Am 21. Dezember wurden in Deutschland die beiden letzten Steinkohlegruben Prosper Haniel in Bottrop und Ibbenbüren im Münsterland geschlossen. Damit geht nach über zwei Jahrhunderten der Steinkohleförderung in Deutschland ihre Ära nun zu Ende, auch wenn die Vorräte des „schwarzen Goldes“ noch nicht ausgeschöpft sind und der moderne deutsche Bergbau keine Umweltgefahr darstellt.
Was für den deutschen Steinkohleausstieg den Ausschlag gegeben hat, sind vielmehr wirtschaftliche Gründe, denn nicht zuletzt ist die aus China importierte Steinkohle nur halb so teuer. Die Fernsehsender ARTE und ZDF haben dem Ereignis eine umfassende Dokumentation gewidmet. Die gemeinsame Filmproduktion kostete 1,6 Millionen Euro. Regisseur Jobst Knigge sieht den Bruch Deutschlands mit dem Steinkohleabbau als das Ende einer wichtigen Industrieepoche, die neben wirtschaftlicher Entwicklung auch die Kultur und das gesellschaftliche Leben enorm geprägt habe.
Ruhrgebiet: Das deutsche Silicone Valley
Der Film zeigt auch die Anfänge des Steinkohlebergbaus, der bis ins Mittelalter zurückreicht. Schon damals war Steinkohle ein wichtiges Brennmaterial. Probleme mit der Entwässerung der Abbaustrecken, der Versorgung der Bergarbeiter mit frischer Luft und dem Transport führten jedoch dazu, dass der mittelalterliche Bergbau schnell an seine Grenzen stieß. Erst die Entdeckung der Dampfmaschine und die Eisenbahn machten höhere Fördermengen möglich. Großbritannien, Frankreich und Deutschland verwandelten sich in Industriestaaten und „das Ruhrgebiet wurde zum deutschen Silicone Valley“, sagt Jobst Knigge. Durch den Bergbau wurde auch die Entwicklung des Hüttenwesens und der chemischen Industrie möglich. Mehr noch: Der Bergbau war auch die Wiege der Gewerkschaft und beeinflusste weitgehend die politischen Prozesse in Europa und weltweit. Im Ruhrgebiet entwickelte sich eine multikulturelle Gesellschaft und der Bergbau bot in seiner Glanzzeit Arbeitsplätze für fast 600.000 Menschen aus ganz Europa.
Von den Kollegen aus dem ZDF:
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Scheidung auf Raten
Doch bereits 1959 wurde das erste deutsche Steinkohlebergwerk geschlossen, weil es unrentabel geworden war. Es folgten nun erwartungsgemäß weitere Schließungen, was die deutschen Regierungskreise sehr beunruhigte. So sagte 1966 der damalige CDU-Bundestagsfraktionschef Rainer Barzel, sobald das Ruhrgebiet in Flammen stehe, d.h. sobald es dort zu groß angelegten Protesten und Unruhen komme, werde das Wasser im Rhein nicht ausreichen, um diesen Brand zu löschen. Deshalb ist in Deutschland die Trennung von der Steinkohle ruhig und auf Raten verlaufen. Anders als in Großbritannien, das um die Mitte der 1980er-Jahre einen scharfen Protest von Bergarbeitern gegen die Wirtschaftspolitik der Premierministerin Margaret Thatcher erlebte. In Frankreich indes ging die Steinkohle-Epoche im Jahr 2004 zu Ende. Und in Deutschland beschloss der Bundestag 2007 einen Plan zum schrittweisen Abschied vom Bergbau bis Ende 2018 und legte einen Sozialplan für Bergarbeiter vor. Die Subventionen für die Inbetriebhaltung unrentabler Bergwerke kosteten den deutschen Steuerzahler zuletzt etwa eine Milliarde Euro im Jahr.
Johann Engel