Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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„Das Misstrauen gibt es nach wie vor“

Am Mittwoch vergangener Woche (15.03.) veranstaltete das Deutsche Polen-Institut (DPI) in den Räumlichkeiten der Berliner Landeszentrale für politische Bildung eine Podiumsdiskussion zum Thema „Schwierige Nachbarschaft – Die deutsch-polnischen Beziehungen im Zeichen der ‚Zeitenwende‘“. Im Rahmen der Debatte wurden mehrere der aktuellen Problemfelder im Verhältnis zwischen Polen und Deutschland thematisiert.

Als Diskussionsteilnehmer mit auf dem Podium waren Peter Oliver Loew, Direktor des Deutschen Polen-Instituts, Mateusz Fałkowski, stellvertretender Direktor des Pilecki-Instituts in Berlin, Wioletta Weiss, Fachredakteurin für Mittel- und Osteuropa beim rbb (Rundfunk Berlin-Brandenburg), sowie Karolina Wigura, Historikerin, Soziologin und politische Redakteurin bei der Onlinezeitschrift „Kultura Liberalna“. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dietmar Ringel, Moderator beim Nachrichtensender rbb24 Inforadio.

Moderator Dietmar Ringel (links) mit den Diskussionsteilnehmern Wioletta Weiss (2. v. l.), Mateusz Fałkowski (Mitte), Karolina Wigura und Peter Oliver Loew in der Berliner Landeszentrale für politische Bildung
Foto: Berliner Landeszentrale für politische Bildung/DPI (Screenshot bei YouTube)

Wie Letzterer in einigen einleitenden Worten bemerkte, sei die Partnerschaft zwischen Polen und Deutschland heute auf vielen Ebenen enger denn je. „Gleichzeitig aber gelten die deutsch-polnischen Beziehungen als belastet. Es gibt gegenseitige Vorwürfe und Anschuldigungen“, so Ringel. „Und deshalb wollen wir heute fragen: Was eint und was trennt Deutschland und Polen?“, umriss er die Leitfrage der sich anschließenden Diskussion mit den vier Panelisten.

Dietmar Ringel
Foto: Berliner Landeszentrale für politische Bildung/DPI (Screenshot bei YouTube)

In der gut 90-minütigen Debatte wurden mehrere Aspekte des derzeit schwierigen deutsch-polnischen Verhältnisses beleuchtet (die deutsche Minderheit in Polen und ihre Diskriminierung seitens der hiesigen Regierung waren allerdings kein Thema).

Mateusz Fałkowski sprach von „kognitiven Dissonanzen“ zwischen den beiden Nachbarländern. Er bemerkte, dass die antideutsche Rhetorik vonseiten der polnischen Regierung in Deutschland kritisch zur Kenntnis genommen würde, während gleichzeitig die antipolnischen Elemente in der deutschen Politik – er meinte damit die deutsche Russland- und Energiepolitik in den vergangenen Jahren, die zugleich auch antiukrainisch und antibaltisch gewesen sei – von den meisten deutschen Medien und Kommentatoren nicht wahrgenommen würden.

Mateusz Fałkowski
Foto: Berliner Landeszentrale für politische Bildung/DPI (Screenshot bei YouTube)

Im Hinblick auf das kritische Polenbild in der deutschen Öffentlichkeit differenzierte Peter Oliver Loew. Auf der politischen Ebene seien die deutsch-polnischen Beziehungen „relativ belastet, immer belasteter geworden, seit mittlerweile sieben Jahren, seitdem die PiS in Polen an die Macht gekommen ist“, erklärte er. Aber dies sei nur die eine Seite, denn auf der kulturellen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Ebene seien die Beziehungen „hervorragend“.

Peter Oliver Loew
Foto: Berliner Landeszentrale für politische Bildung/DPI (Screenshot bei YouTube)

Die Höhe der Reparationsforderungen Polens an Deutschland bezeichnete Loew als „völlig überzogen“ – wenngleich es in der polnischen Gesellschaft das weitverbreitete Gefühl gebe, für die deutschen Verbrechen während des Zweiten Weltkrieges nicht angemessen entschädigt worden zu sein. Die Reparationsforderungen seien zwar „außenpolitisch destruktiv, aber innenpolitisch machterhaltend“; mit derartigen populistischen Schritten würde die Wählerschaft der PiS-Regierung „bei der Stange gehalten“.

In die gleiche Richtung äußerte sich auch Wioletta Weiss. Die polnische Regierung nutze das Staatsfernsehen, „um bestimmte Vorurteile, die es gegenüber Deutschland schon immer gab, zuzuspitzen. Sie werden benutzt, um den Wahlkampf voranzutreiben, um ein bestimmtes Publikum unter den Wählern zu bedienen“ sagte sie. Dieser „Störfaktor“ übersetze sich „nicht wirklich“ auf den Alltag. Aber: „Das Misstrauen gibt es nach wie vor“, so die rbb-Redakteurin.

Wioletta Weiss
Foto: Berliner Landeszentrale für politische Bildung/DPI (Screenshot bei YouTube)

Karolina Wigura wusste zu bestätigen, dass es eine starke antideutsche Propaganda in den polnischen Staatsmedien gebe. Angesichts des früheren deutschen Verhaltens gegenüber Putins Russland könne es allerdings auch nicht überraschen, dass Polens Regierung auf das antideutsche Ressentiment setze. Dieses werde aus innenpolitischen Intentionen genutzt, nämlich für die Wahlkampagne, argumentierte Wigura ähnlich wie Loew.

Karolina Wigura
Foto: Berliner Landeszentrale für politische Bildung/DPI (Screenshot bei YouTube)

Wichtig sei es letztlich, das Wissen über den jeweils anderen zu steigern, betonte die Wissenschaftlerin: „Die Polen wissen über die Deutschen nicht so viel. Aber die Deutschen wissen weniger.“

Lucas Netter

Die ganze Diskussion können Sie sich online auf dem YouTube-Kanal der Berliner Landeszentrale für politische Bildung ansehen: https://youtu.be/hFiofbrAqos

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