Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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200 Jahre Tradition (+Video)

Mehr als 200 Jahre lang wurden in Tillowitz zunächst Fayence und Porzellan, später
Keramik hergestellt. Menschen aus den umliegenden Ortschaften arbeiteten in der
Produktion mit, so dass diese Teil des Lebens vieler Generationen wurde. Deshalb war
es so wichtig, Porzellanerzeugnisse der Tillowitzer Schlegelmilch-Porzellanfabrik und der
dortigen Tafelporzellanfabrik zu erhalten. Vor Kurzem wurde nun im ehemaligen
Bahnhof das Keramikmuseum „Tułowice poKolei“ eröffnet.


Die Idee zu diesem Museum entstand 1998, als die junge, erst drei Jahre alte
Gemeindeverwaltung von Tillowitz zusammen mit vielen Aktivisten an einer Strategie für die
Gemeinde arbeitete. 80 Personen haben ihre Ideen aufgeschrieben. In der Gruppe für Kultur
waren es die Damen Helena Wojtasik und Urszula Kosińska-Bardoń, die ehemalige Leiterin des
betriebseigenen Kulturzentrums im Tafelporzellanwerk („Porcelit“), die die Idee eines
Keramikmuseums hatten. „Wir hatten damals ein Werk, das eine so lange Produktionstradition
hatte, dass wir es in diese Strategie aufgenommen haben. Seitdem wird dieser Eintrag immer
wieder in Strategien verwendet. Dann kam die politische Wende, der Zusammenbruch von
Porcelit, Probleme mit den Bahnverbindungen, der Bahnhof wurde geschlossen“, erinnert sich
Helena Wojtasik, Leiterin des Kulturzentrums in Tillowitz. Als das Tillowitzer Tafelporzellanwerk
seine Porzellanmodellwerkstätten verkaufen wollte, war es Helena Wojtasik, die die
Ratsmitglieder und das Werksmanagement mit dem Argument überzeugte: Das ist unsere
Tradition, unsere Identität. „Und ich wollte diese Keramiktraditionen vor dem Vergessen
bewahren. Zumal kleine Satelliten dieser großen Tafelporzellanfabrik entstanden waren, kleine
Familienbetriebe wie zu Zeiten der Porzellanfabrik Schlegelmilch. Ein Beispiel ist die kleine
Fabrik Schneider, die Fliesen und Keramik herstellte. Bei dieser Kontinuität war es schade, sie
zu verlieren Und so gibt es in Tillowitz derzeit vier Unternehmen, die Keramik herstellen:
Bardoń, Barwit, Ceramika Tułowice, PolCer und Ceramika Wojtaszek.

In Tillowitz wurde zuerst Fayence und dann Porzellan hergestellt. Fast 90% Prozent des Tillowitzer Porzellans wurde vor dem ersten Weltkrieg exportiert, hauptsächlich in die vereinigten Staaten Foto: Manuela Leibig

Lange Anstrengungen/langwieriger Kampf

Im Jahr 2010 kaufte die Gemeinde die Porcelit-Modellwerkstatt, vier Jahre später drängte
Helena Wojtasik die Gemeindeverwaltung, zu versuchen, den Bahnhof kostenlos von der Bahn
zu übernehmen: „Mehrere Kommunen haben eine solche Übernahme erfolgreich geschafft,
warum sollten wir es also nicht versuchen. Und es klappte. Da die Gemeinde nicht immer über
eigene Mittel verfügt, haben wir nach Möglichkeiten gesucht, die allgemeine Renovierung des
Erdgeschosses des Bahnhofs zu finanzieren, ein weiteres Projekt zur Ausstattung des
Museums. Das Ergebnis ist, dass wir das Museum heute eröffnen konnten“, sagt Helena
Wojtasik mit Erleichterung und großer Freude.

Anhand der Dauerausstellung im Museum können die Besucher die Geschichte des Tillowitzer Porzellans kennenlernen. Auch Workshops, bei denen die Besucher eigenhändig Keramik bemalen können, werden im Museum angeboten          Foto: Manuela Leibig

Lange Tradition

Im Jahr 1813 wurde in Tillowitz eine Fayencefabrik gegründet, deren Gefäße dem Design des
Proskauer Porzellans ähnelten. Der Ton wurde in den nahe gelegenen Gebieten Ellguth und
Rautke abgebaut; die Fabrik produzierte 30.000 Gefäße pro Jahr. „Der junge Erhard
Schlegelmilch kam aus einem ganz bestimmten Grund hierher: Er wusste, dass er eine Fabrik
eröffnen wollte“, sagt Helena Wojtasik. Schlegelmilch kaufte ein Grundstück neben dem
Bahnhof und baute seine Fabrik, die fast 90 Prozent ihrer Produktion in die Vereinigten Staaten
und nach Kanada, aber auch nach Südamerika, Frankreich, in die Niederlande und in den
Orient exportierte. Daher ist der Tillowitzer Porzellan-Liebhaberverein, damals noch mit
„Prussia“ signiert, auch heute noch in den Vereinigten Staaten aktiv. Im Laufe der Zeit gründete
das Unternehmen auch Vertretungen in den Metropolstädten Amsterdam, Paris, London und Wien. Der Erste Weltkrieg unterbrach das Wachstum des Unternehmens und führte zum Verlust
der meisten Auslandsmärkte. Daher wurde der Schwerpunkt auf den heimischen Markt
verlagert und es wurden Geschäfte in Berlin, Dresden, Leipzig, Freiburg, Mühlheim und Köln
eröffnet. Auch das Vorkriegsgeschäft in Hamburg wurde beibehalten. Nach dem Zweiten
Weltkrieg wurde die Fabrik verstaatlicht und die Porzellanproduktion zugunsten von haltbarerem
Halbporzellan aufgegeben.

Manuela Leibig

In der Dauerausstellung des Museums können sich die Besucher über die Keramikgeschichte
des Dorfes informieren. Es werden auch Workshops für organisierte Gruppen angeboten:
Dekoration von Porzellan sowie Herstellung von Schmuck aus Scherben. Das handdekorierte
Porzellan wird im Brennofen gebrannt und ist für den täglichen Gebrauch bereit.
Öffnungszeiten des Tillowitzer Museums für Keramik:
Donnerstag/Freitag: 8:30 bis 13:00 Uhr
Samstag/Sonntag: 9:00 bis 17:00 Uhr
Eintritt:
normales Ticket: 10 Zloty
Ermäßigungskarte 6 Zloty
Ticket für Gruppen 6 Zloty

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