Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Breslauer Gambe trifft Maltzan-Sammlung

Dr. Bernd-A. Freiherr von Maltzan, Gräfin von Matlzan, Mortimer Graf von Maltzan und Michael Schuster im Schloss Köthen (v.l.n.r.)
Foto: Christian Ratzel

Eine Welterstaufführung von vier Konzerten für Viola da gamba und Orchester sowie drei Sonaten für Viola da gamba und (obligates) Cembalo aus der „Maltzan-Sammlung“ und der „Ledenburg-Sammlung“, mit bislang unbekannten Werken von Carl Friedrich Abel und Johann Christian Bach war angekündigt und erwies sich als ein großartiger musikalischer Genuss.

 

Die Schlosskapelle des Schlosses Köthen war an diesem denkwürdigen 22. April gut gefüllt. Viele Besucher, einige von ihnen über mehrere hundert Kilometer weit angereist, waren gespannt auf das, was die Gewandhausmusiker Thomas Fritzsch und Michael Schönheit, begleitet von der „Merseburger Hofmusik“ in dem dann folgenden Konzert vorstellen würden. Das damit auch eine fast märchenhafte Geschichte ihr vorläufiges Ende fand, davon überzeugten sich auch Mortimer Graf von Maltzan und seine Frau sowie der Chef des Familienverbandes Dr. Bernd-A. Freiherr von Maltzan, die sich eigens für diesen Anlass aus München und Frankfurt am Main auf den Weg gemacht hatten.

 

Maltzan-Sammlung

 

Ihr Vorfahr, Joachim Carl Graf von Maltzan (1733-1817), dessen Namen die wieder entdeckte Sammlung von Notenhandschriften nun trägt, war Diplomat in preußischen Diensten und hielt sich im Auftrag Friedrich II. von 1766 an als Gesandter Preußens in London auf. Graf Maltzan war Abonnent der Bach-Abel Concerts und es lässt sich vermuten, dass er ein sehr persönliches Verhältnis zu Carl Friedrich Abel und Johann Christian Bach pflegte, ja vielleicht sogar Abels Unterricht besuchte.

 

Nach seiner Abberufung 1782 kehrte Graf Maltzan jedoch zunächst nicht in seine schlesische Heimat zurück, sondern blieb noch zwei weitere Jahre auf eigene Kosten in London, verkehrte dort viel im königlichen Familienzirkel und nahm erst 1784 in Breslau Wohnung. 1784 ließ er von dem Breslauer Lauten- und Geigenmacher Johann Casper Göbler eine siebensaitige Viola da gamba herstellen, die seit einigen Jahren von Thomas Fritzsch gespielt wird. 1786 trat Joachim Carl Graf von Maltzan als regierender Standesherr die Nachfolge seines verstorbenen Vaters an, erhielt dessen Ober-Erbkämmererwürde, übersiedelte nach Militsch (Milicz), gründete dort 1789 den ersten Englischen Garten Schlesiens und ließ 1790-1797 einen Schlossneubau errichten. Mit seiner eigenen Hofkapelle, die bis zum Jahr 1810 bestand, veranstaltete er die „Reichsgräflich von Maltzahn’schen Konzerte“.

 

Und so fanden in Köthen das Instrument und die Noten, für die es einstmals gebaut wurde, auf wundersame Art und Weise wieder zueinander. Neben Thomas Fritzsch musizierten an diesem Abend der Gewandhausorganist Michael Schönheit sowie die „Merseburger Hofmusik“ mit Eva Salonen & Saskia Klapper – Violinen, Katharina Dargel – Viola und Andreas Vetter – Violoncello.

 

Wiederentdeckung der Werke

 

Die Bewahrung und Überlieferung der Gamben-Werke Abels verdanken wir also der Kunstsinnigkeit des Joachim Carl Graf von Maltzan, dessen offensichtliche Leidenschaft für das Gambenspiel mit dem Sammeln von Kompositionen für Viola da gamba einherging.

 

Die polnische Musikwissenschaftlerin Sonia Wronkowska gelang es unlängst, in den Bibliotheksbeständen der Adam-Mickiewicz-Universität in Posen (Poznań) bisher unbekannte Gamben-Werke von Carl Friedrich Abel, die sog. „Maltzan-Sammlung“ zu entdecken. Wie sich herausstellte wurde sie 1945 im Zuge der Zwangsverstaatlichung die Bibliothek der deutschen Adelsfamilie Maltzan auf Schloß Militsch nach Posen verbracht.

 

Und warum nun die Welterstaufführung in der Schlosskapelle von Köthen?

 

Thomas Fritzsch, ein glühender Verehrer Carl Friedrich Abels war der Meinung, dass an dem Ort, wo die Väter von Bach und Abel, Johann Sebastian Bach und Christian Ferdinand Abel in enger Freundschaft einige Jahre sehr produktiven musikalischen Schaffens verlebten und an dem Carl Friedrich Abel geboren wurde, das Flair für eine solche Veranstaltung genau richtig wäre, zumal Carl Friedrich Abel in der Schlosskapelle sogar getauft wurde.

 

Ehrgeizige Pläne

 

Für das Jahr 2018 möchten Thomas Fritzsch und Michael Schuster, der als Geschäftsführer der Köthen Kultur und Marketing GmbH und damit sozusagen als „Schlossherr“ für die Organisation des Abends verantwortlich zeichnete, das Konzert möglichst an authentischem Ort in Militsch wiederholen. Und da im selben Jahr eine große Ausstellung Köthens in der oberschlesischen Schwesternstadt Pless (Pszczyna) eröffnet wird, gäbe es auch da eine gute Gelegenheit, an die musikalische Tradition des gemeinsamen Fürstenhauses (1818-1847) anzuknüpfen, in dem Musik von Bach und Abel immer wieder gern gehört und gespielt wurde.

 

Michael Schuster, Johannes Rasim

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