Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Gedanken sind frei

Lüneburg ist mehr als nur Backsteinarchitektur

Warum befindet sich das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg? Nach dem Krieg fanden fast 90.000 Flüchtlinge und Vertriebene aus Ostpreußen den Weg nach Lüneburg und in die Umgebung. Der Fairness halber muss man hinzufügen, dass 60.000 Schlesier hierherkamen und der Rest, fast 110.000, stammen aus Pommern, Westpreußen, Posen und dem östlichen Brandenburg, also aus dem Raum Landsberg. Es war also die größte regionale Gruppe von Vertriebenen, die sich hier niederließ. Die jahrhundertealte kulturelle Verbundenheit dieser östlichsten deutschen Provinz mit den Städten Norddeutschlands dürfte die Integration dieser ihrer Heimat beraubten Menschen in der Nachkriegszeit erleichtert haben. Lüneburg liegt zwar nicht am Meer, war aber eine Hansestadt wie Königsberg oder Danzig, und der damalige Reichtum der Stadt, nämlich das Salz, floss vom Flusshafen an der Ilmenau in den Osten der Ostsee. Der Reichtum der mittelalterlichen Stadt zeigt sich in der feinen Backsteinarchitektur der Kirchen und Bürgerhäuser, die an Allenstein, Frauenburg, Thorn oder Riga erinnert. Da ich Riga erwähnt habe, sei darauf hingewiesen, dass das Museum eine eigene Ausstellung über die Deutschbalten hat.

Dieses Museum unterscheidet sich, wie andere Museen, die den Vertriebenen aus den deutschen Ostprovinzen gewidmet sind, von den meisten Museen. Denn es erzählt die Geschichte einer Welt, die es nicht mehr gibt. Von einer Welt, die sich nicht bis in die Gegenwart entwickelt hat, sondern 1945 verschwunden ist. Lassen wir uns nicht von den Namen verwirren, die seit Jahrhunderten bekannt sind: Schlesien, Ermland, Pommern.

Letztes Jahr ist Otto Tuschinski gestorben, der einst in Allenstein die vielsagenden Worte sprach: „Unsere Heimat gibt es nicht mehr. Alles ist anders. Nur der Himmel ist derselbe geblieben.” Umso wertvoller sind die Museen, die davon zeugen, dass im heutigen Nord- und Westpolen, im Kaliningrader Gebiet oder in Klaipėda mehrere Millionen Menschen lebten, die Deutsch sprachen und schufen. Dass der größte deutsche Philosoph Immanuel Kant in Königsberg lebte, dass die bedeutenden deutschen Mathematiker Hermann Minkowski und David Hilbert dort arbeiteten, dass die Expressionistin Käthe Kollwitz von hier stammte, dass die Königliche Porzellanmanufaktur in Kadien arbeitete, dass die moderne Pferdezucht in Trakehnen geboren wurde. Heute steht sie auf der UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes. Der Raum mit Skulpturen und Gemälden, die im 19. und 20. Jahrhundert in dieser östlichen Ecke Deutschlands entstanden ist, endet mit dem traurigen Satz, dass die meisten ostpreußischen Maler 1945 ihr gesamtes Schaffen verloren haben und daher zu Unrecht wenig bekannt sind.

Es ist deshalb erfreulich, dass sie wenigstens hier präsent sind. Leider fehlen im Museum die Heimatverbliebenen, die heute die deutsche Minderheit in den polnischen, russischen und litauischen Teilen des ehemaligen Ostpreußens bilden. Schließlich wurden die meisten, aber nicht alle, Deutschen vertrieben.

Bernard Gaida

Titelfoto: Ostpreußisches Landesmuseum/wikimedia.org (CC BY-SA 4.0

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