.182 Kinder und Jugendliche den Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache, siehe Tabelle).

Die Anzahl der Bildungseinrichtungen hat sich nicht verringert; in diesem Schuljahr bieten jedoch die integrative Grundschule in Neidenburg (Nidzica) sowie die Schulen in Freudenberg (Radosze) und Reddenau (Rodnowo) keinen Unterricht in Deutsch als Minderheitensprache mehr an.

Dass es auch in die andere Richtung gehen kann, zeigen die Grundschule Nr. 18 in Allenstein (Olsztyn) und die Schule in Sonntag (Zyndaki). Dort nämlich wurde Deutsch als Minderheitensprache neu ins Lehrangebot aufgenommen.

Darüber hinaus ist Deutsch als Minderheitensprache in die Vorschule – genauer gesagt: in einen Vorschulpunkt – zurückgekehrt, und zwar in Bredinken (Bredynki). In den Grundschulen in Deutschendorf (Wilczęta) und Schlobitten (Słobity) im Kreis Braunsberg (Powiat Braniewski) lernen die Kinder und Jugendlichen parallel eine weitere Sprache einer nationalen Minderheit, nämlich Ukrainisch.

Quelle der Daten: System Informacji Oświaty

Unter den 43 Einrichtungen, die Deutsch als Minderheitensprache anbieten, sind 25 öffentliche Schulen, die von der Gemeinde oder einer Stadt mit den Rechten eines Landkreises, also Allenstein und Elbing (Elbląg), geführt werden; vier sind private Schulen, 14 werden von Vereinen betrieben.

Deutsch als Minderheitensprache wird in 16 Landgemeinden beziehungsweise Stadt-und-Land-Gemeinden, zwei kreisfreien Städten (Allenstein und Elbing) sowie in fünf Landkreisen unterrichtet. (In der Woiwodschaft Ermland-Masuren gibt es insgesamt 19 Landkreise und zwei kreisfreie Städte. Die Landkreise bestehen aus 116 Gemeinden. Insgesamt wohnen etwa 1,4 Millionen Menschen in Ermland und Masuren.)

Die (in absoluten Zahlen) meisten Kinder lernen im Kreis Allenstein Deutsch als Muttersprache, was nicht verwunderlich ist, da der Powiat Olsztyński der bevölkerungsreichste Landkreis in der Woiwodschaft ist.

Anerkennung gebührt jedoch den Eltern in den Kreisen Neidenburg und Sensburg (Mrągowo). Im Verhältnis zur Zahl der Einwohner dieser Landkreise lernen dort die meisten Kinder Deutsch als Minderheitensprache. Was zudem generell auffällt: In der Stadt Allenstein erhöht sich die Zahl der minderheitensprachlichen Deutschlernenden von Jahr zu Jahr.

Weiterhin befindet sich die große Mehrheit der Schulen in kleinen Dörfern. Allerdings: Dort, wo es die meisten Angehörigen der deutschen Minderheit gibt, zum Beispiel in den Städten Osterode (Ostróda), Lötzen (Giżycko), Mohrungen (Morąg), Lyck (Ełk), Bartenstein (Bartoszyce), Heilsberg (Lidzbark Warmiński), Ortelsburg (Szczytno) oder Deutsch Eylau (Iława), lernen keine Kinder Deutsch als Muttersprache.

Eine beunruhigende Erscheinung ist zudem das Verschwinden der deutschen Sprache aus den Vorschulen. Dieses Phänomen ist bereits das sechste Schuljahr in Folge zu beobachten. Vielleicht jedoch drehen die Vorschulkinder in Bredinken diese Tendenz um.

Es ist derzeit noch schwer zu beurteilen, wie sich die diskriminierende Entscheidung des Bildungsministers hinsichtlich der Reduzierung der wöchentlichen Unterrichtsstunden von Deutsch als Minderheitensprache auf die langfristigen Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler auswirken wird. Die anderen in Polen lebenden Minderheiten sind von dieser Entscheidung – wie in der Vergangenheit bereits mehrfach betont wurde – nicht betroffen. Eines ist aber jetzt schon sicher: Mit nur einer Stunde in der Woche ist das angemessene Erlernen der Muttersprache sehr schwierig – wenn nicht gar unmöglich.

Lech Kryszałowicz

In Ermland und Masuren begann der Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache im Jahr 2005 an drei Schulen: in Lahna (Łyna), Skottau (Szkotowo) und Neidenburg. Etwas mehr als 100 Kinder nahmen damals dieses Angebot wahr. Initiator des Unterrichts war der bereits verstorbene Albert Wylengowski, damals Vorsitzender der deutschen Minderheit in Neidenburg.

Artikelfoto: Taken/pixabay.com

Show More